Michael Eisermann

C'est par la logique que l'on prouve
et par l'intuition que l'on découvre.

— Mit der Logik beweisen wir,
mit der Intuition entdecken wir.
Henri Poincaré (1854–1912)

Topologie

Vorlesung im Wintersemester 2013/2014. (Veranstaltung 01382, Modul 11810)

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We will not back down / We are not afraid / Not a drop of doubt
Hand in hand across this land / Our voices shouting out: No Topology!

Bon Jovi, No Topology

Aktuelles

Diese Seite wird nicht mehr regelmäßig aktualisiert; sie wird aber noch längere Zeit zugänglich bleiben, um als Archiv zu dienen. Zur Übersicht: aktuelle und vergangene Lehrveranstaltungen

Stundenplan

Vorlesung (Michael Eisermann) Mo 11:30-13:00 V 57.02
Di 09:45-11:15 V 57.06
Übung 1 (Pascal Krohn) Mi 14:00-15:30 Raum 2.532
Übung 2 (Denis Weiler) Mi 14:00-15:30 Raum 8.135
Übung 3 (Tillmann Kleiner) Mi 15:45-17:15 Raum 7.331

Aperitif – ein Vorgeschmack auf die Topologie

Was ist Topologie? Ein bekannter Scherz lautet: In der Topologie unterscheidet man nicht zwischen einer Kaffeetasse und einem Doughnut. — Wenn Sie hierüber schmunzeln können, dann sind Sie hier richtig. Andernfalls lesen Sie besser hier weiter.

Warnung: Dem Leser wird im Folgenden die Bereitschaft abverlangt, altgewohnte Denkmuster aufzugeben und sich unvoreingenommen mit topologischen Fragen zu befassen. Eine Traumatisierung zartbesaiteter Leser kann nicht ausgeschlossen werden!

Für besonders Mutige gibt's auf Klick weitere Erläuterungen.

[Kaffee]

Wie Luitzen Brouwer seinen Kaffee umrührt

Können Sie eine Tasse Kaffee so gründlich umrühren, dass kein Punkt bleibt wo er war? Natürlich soll dabei der Kaffee in der Tasse bleiben und die Tasse am selben Ort... Also, geht das?

[Marmorkuchen]

Wie Karol Borsuk und Stanislaw Ulam sich ein Stück Marmorkuchen teilen

Jedes Stück Kuchen kann man durch einen geraden senkrechten Schnitt in zwei gleich große Teile zerlegen.

Was aber, wenn es sich um einen Marmorkuchen handelt, und in beiden Teilen auch noch gleich viel Schokolade sein soll? Geht das auch mit einem geraden senkrechten Schnitt?

Was bedeutet die Dimension?

Bei Kaffee und Kuchen philosophieren vier Mathematiker (ein Algebraiker, ein Differentialgeometer, ein Topologe und ein Mengentheoretiker) über den Begriff der Dimension: Unter welchen Bedingungen sind die Räume \(\R^m\) und \(\R^n\) isomorph?

  1. Linear vermöge eines \(\R\)-Vektorraumisomorphismus?
  2. Differenzierbar vermöge eines Diffeomorphismus?
  3. Topologisch vermöge eines Homöomorphismus?
  4. Als bloße Mengen vermöge einer Bijektion?

Wie lautet jeweils die Antwort? Und wie beweist man sie?

[Michelangelo]

[Igel] [Erde]

Der Satz vom gekämmten Igel

Kann man einen Igel wirbelfrei kämmen? (Klarstellung: In der Vorlesung kommen weder Personen noch Tiere zu Schaden!)

Herrscht jederzeit an mindestens einem Ort der Erde Windstille? (Inwiefern hängt die Antwort von der Form der Erde ab?)

[donut]

Klassifikation der kompakten Flächen

Die Kugeloberfläche hat Geschlecht 0 (kein Loch), hingegen hat die Oberfläche eines Doughnuts Geschlecht 1 (ein Loch). Sind sie deshalb verschieden? Was bedeutet das genau und wie beweist man es?

Ebenso wie der Doughnut hat auch die Oberfläche einer Kaffeetasse Geschlecht 1 (durch den Henkel). Sind beide Oberflächen allein deshalb schon topologisch gleich? Ober brauchen wir noch genauere Informationen?

Die Klassifikation der Flächen ist einer der Höhepunkte der Vorlesung.

[Kleinsche Flasche] [Kleinsche Flasche]

Darauf sollte man anstoßen – mit einem edlen Tropfen aus der Kleinschen Flasche!

Es handelt sich bei diesem wundersamen Wesen um eine geschlossene, nicht-orientierbare Fläche. Sie besitzt nur eine einzige Seite, sodass innen und außen gleich sind!

Flächen mit nur einer Seite? Diese verblüffende Eigenschaft kennen Sie sicherlich vom Möbius-Band, das aus Papier leicht herzustellen ist. Wenn Sie genau hinschauen, entdecken Sie das Möbius-Band als Teil der Kleinschen Flasche. Genauer: Die Kleinsche Flasche entsteht aus zwei Möbius-Bändern durch Verkleben längs der Ränder. Die Einbettung eines Möbius-Bandes in eine Fläche ist äquivalent zur Nicht-Orientierbarkeit.

Das Möbius-Band findet tatsächlich praktische Anwendung, so heißt es: Zum Beispiel werden Flachriemen in Riemengetrieben als Möbiusband hergestellt, damit sich „beide Seiten” des Bandes gleichmäßig abnutzen.

Möbius Band

Slapenarski had knelt beside the limb body and was twisting the arms and legs into fantastic knots. He was, in fact, folding the Wisconsin topologist as he had folded his piece of paper! Suddenly there was a small explosion, like the backfire of a car, and under the Polish mathematician's hands lay the collapsed clothing of Dr. Simpson. Simpson had become a nonlateral surface.
Martin Gardner, No-sided Professor

Freiheit für alle Gruppen – Nieder mit den Relationen!

[Cayley-Graph]

Der Satz von Nielsen-Schreier besagt, dass in einer freien Gruppe jede Untergruppe frei ist. (Das ist keine politische sondern eine mathematische Aussage.) Den Beweis kann man rein algebraisch führen, er mündet dann aber leicht in einer heillosen Rechnerei. Man kann den Beweis auch topologisch führen, indem man freie Gruppen als Fundamentalgruppen von Graphen darstellt – und alles löst sich in Wohlgefallen auf. In der Vorlesung wird dies eine schöne Anwendung der Überlagerungstheorie sein.

Einleitung und Motivation

Die Topologie (griechisch τόπος [tópos] ‚Ort’ und λόγος [lógos] ‚Lehre’) ist wörtlich übersetzt die „Lehre vom Ort” und handelt von der Form und gegenseitigen Lage geometrischer Objekte, wie etwa Kurven und Flächen im Raum. Die obigen Beispiele illustrieren einige geometrische Fragestellungen und erfolgreiche Anwendungen.

Dank ihrer vielseitig einsetzbaren Begriffe und Methoden ist die Topologie neben Analysis und Algebra eine der Grundstrukturen der modernen Mathematik und liefert Werkzeuge, um eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Phänomene zu behandeln. Sie untersucht fundamentale Konzepte wie Konvergenz und Stetigkeit, offene und abgeschlossene Mengen, Zusammenhang und Kompaktheit, usw. Hierdurch steht sie in enger Wechselwirkung mit der Analysis, der Geometrie und auch der Algebra. Die Vorlesung will hierzu die notwendigen Grundlagen vermitteln.

In Einstein's general relativity
the structure of space can change but not its topology.
Topology is the property of something that doesn't change
when you bend it or stretch it as long as you don't break anything.

Edward Witten

Als mathematische Disziplin ist die Topologie eine Schöpfung des 20. Jahrhunderts – und damit relativ jung. Sie wurde schnell zum mathematischen Grundwissen, vor allem Dank ihrer spektakulären Erfolge in vielfältigen Anwendungen und Verzweigungen (analytische, geometrische, algebraische Topologie...).

Was ist analytische Topologie?

In der Analysis verwendet man eine Metrik zum Messen von Abständen und gewinnt daraus die überaus wichtigen Begriffe der Konvergenz von Folgen und Stetigkeit von Abbildungen. Für viele Begriffsbildungen braucht man aber gar keine Metrik: Es genügt, die offenen Mengen zu kennen. So abstrahiert man von metrischen zu topologischen Räumen, die oft flexibler zu handhaben sind. Der erste, „mengentheoretische” Teil der Vorlesung widmet sich grundlegenden Konstruktionen, wie Produkten und Quotienten, sowie Eigenschaften topologischer Räume, wie Kompaktheit und Zusammenhang.

Point set topology is a disease from which the human race will soon recover.
Henri Poincaré (1854–1912)

Was ist geometrische Topologie?

Je nach Anwendung interessiert man sich für spezielle, besonders schöne topologische Räume, wie zum Beispiel Mannigfaltigkeiten oder simpliziale Komplexe. Dies sind topologische Räume mit zusätzlichen „geometrischen” Strukturen, die maßgeschneiderte Techniken erlauben und erfordern. In dieser Vorlesung werden wir uns der Einfachheit halber zumeist auf simpliziale Komplexe konzentrieren. Als wichtige Anwendung werde ich den Klassifikationssatz für (triangulierte) Flächen beweisen. Des weiteren möchte ich den Abbildungsgrad von Sphären behandeln, der eine erstaunliche Vielfalt von Anwendungen eröffnet.

A child’s first geometrical discoveries are topological. —
If you ask him to copy a square or a triangle, he draws a closed circle.

Jean Piaget (1896–1980)

Was ist algebraische Topologie?

Die algebraische Topologie untersucht topologische Räume und stetige Abbildungen mit algebraischen Hilfsmitteln. Den Räumen werden Gruppen zugeordnet (oder andere algebraische Strukturen) und den Abbildungen werden Homomorphismen zugeordnet. So entsteht ein algebraisches Abbild des ursprünglich topologischen Sachverhalts. Oft ist das algebraische Abbild leichter zu verstehen und erlaubt so eine Lösung des topologischen Problems. In günstigen Fällen funktioniert die Übersetzung auch umgekehrt, und die Topologie erleuchtet die Algebra. Mit dem allgegenwärtigen Begriff der Fundamentalgruppe und dem dualen Konzept der Überlagerung beschäftigt sich der dritte Teil der Vorlesung.

In these days the angel of topology and the devil of abstract algebra
fight for the soul of every individual discipline of mathematics.

Hermann Weyl (1885–1955)

Zielsetzung der Vorlesung

Die Vorlesung soll die Grundlagen der Topologie vermitteln. Ziel sind dabei – wie immer – zwei komplementäre Kompetenzen: das Verständnis sowohl konkreter Anwendungen als auch der allgemeinen Theorie. Das eine ist ohne das andere kaum denkbar.

Es gibt nichts Praktischeres
als eine gute Theorie.

Immanuel Kant (1724–1804)

Topologische Techniken und Ergebnisse werden in vielen Gebieten der Mathematik verwendet. Diese Vorlesung erarbeitet hierzu die nötigen Grundlagen und führt zu Vertiefungen hin, insbesondere der algebraischen Topologie, der Differentialtopologie und Differentialgeometrie, der geometrischen Topologie und Knotentheorie.

People cry, people moan
Look for a dry place to call their home
Try to find some place to rest their bones
While the angels and the devils try to make them their own

Nirvana, Lake of Fire

Einführende Literatur

Es gibt viele gute Lehrbücher zur Topologie. Je nach Ausrichtung behandeln sie mehr analytische oder mehr algebraische Topologie. Die folgenden Lehrbücher unterscheiden sich in Ausrichtung und Stil, sind aber allesamt empfehlenswert:

In der Bibliothek wird ein Präsenzregal mit diesen und weiteren Titeln eingerichtet.

Es gibt auch hervorragende Bücher und gute Skripte, die online frei erhältlich sind:

Das Buch von Hatcher kann man auch günstig kaufen – über 500 Seiten für unter 30€. Es ist schön geschrieben, umfasst viel Stoff und ist eine gute langfristige Investition.

Why waste time learning,
when ignorance is instantaneous?

Hobbes (1985–1995)

Organisation der Vorlesung

Voraussetzungen

Inhaltliche Voraussetzung sind die Grundvorlesungen Analysis und lineare Algebra: Hieraus stammen viele Beispiele, Begriffe und Fragen der Topologie, und wir werden vielfach ihre omnipräsenten Methoden verwenden. Notwendig ist insbesondere eine genaue Kenntnis der topologischen Grundbegriffe der Analysis (Metrik, Konvergenz, Stetigkeit, offene und abgeschlossene Mengen, etc.), denn diese werden in der Topologie verallgemeinert und allerorten verwendet.

Allgemeine Voraussetzung: Jede ernsthafte Beschäftigung mit Mathematik erfordert zunächst einmal Interesse, Neugier und Offenheit für Probleme und sodann Kreativität, Sorgfalt und Hartnäckigkeit bei deren Lösung. Wie in allen fortgeschrittenen Veranstaltungen der Mathematik ist die Beherrschung grundlegender Arbeitsweisen (mathematische Sprache, Logik, Beweistechniken, ...) und Begriffsbildungen (Mengen, Abbildungen, ...) unabdingbare Voraussetzung.

Half the money I spend on advertising is wasted;
the trouble is I don't know which half.

John Wanamaker (1838–1922)

Arbeitsaufwand

Dieser Kurs wird mit ca 270 Arbeitsstunden (9 Leistungspunkten) veranschlagt:

Dies sind natürlich nur Schätzungen: die eigene Arbeitszeit und Prüfungsvorbereitung werden hiervon im Allgemeinen abweichen. Nichtsdestotrotz spiegelt dieser Zeitplan eine Grunderfahrung wieder, die Sie sich zu Herzen nehmen müssen:

Mathematik lernt man nicht nur durch Zuschauen sondern durch eigene Arbeit!

Das Verhältnis 1:2 ist dabei durchaus realistisch: Bei fünf Präsenzstunden pro Woche müssen sie mindestens zehn (!) Stunden eigene Arbeit investieren. Das ist keine Übertreibung sondern regelmäßige Erfahrung. Wer nur einen Teil der nötigen Zeit investiert, wird auch nur einen Teil des Inhalts verstehen. Diese Zeit müssen Sie bereits während des Semesters parallel zur Vorlesung fest einplanen, um kontinuierlich mitzuarbeiten. Nur bei intensiver Vor- und Nachbereitung werden Ihnen Vorlesung und Übung wirklich etwas nützen. Anders wird es nicht gehen.

Prüfungen

Dieser Kurs schließt mit einer schriftlichen Prüfung. (Abschlussklausur WiSe 2013/2014, Lösungen) Um zur Abschlussklausur zugelassen zu werden, müssen Sie erfolgreich an den Übungen teilnehmen, das heißt:

Übungen

Zur Vorlesung werden Übungsgruppen angeboten. Nehmen Sie bitte das Angebot der Übungen gewissenhaft wahr: Bearbeiten Sie Woche für Woche die Vorlesung und die Übungsaufgaben! Diese Pflicht mag Ihnen lästig erscheinen, strukturiert aber das Semester auf eine sehr effiziente Weise. Anders wird es nicht gehen.

Die Einteilung der Übungsgruppen erfolgt in der ersten Vorlesungwoche. Die Übungsgruppen werden mit MÜSLI verwaltet.

Übungsblätter

Weihnachtszeit ist Bastelzeit: Die Torusfläche \(\S^1 \times \S^1\) lässt sich mit nur sieben Ecken triangulieren. Das allein ist schon bemerkenswert. Noch erstaunlicher ist, dass sich diese 7-Ecken-Triangulierung als affines Polyeder im \(\R^3\) realisieren lässt! Dieses Császár-Polyeder gibt es auf Wunsch einiger Teilnehmer hier als Faltplan.

Wenn Sie eine Herausforderung suchen, versuchen Sie sich an der Klassifikation ein- und zweidimensionaler Mannigfaltigkeiten. Man kann dabei viel lernen!

Arbeitsgruppen

Übungsaufgaben können und sollen Sie in Kleingruppen gemeinsamen erarbeiten. Schriftliche Aufgaben reichen Sie bitte alleine oder in Zweiergruppen ein.

Übungsschein

Dieser Kurs wird mit einer schriftlichen Prüfung abschließen. Um zur Abschlussklausur zugelassen zu werden, müssen Sie erfolgreich an den Übungen teilnehmen, das heißt:

Falls es Ihnen außerhalb dieser Vorlesung nützlich sein sollte, kann für die erfolgreiche Teilnahme an den Übungen ein unbenoteter Übungsschein ausgestellt werden. Für die meisten Teilnehmer wird dies jedoch überflüssig sein, da sie den Kurs mit der Klausur abschließen.

Scheinklausur

Die Scheinklausur fand statt am Samstag, den 11. Januar 2014, von 10 bis 12 Uhr im Raum 47.01. Thema der Scheinklausur war die erste Hälfte der Vorlesung: metrische und topologische Räume, Kompaktheit und Zusammenhang, bis Homotopie und Kategorien. Das entspricht den vorgetragenen Teilen der Kapitel A bis F sowie den Übungsblättern 1 bis 8.

Abschlussklausur

Die Modulprüfung (Abschlussklausur) nach dem Wintersemester 2013/14 fand statt am Montag, den 10. März 2014. Abschlussklausur WiSe 2013/2014, Lösungen.

Themen der Vorlesung

Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.
Goethe (1749–1832), Faust

  1. Einführung: Was ist und was soll die Topologie?
  2. Analytische Topologie
  3. Metrische Räume: Euklidische/normierte/metrische Räume, offene und abgeschlossene Mengen, Umgebungen, Konvergenz von Folgen, Stetigkeit von Abbildungen, topologische Äquivalenz von Metriken, Beispiele.
  4. Topologische Räume: Topologische Räume und stetige Abbildungen, topologische Grundbegriffe, Basen und Erzeugung von Topologien, Beispiele, Teilräume und Quotientenräume, Summen und Produkträume, Filter und Konvergenz.
  5. Kompaktheit: Kompaktheit, Teilräume, Produkte, Satz von Tychonoff, lokale Kompaktheit, Kompaktifizierungen, Beispiele.
  6. Zusammenhang: Zusammenhang und Komponenten, Wegzusammenhang und Wegkomponenten, Funktorialität, Homotopie stetiger Abbildungen, Homotopie-Äquivalenz von Räumen, Homotopie-Kategorie.
  7. Die Sprache der Kategorien: Kategorien, Funktoren, natürliche Transformationen.
  8. Geometrische Topologie
  9. Komplexe: Simpliziale Komplexe, Triangulierung topologischer Räume, Euler-Charakteristik, simpliziale Approximation.
  10. Abbildungsgrad und Topologie des \(\R^n\): Umlaufzahl, Satz von Jordan-Schoenflies, Abbildungsgrad, Brouwerscher Fixpunktsatz, Satz vom Igel, Satz von Borsuk-Ulam, topologische Invarianz der Dimension, des Randes, der Orientierung, des Gebietes.
  11. Klassifikation der Flächen: Mannigfaltigkeiten, projektive Räume, simpliziale Flächen, Polygonmodell, Klassifikation aller (simplizialen) kompakten Flächen.
  12. Algebraische Topologie
  13. Fundamentalgruppe: Wege und Homotopie, der Funktor \(\pi_1\), Darstellung für offene Mengen \(U \subset \R^n\) und für Simplizialkomplexe, Beispiele.
  14. Überlagerungen: Überlagerungen, freie diskontinuierliche Gruppenoperationen, Hochhebungssatz, Galois-Korrespondenz, Satz von Nielsen-Schreier.

The axiomatic method of postulating what we want has many advantages;
they are the same as the advantages of theft over honest toil.

Bertrand Russel (1872–1970), Introduction to Mathematical Philosophy

Vorlesungstermine

Vorlesungsbeginn am 14. Oktober 2013
V01 Mo 14.OktOrganisatorisches. §A Einleitung und Überblick. §A1 Zentrales Beispiel: Klassifikation der Flächen. §B1 Reelle Zahlen. (20min Eingangsquiz)
V02 Di 15.Okt§B2 Skalarprodukte und Normen. §B3 Metrische Räume, Beispiele und Konstruktionen, Isometrien, Lipschitz, metrische Topologie.
Ü01 Mi 16.OktBlatt 0: Präsenzaufgaben
V03 Mo 21.Okt§B4 Konvergenz und Stetigkeit, punktweise vs gleichmäßige Konvergenz, Zwischenwertsatz und Zusammenhang, äquivalente Metriken.
V04 Di 22.Okt§B5 Vollständigkeit (Erinnerung). §B6 Kompaktheit, Lebesgue-Zahl, Totalbeschränktheit, Charakterisierung kompakter metrischer Räume.
Ü02 Mi 23.OktBlatt 1
V05 Mo 28.Okt§C1 Topologische Räume, stetige Abbildungen, Homöomorphismen. §C2 Umgebungen, erstes Abzählbarkeitsaxiom, Folgenkonvergenz und Stetigkeit.
V06 Di 29.OktTopologie aus Umgebungsbasis, punktweise / gleichmäßige / kompakte Konvergenz, §C3 Inneres, Abschluss, Rand, §C4 Basis einer Topologie.
Ü03 Mi 30.OktBlatt2
V07 Mo 04.NovZweites Abzählbarkeitsaxiom, Kardinalität der Topologie auf \(\R^n\), diskrete Teilmengen, Separabilität. §C5 Initiale und finale Topologie, Teilräume.
V08 Di 05.NovEinbettungen, Verkleben stetiger Abbildungen, Quotientenräume, kanonische Faktorisierung, Identifizierungen, universelle Überlagerung der Kreislinie.
Ü04 Mi 06.NovBlatt 3
V09 Mo 11.Nov§C6 Summen und Produkte topologischer Räume, Abbildungseigenschaften. §C7 Von Folgen zu Filtern, Filterkonvergenz, Filterstetigkeit.
V10 Di 12.NovFilterkonvergenz in Produkten, Ultrafilter. §D1 Kompaktheit, (relativ) kompakte Teilmengen, disjunkte Umgebungen kompakter Mengen.
Ü05 Mi 13.NovBlatt 4
V11 Mo 18.NovKompakte Teilräume, stetige Bilder, Summen und Produkte, Satz von Tychonoff. §D2 Lokale Kompaktheit, kompakt erzeugte Topologie.
V12 Di 19.NovTopologische Vektorräume, einzige Vektorraumtopologie auf \(\R^n\), lokal-kompakt impliziert endlich-dimensional. §D3 Alexandroff-Kompaktifizierung.
Ü06 Mi 20.NovBlatt 5
V13 Mo 25.Nov§D5 Trennung durch offene Umgebungen und durch stetige Funktionen, Satz von Urysohn, Fortsetzungssatz von Tietze, Metrisierbarkeitssatz von Urysohn.
V14 Di 26.Nov§E1 Zusammenhang, Intervalle, stetige Bilder, Abschluss, Vereinigung, Produkte, Komponenten, Funktorialität. §E2 Wegzusammenhang und Wegkomponenten.
Ü07 Mi 27.NovBlatt 6
V15 Mo 02.DezFunktorialität. §E3 Lokaler (Weg)Zusammenhang, offene Zerlegung in (Weg)Komponenten. §E4 Homotopie, Homotopie-Kategorie, Homotopie-Äquivalenz.
V16 Di 03.Dez§F1 Kategorien, prominente Beispiele. §F2 Funktoren, prominente Beispiele. §F3 Natürliche Transformationen, Beispiele.
Ü08 Mi 04.DezBlatt 7
V17 Mo 09.Dez§G1 Simplizialkomplexe und ihre Topologie, affin und kombinatorisch, simpliziale Abbildungen, Teilkomplexe. §G2 Triangulierungen, Polytope.
V18 Di 10.DezPlatonische Körper, (bary)zentrische Unterteilung, Produkte, Euler-Charakteristik und Polyedersatz. §G3 Simpliziale Metrik, Eckensterne.
Ü09 Mi 11.DezBlatt 8
V19 Mo 16.DezBeliebig feine Unterteilung, simpliziale Approximation. §H1 Umlaufzahl, Wege in \(\C \smallsetminus \{0\}\), polygonale Approximation, Homotopie-Klassifikation.
V20 Di 17.Dez§H2 Abbildungsgrad \(\deg \colon [\S^n,\S^n] \to \Z\). Die Einbettung \(\S^n \hookrightarrow \D^{n+1}\) ist nicht retrahierbar. Brouwerscher Fixpunktsatz. §H3 Satz vom Igel. §H4 Borsuk-Ulam.
Ü10 Mi 18.DezBlatt 9
Weihnachtsferien vom 22. Dezember 2013 bis zum 6. Januar 2014
V21 Di 07.JanKurze Wiederholung, Satz von Borsuk-Ulam, Folgerungen, Satz vom Schinkenbrot. §H5 Invarianz der Dimension, des Randes, der Orientierung.
Ü11 Mi 08.JanBlatt 10
Sa 11.JanScheinklausur
V22 Mo 13.Jan§H6 Einbettungen \(\R,[0,1],\S^1 \hookrightarrow \R^2\), Satz von Jordan-Schoenflies, Beweis für polygonale Kurven in der Ebene, Invarianz des Gebietes.
V23 Di 14.Jan§I1 Mannigfaltigkeiten, Dimension, Rand, Orientierbarkeit. §I2 Projektive Räume. §I3 Orientierbare und nicht-orientierbare Flächen.
Ü12 Mi 15.JanBlatt 11
V24 Mo 20.JanTriangulierte Modellflächen, Polygonmodell, Klassifikation der geschlossenen Flächen, Überführung in Normalform durch Schneiden & Kleben.
V25 Di 21.JanKlassifikation kompakter Flächen mit Rand, Einbettbarkeit im \(\R^3\). §J1 Wege, Verknüpfung, Homotopie, Fundamentalgruppoid.
Ü13 Mi 22.JanBlatt 12
V26 Mo 27.Jan§J2 Fundamentalgruppe, Verschieben des Fußpunktes, Funktorialität, Homotopie-Invarianz. §J3 Polygonale Fundamentalgruppe, gelochte Ebene.
V27 Di 28.Jan§J4 Simpliziale Fundamentalgruppe, Bäume, Graphen, Simplizialkomplexe, Erzeuger und Relationen, Flächengruppen, \(\R\P^n\), \(\SO_2\) und \(\SO_3\).
Ü14 Mi 29.JanBlatt 13
V28 Mo 03.Feb§K1 Überlagerungen, \(\exp \colon (\C,+) \to (\C^\times,\cdot)\), \((\R,+) \to (\S^1,\cdot)\), \(\S^n \to \R\P^n\), Flächen, Graphen, freie diskontinuierliche Gruppenoperation.
V29 Di 04.Feb§K2 Hochhebung, Untergruppen freier Gruppen, Fasertransport, kurze exakte Sequenz, Anwendungen. §K3 Galois-Korrespondenz (ohne Beweis)
Ü15 Mi 05.FebBlatt 14
Vorlesungsende am 8. Februar 2014
Mo 10.MrzAbschlussklausur
 

Zu guter Letzt

Auch wenn die Topologie eine sehr junge Wissenschaft ist, so spielen topologische Beobachtungen und Anwendungen schon seit der Antike eine gewisse Rolle. Das Labyrinth von Minos zum Beispiel erinnert jeden topologisch geschulten Leser an die Fundamentalgruppe und die universelle Überlagerung:

Ariadne gab Theseus ein Knäuel Faden, dessen Ende er am Eingange des Labyrinthes festknüpfte und den er während des Hinschreitens durch die verwirrenden Irrgänge in der Hand ablaufen lassen sollte, bis er an die Stelle gelangt wäre, wo der Minotauros seine Wache hielt. Theseus ward mit seinen Gefährten in das Labyrinth geschickt, erlegte den Minotauros und wand sich mit Hilfe des abgespulten Zwirns aus den Höhlengängen des Labyrinthes glücklich heraus.
Aus dem Theseus-Mythos

Zum Thema Labyrinth empfahl eine Kindersendung (Wissen macht Aua?) folgende „unfehlbare” Methode, um sich aus einem Labyrinth zu befreien: Man gehe immer mit der rechten Hand an der Wand entlang. Das klingt so schön einfach – und ist im Allgemeinen doch falsch. Sehen Sie ein Gegenbeispiel? Hingegen ist es für ein „zykelfreies” Labyrinth richtig. Wir werden im Zusammenhang mit dem Satz von Jordan darauf zurückkommen.

Wem die Topologie allzu abstrakt erscheint, den möge John von Neumann trösten:

If people do not believe that mathematics is simple,
it is only because they do not realize how complicated life is.

John von Neumann (1903–1957)

Zur Illustration zitiere ich eine seltene topologische Zwangshandlung:

Heinz (29 Jahre alt): Ich ziehe so eine Art unsichtbare Linie hinter mir her, und ich habe den Zwang, diese Linie gerade hinter mir herlaufen zu lassen. Die darf nicht verwurstelt sein. Zum Beispiel kann ich kein Karussell fahren, weil ich mich nicht zurückdrehen kann. (...) Und dann habe ich einmal probiert, um eine Litfaßsäule herumzugehen – und schon hatte ich den Salat. Die Linie war verwickelt. Also musste ich zurückgehen. (...) Wenn ich zum Beispiel zur Arbeit fahre, morgens, dann versuche ich abends exakt denselben Weg zurückzufahren, um die Linie wieder aufzusammeln.
Aus Jürgen Domian, Extreme Leben (1996)

Ob diese Zwangsvorstellung durch den Besuch einer Topologie-Vorlesung oder das Selbststudium der Fundamentalgruppe ausgelöst wurde, ist nicht bekannt.