Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung setzt die Existenz einer Stammfunktion für voraus. Wir formulieren nun ein hinreichendes Kriterium dafür.
Wir müssen für die in (4.20) definierte Funktion die Eigenschaften (4.17) - (4.19) überprüfen.
Beweis. Schritt 1: Die Stetigkeit von . Nach (4.14) gilt
Für folgt demnach und damit ist stetig im Punkt . Wir betrachten nun einen Punkt . Für beliebiges gilt wegen (4.12)
für , und damit für . Damit gilt .
Schritt 2: Wir zeigen nun für beliebiges . Es sei der Differenzenquotient von . Dann gilt
Es sei falls bzw. für . Wegen und (4.14) gilt
Nach Voraussetzung ist und nach dem Satz von Cantor ist damit gleichmässig stetig auf . Demnach gibt es zu jedem ein , so dass für alle mit . Daraus folgt und
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Remark 4.3.7. Wir merken an, dass nicht jede Funktion eine Stammfunktion besitzt. Es sei z.B. eine beliebige monotone Funktion auf . Dann ist nach Satz 4.1.8 . Als allgemeine monotone Funktion kann natürlich Sprungstellen besitzen. Gilt jedoch , so darf nach dem Satz von Darboux über keinerlei Sprungstellen verfügen! Damit ist eine monotone Funktion mit mindestens einer Sprungstelle zwar integrierbar, sie ist aber nicht die Ableitung einer in differenzierbaren Funktion. Insbesondere ist in den Sprungstellen nicht differenzierbar und stellt damit keine Stammfunktion dar.
Remark 4.3.8. Die in Punkt 4.3 getroffen Aussagen lassen sich sofort auf Funktionen , , einer reellen Variablen und deren Stammfunktionen ausweiten, indem man die Ableitung in (4.19) als reelle Ableitung in versteht und die bewiesenen Sätze separat auf die Real- und Imaginärteile der einzelnen Vektorkomponenten anwendet.