3.14  Der Satz von Darboux

Für eine in ]a,b[ differenzierbare Funktion f :]a,b[ ist deren Ableitung ebenfalls eine Funktion f :]a,b[ . Wir stellen uns nun die Frage, ob man Aussagen über die Eigenschaften von f treffen kann, ohne weitere Voraussetzungen (ausser der Differenzierbarkeit) an f zu stellen.

Theorem 3.14.1. Die Funktion f :]a,b[ sei in ]a,b[ differenzierbar. Angenommen es gibt zwei Punkte x1,x2 ]a,b[ mit x1 < x2, so dass f(x 1) > 0 und f(x 2) < 0. Dann existiert ein Punkt x0 ]x1,x2[ mit der Eigenschaft f(x 0).

Für stetige Ableitungen f ist diese Aussage eine sofortige Konsequenz des Satzes von Bolzano und Cauchy. Wir setzen an dieser Stelle die Stetigkeit von f aber nicht voraus und diese folgt auch nicht aus den Voraussetzungen des Satzes. Es bedarf also einer Modifikation des Beweises des Satzes 2.12.20.

Beweis. Aus der Differenzierbarkeit von f in ]a,b[ folgt die Stetigkeit von f in ]a,b[ und damit auch die Stetigkeit von f auf [x1,x2]. Nach dem Satz von Weierstrass existiert damit ein x0 [x1,x2] mit f(x0) = max x0[x1,x2]f(x). Gilt dabei x0 ]x1,x2[, so folgt nach dem Satz von Fermat f(x 0) = 0. Angenommen es gelte x0 = x1 oder x0 = x2. Wir untersuchen zunächst den ersten dieser beiden Fälle. Dann folgt

hφ(f; h,x1) = f(x1 + h) f(x1) 0fürx1 + h ]x1,x2],

und damit φ(f; h,x1) 0 für x1 + h ]x1,x2[. Letzteres impliziert wegen der Differenzierbarkeit von f im Punkt x1, dass

f(x 1) = f(x 1 + 0) = lim h0+0φ(f; h,x1) 0,

was der Voraussetzung des Satzes widerspricht. Auf gleichem Wege führt x0 = x2 zum Widerspruch. □

Letztere Aussage impliziert durch Anwendung auf f̃(x) = f(x) λ sofort folgende Modifikation von Korollar 2.12.24, welche als Satz von Darboux bekannt ist:

Theorem 3.14.2. Die Funktion f :]a,b[ sei in ]a,b[ differenzierbar. Angenommen es gibt zwei Punkte x1,x2 ]a,b[ mit x1 < x2, so dass f(x 1) > f(x 2). Dann existiert für jedes λ mit f(x 2) < λ < f(x 1) ein Punkt xλ ]x1,x2[, so dass λ = f(x λ).

Corollary 3.14.3. Die Funktion f :]a,b[ sei in ]a,b[ differenzierbar. Dann besitzt deren Ableitung f keine Unstetigkeiten der ersten Art (Sprungstellen).

Beweis. Angenommen, für einen Punkt x0 ]a,b[ existieren die Grenzwerte f(x 0 0) und f(x 0 + 0), sind aber nicht gleich. O.B.d.A. sei f(x 0 0) > f(x 0 + 0) (anderenfalls betrachten wir die Funktion f anstatt von f). Wir wählen

ε = 1 3 f(x 0 + 0) f(x 0 0) > 0

und finden nach der Definition einseitiger Grenzwerte ein δ > 0, so dass f(x) U ε(f(x 0 0)) für x Uδ(x0)]a,x0[, f(x) U ε(f(x 0 + 0)) für x Uδ(x0)]x0,b[.

Wählt man nun x1 ] max{a,x0 δ},x0[ , x2 ]x0,x0 + δ[]x0,b[ sowie λ ]f(x 0 + 0) + ε,f(x 0 0) ε[, so erhält man f(x1) > f(x2) aber f(x)λ für ein gewisses λ ]f(x 2),f(x 1)[. Dies steht im Widerspruch zu Satz 3.14.2. □