Abstrakte harmonische Analysis im Sinne dieses Skripts ist die Verbindung von Funktionalanalysis mit Invarianzeigenschaften und Symmetrien und sollte damit als Fortsetzung der Vorlesung Funktionalanalysis betrachtet werden.
Gegenstand der abstrakten harmonischen Analysis sind weitreichende Verallgemeinerungen der aus den Grundvorlesungen bekannten Theorie der Fourierreihen und der Fouriertransformation hin zu einer symmetriebasierten Strukturtheorie von Banachalgebren auf homogenen Räumen.
Zur Motivation einige Beispiele. Die Fouriertransformation auf \(\mathrm L^1(\mathbb R)\) \[f(t) = \int \mathrm e^{2\pi \mathrm it\omega} \widehat f(\omega) \,\mathrm d\omega,\qquad \mathrm L^1(\mathbb R)\ni\widehat f \mapsto f \in \mathrm C(\mathbb R),\] ist eng mit der additiven Struktur der reellen Zahlen verbunden. Es gilt der Faltungssatz \[\widehat{f g} (\omega ) =( \widehat f * \widehat g)(\omega)\] für die über die Addition definierte Faltung \[\widehat f*\widehat g (\omega) = \int \widehat f(\omega-\tau)\widehat g(\tau)\,\mathrm d\tau.\] Analoges gilt für periodische Funktionen und ihre Fourierreihen, \[f(t) = \sum_{k\in\mathbb Z} f_k \mathrm e^{2\pi \mathrm ikt} ,\qquad \mathrm \ell^1(\mathbb Z)\ni(\widehat f_k)_{k\in\mathbb Z} \mapsto f \in \mathrm C(\mathbb R/\mathbb Z),\] mit der entsprechenden Faltung auf \(\ell^1(\mathbb Z)\). In beiden Fällen wurde die Gruppenstruktur in eine Integraltransformation für Funktionen / Distributionen übersetzt. Diese ist von Interesse, sobald man Problemstellungen mit der durch die Gruppenstruktur beschriebenen Symmetrie untersucht. Eine stark stetige Gruppe unitärer Operatoren ist eine stark stetige Abbildung \(U : \mathbb R\to \mathcal L(H)\) in die Operatoren eines Hilbertraumes \(H\) mit \(U(t+\tau) = U(t) U(\tau)\). Wiederum spielt die additive Struktur von \(\mathbb R\) eine Rolle und es wird sich zeigen, daß \(U(t)\) eine Darstellung als Fouriertransformierte \[U(t) = \int \mathrm e^{2\pi\mathrm it\omega} \,\mathrm d\boldsymbol\mu(\omega)\] eines regulären projektionswertigen Spektralmaßes besitzt. Dieser als Satz von Stone bekannte Sachverhalt entspricht einem Spektralsatz für (unbeschränkte) selbstadjungierte Operatoren und ist nur ein Beispiel eines abstrakten Resultats, welches sich direkt aus den zugrundeliegenden Symmetrien ergibt.
Andere Beispiele ergeben sich beim Studium von Situationen, welche invariant unter Rotationen sind. Hier spielen die Liegruppen \(\mathrm{SO}(n)\) und \(\mathrm U(n)\), sowie deren homogene Räume eine Rolle. Eine anders geartete Symmetrie ergibt sich bei Problemen der Signaltheorie. Signale sind Funktionen aus \(\mathrm L^2(\mathbb R)\), für deren Studium neben den oben schon genutzten Translationen noch Modulationen, also Multiplikationen mit \(t\mapsto \mathrm e^{2\pi\mathrm it\omega}\) für gegebenes \(\omega\in\mathbb R\), von Bedeutung sind. Beides sind unitäre Operatoren des \(\mathrm L^2(\mathbb R)\). Da Translationen und Modulationen nicht kommutieren, erzeugen sie zusammen eine nichtkommutative Gruppe unitärer Operatoren. Diese wird als Heisenberggruppe \(\mathbb H_3\) bezeichnet und ihre Struktur ist wichtig in der Zeit-Frequenz-Analysis (Phasenraumanalysis) sowie für Probleme der Quantenmechanik.
G.B. Folland, A course in abstract harmonic analysis.
CRC Press, 1995.
G.B. Folland, Harmonic analysis in phase space.
Annals of Mathematics Studies. Princeton University Press, 1989.
Y. Katznelson, Introduction to harmonic analysis.
Cambridge University Press, 2004.
In diesem ersten Kapitel sollen ausgewählte Aspekte der Funktionalanalysis von Banachalgebren im Mittelpunkt stehen.
Definition 1.1.
Eine komplexe Banachalgebra \(\mathcal A\) ist ein Banachraum über \(\mathbb C\) mit der Struktur einer (assoziativen) \(\mathbb C\)-Algebra, so daß die Norm \[\| xy\| \le \|x\|\,\|y\|\] erfüllt. Besitzt \(\mathcal A\) ein Einselement \(e\), so sagen wir \(\mathcal A\) sei eine Banachalgebra mit Eins
und identifizieren dieses über die kanonische Einbettung \[\mathbb C\ni \lambda \mapsto \lambda e \in \mathcal A\] mit dem Einselement in \(\mathbb C\).
Eine Banach-*-Algebra ist eine Banachalgebra \(\mathcal A\) versehen mit einer stetigen Involution , d.h. einer Abbildung \(\mathcal A\ni x\mapsto x^*\in\mathcal A\) mit \[(x+y)^* =x^*+y^*,\qquad (\alpha x)^*=\overline\alpha x^*,\qquad (xy)^*=y^*x^*,\qquad (x^*)^*=x\] für \(x,y\in\mathcal A\) und \(\alpha\in\mathbb C\).
Eine C*-Algebra ist eine Banach-*-Algebra in der die Identität \[\|x^* x\| = \|x\|^2\] gilt.
Beispiele 1.2. Beispiele zu Banachalgebren sollten aus der Funktionalanalysis bekannt sein. Wichtig für uns sind
der Raum \(\mathrm C(X)\) der stetigen komplexwertigen Funktionen auf einem kompakten Hausdorffraum \(X\) versehen mit der Supremumsnorm und der punktweisen Multiplikation mit der konstanten \(1\)-Funktion als Einselement;
der Raum \(\mathcal L(V)\) der beschränkten linearen Operatoren eines Banachraums \(V\) in sich versehen mit der Operatornorm und der Identität als Einselement;
der Raum der summierbaren Folgen \[\ell^1(\mathbb Z) = \{ (\alpha_n)\in \mathbb C^\mathbb Z\;:\; \|(\alpha_n)\|_{\ell^1} = \sum_{n\in\mathbb Z} |\alpha_n| < \infty \}\] mit der Faltung \[(\alpha_n) * (\beta_n) = \bigg( \sum_{n=k+\ell} \alpha_k \beta_\ell \bigg)\] als Produkt und der Folge \(\delta = ( \delta_{n,0} )\) als Einselement;
der Raum der absolut integrierbaren Funktionen auf \(\mathbb R^n\) \[\mathrm L^1(\mathbb R^n) = \bigg\{ f : \mathbb R^n\to\mathbb C\;:\; \|f\|_{\mathrm L^1} = \int |f(x)|\,\mathrm dx < \infty \bigg\}\bigg/_{\sim}\] modulo Nullfunktionen mit der Faltung \[f*g (x) = \int f(x-y) g(y) \,\mathrm dy\] als Produkt;
der Hardyraum der beschränkten holomorphen Funktionen auf \(\mathbb D=\{z\in\mathbb C: |z|<1\}\) \[\mathcal H^\infty(\mathbb D) = \{ f\in\mathfrak A(\mathbb D) \;:\; \|f\|_\infty = \sup_{|z|<1} |f(z)| <\infty \}\] mit der punktweisen Multiplikation als Produkt und der konstanten Funktion \(f(z)=1\) als Einselement.
Dabei sind \(\mathrm C(X)\) und \(\mathcal L(H)\), \(H\) Hilbertraum, \(C^*\)-Algebren. Die Faltungsalgebren werden mit den Involutionen \((\alpha_n)^* =(\overline{\alpha_{-n}})\) bzw. \(f^*(x) = \overline{ f(-x)}\) zu Banach-*-Algebren, sind aber keine \(C^*\)-Algebren.
Definition 1.3. Seien \(\mathcal A\) und \(\mathcal B\) Banachalgebren. Eine Abbildung \(\Phi:\mathcal A\to\mathcal B\) mit
\(\Phi\) ist stetig;
\(\Phi(x+\alpha y) = \Phi(x) + \alpha \Phi(y)\);
\(\Phi(xy) = \Phi(x)\Phi(y)\)
für \(x,y\in \mathcal A\) und \(\alpha\in\mathbb C\), wird als stetiger Algebrenhomomorphismus bezeichnet. Die Menge aller stetigen Algebrenhomomorphismen sei im folgenden mit \(\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathcal B)\) bezeichnet. Ein Algebrenhomomorphismus von *-Algebren heißt *-Homomorphismus , falls
\(\Phi(x^*)=\Phi(x)^*\)
gilt. Die Menge der \(*\)-Homomorphismen sei \(\mathop{\mathrm{Hom}}_*(\mathcal A,\mathcal B)\).
Beispiel 1.4. Einen ersten Zusammenhang zu Fourierreihen liefert folgendes Beispiel. Sei \((\alpha_n)\in\ell^1(\mathbb Z)\). Dann liefert die zugeordnete Fourierreihe \[\mathcal F[(\alpha_n)] : \mathbb R\ni \theta \mapsto \sum_{n\in\mathbb Z} \alpha_n \mathrm e^{2\pi\mathrm in \theta} \in\mathbb C\] eine \(1\)-periodische stetige Funktion aus \(\mathrm C (\mathbb R/\mathbb Z)\) und die Abbildung \(\mathcal F : \ell^1(\mathbb Z) \to \mathrm C(\mathbb R/\mathbb Z)\) ist ein Homomorphismus. Die Involution auf \(\ell^1(\mathbb Z)\) ist gerade so gewählt, daß dieser zum *-Homomorphismus wird.
Definition 1.5. Sei \(\mathcal A\) Banachalgebra mit Eins und \(x\in\mathcal A\). Dann bezeichnet die Menge \[\rho_\mathcal A(x) = \{ \lambda\in\mathbb C\;: \; (\lambda-x)\;\text{invertierbar in $\mathcal A$} \}\] die Resolventenmenge des Elementes \(x\) und für \(\lambda\in\rho_\mathcal A(x)\) \[R_x(\lambda) = (\lambda-x)^{-1}\] die Resolvente des Elementes \(x\). Weiter bezeichent \(\sigma_\mathcal A(x) = \mathbb C\setminus\rho_\mathcal A(x)\) das Spektrum des Elementes \(x\) in \(\mathcal A\).
Die wichtigsten Eigenschaften der Resolvente sind in folgender Proposition zusammengefaßt. Für einen Beweis verweisen wir auf die Funktionalanalysis / überlassen ihn als Übung. Wir benötigen im folgenden nur die letzte Aussage.
Proposition 1.6.
Es gilt \(\sigma_\mathcal A(x) \subseteq \{ \lambda\in\mathbb C\;:\; |\lambda|\le \|x\| \}\) und für \(|\lambda|>\|x\|\) gilt die Darstellung der Resolvente \[R_x(\lambda) = \lambda^{-1} \sum_{k=0}^\infty \lambda^{-k} x^k\] als Neumannreihe .
Es gilt die Resolventenidentität \[R_x(\lambda) - R_x(\mu) = - (\lambda- \mu) R_x(\lambda)R_x(\mu)\] sowie \[\partial_\lambda R_x (\lambda) = - R_x(\lambda)^2.\]
Die Funktion \(R_x : \rho_\mathcal A(x) \to \mathcal A\) ist analytisch1 und für jedes \(\phi\in\mathcal A'\) ist \[\lambda \mapsto \langle \phi, R_x(\lambda) \rangle\] holomorph.
Das Spektrum eines Elements einer Banachalgebra ist nichtleer, \(\sigma_\mathcal A(x)\ne\varnothing\), und es gilt die Formel für den Spektralradius
\[\sup \{ |\lambda| \;:\; \lambda\in\sigma_\mathcal A(x) \} = \lim_{n\to\infty} \sqrt[n]{\| x^n\|}.\]
Korollar 1.7 (Satz von Gelfand2–Mazur3). Angenommen, in einer Banachalgebra \(\mathcal A\) mit Eins ist jedes von Null verschiedene Element invertierbar. Dann gilt \(\mathcal A=\mathbb C\).
Proof. Angenommen, \(\mathcal A\ne\mathbb C\). Dann existiert ein \(x\in\mathcal A\setminus\mathbb C\). Da für dieses \(x\) und jedes \(\lambda\in\mathbb C\) aber \(\lambda-x\ne 0\) gilt, folgt \(\sigma(x)=\varnothing\). Widerspruch. Also ist \(\mathcal A=\mathbb C\). ◻
Definition 1.8. Sei \(\mathcal A\) kommutative Banachalgebra. Eine Unteralgebra \(\mathcal B\subseteq \mathcal A\) heiß Ideal der Algebra \(\mathcal A\), falls \[\mathcal B\mathcal A\subseteq \mathcal B %= \A \mathcal B.\] Das Ideal \(\mathcal B\) heißt eigentlich , falls \(\mathcal B\ne\mathcal A\) gilt. Ein eigentliches Ideal \(\mathcal B\) heißt maximal , falls für jedes eigentliche Ideal \(\mathcal C\) mit \(\mathcal B\subseteq\mathcal C\) schon \(\mathcal B=\mathcal C\) gilt. Die Menge der maximalen Ideale der Algebra \(\mathcal A\) wird als Spektrum der Algebra und mit \(\sigma(\mathcal A)\) bezeichnet.
Beispiel 1.9. Sei \(\Phi\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathcal B)\). Dann ist \[\ker\Phi = \{ x\in\mathcal A\;:\; \Phi(x)=0 \} \subseteq\mathcal A\] ein abgeschlossenes Ideal in \(\mathcal A\). Ist \(\mathcal B=\mathbb C\) und \(\Phi\ne0\), so ist das Ideal \(\ker\Phi\) maximal (da es algebraisch die Kodimension 1 besitzt).
Proposition 1.10. Sei \(\mathcal A\) kommutative Banachalgebra mit Eins und sei \(\mathcal I\subseteq\mathcal A\) ein eigentliches Ideal. Dann gilt
\(1\not\in\mathcal I\);
der Abschluß \(\overline{\mathcal I}\) ist ein eigentliches Ideal;
\(\mathcal I\) ist in einem maximalen Ideal enthalten;
jedes maximale Ideal ist abgeschlossen.
Proof. [1] klar. [2] die Menge der invertierbaren Elemente ist offen, es existiert also eine Umgebung von \(1\) die \(\mathcal I\) nicht schneidet. Damit ist der Abschluß von \(\mathcal I\) verschieden von \(\mathcal A\). Die Idealeigenschaft ist offensichtlich. [3] Anwendung des Zornschen Lemmas. [4] folgt aus [2]. ◻
Lemma 1.11. Sei \(\mathcal A\) kommutative Banachalgebra mit Eins und \(\mathcal I\in\sigma(\mathcal A)\) ein maximales Ideal. Dann existiert ein eindeutig bestimmtes \(\Phi\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\) mit \(\mathcal I=\ker\Phi\).
Proof. Da jedes maximale Ideal abgeschlossen ist, ist \(\mathcal A/\mathcal I\) eine Banachalgebra. Bezeichne \(\pi : \mathcal A\to \mathcal A/\mathcal I\) die kanonische Projektion. Da \(\mathcal I\) maximal ist, ist in der Quotientenalgebra \(\mathcal A/\mathcal I\) jedes von Null verschiedene Element invertierbar (andernfalls würden im Quotienten nichttriviale Ideale existieren deren Urbild unter \(\pi\) Ideale sind, welche \(\mathcal I\) enthalten). Damit ist nach dem Satz von Gelfand–Mazur aber \(\mathcal A/\mathcal I=\mathbb C\) und \(\pi \in \mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\) der gesuchte Homomorphismus.
Ist \(\Phi\) ein anderer Homomorphismus mit \(\ker\Phi=\mathcal I\), so induziert dieser einen Isomorphismus auf dem Quotienten. Wegen \(\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathbb C,\mathbb C)=\{0,{\rm id}\}\) folgt \(\Phi=\pi\). ◻
Im folgenden identifizieren wir die Elemente von \(\sigma(\mathcal A)\) mit ihren erzeugenden Homomorphismen aus \(\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\), \[\sigma(\mathcal A) \simeq \mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\setminus \{0\} = \{\Phi\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\;:\; \Phi(1)=1\}.\]
Lemma 1.12. Sei \(\Phi\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\) für eine Banachalgebra \(\mathcal A\) mit Eins. Dann gilt \[|\Phi(x)| \le \|x\|\] und \(\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\setminus\{0\}\) ist eine schwach-* abgeschlossene Teilmenge der abgeschlossenen Einheitskugel von \(\mathcal A'\). Versehen mit der induzierten Topologie ist damit \(\sigma(\mathcal A)\) ein kompakter Hausdorffraum.
Proof. Ist \(x\in\mathcal A\) invertierbar, so folgt \(1 = \Phi(x^{-1} x) = \Phi(x^{-1}) \Phi(x)\) und damit \(\Phi(x)\ne0\). Da für alle \(\lambda\in\mathbb C\) mit \(|\lambda|>\|x\|\) aber \(\lambda-x\) invertierbar ist, folgt \[\lambda-\Phi(x) = \Phi(\lambda-x) \ne 0\] für alle solchen \(\lambda\) und insbesondere \(|\Phi(x)|\le \|x\|\).
Da \(\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\setminus\{0\}\) schwach-* abgeschlossen in \(\mathcal A'\) und enthalten in der Einheitskugel von \(\mathcal A'\) ist, ist \(\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\setminus\{0\}\) nach dem Satz von Alaoglu schwach-* kompakt ist. Also wird \(\sigma(\mathcal A)\) zu einem kompakten Hausdorffraum. ◻
Ist \(\mathcal A\) separabel, so ist die schwach-*-Topologie auf \(\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\) von abzählbar vielen Seminormen erzeugt und damit metrisierbar.
Definition 1.13. Sei \(\mathcal A\) kommutative Banachalgebra mit Eins. Dann ist die Gelfandtransformation
\[\Gamma : \mathcal A\to \mathrm C(\sigma(\mathcal A))\] definiert durch \[\Gamma (x) (\Phi) = \Phi(x),\qquad \Phi\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\setminus\{0\}\simeq\sigma(\mathcal A).\] Wir bezeichnen \(\Gamma(x)\) im folgenden kurz als \(\widehat x\).
Satz 1.14 (Gelfand). Sei \(\mathcal A\) kommutative Banachalgebra mit Eins und \(x\in\mathcal A\). Dann gilt
\(\Gamma \in\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A, \mathrm C(\sigma(\mathcal A)))\);
\(x\) ist invertierbar in \(\mathcal A\) genau dann, wenn \(\widehat x\) invertierbar in \(\mathrm C(\sigma(\mathcal A))\) ist;
\(\sigma_\mathcal A(x) = \{ \Phi(x) \;:\; \Phi\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\setminus\{0\}\} = \sigma_{\mathrm C(\sigma(\mathcal A))} (\Gamma(x))\);
\(\|\Gamma\|\le 1\).
Proof. [1] klar. \(\bullet\)Das Element \(x\) ist nicht invertierbar genau dann, wenn das von \(x\) erzeugte Ideal eigentlich ist. Das gilt genau dann, wenn es in einem maximalen Ideal \(\ker\Phi\) enthalten ist. Das ist aber äquivalent dazu, daß \(\widehat x(\Phi) = \Phi(x)=0\) und \(\widehat x\) ist nicht in \(\mathrm C(\sigma(\mathcal A))\) invertierbar. \(\bullet\)folgt direkt aus [2], da \(\Gamma(\lambda-x) = \lambda-\widehat x\). \(\bullet\)folgt aus [3] zusammen mit der Inklusion \(\sigma_\mathcal A(x) \subseteq \{ \lambda\;:\; |\lambda| \le \|x\| \}\). Es gilt \[\|\Gamma (x)\|=\sup_{\Phi\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\setminus\{0\}} |\Phi(x)| = \sup\{|\lambda|\;:\;\lambda\in\sigma_\mathcal A(x)\} \le \|x\|.\] ◻
Wir geben drei konkrete Beispiele zu diesem Satz.
Beispiel 1.15. Für die Algebra \(\mathrm C(X)\), \(X\) kompakter Hausdorffraum, ist die Menge der maximalen Ideale gerade durch \(\mathcal I_x = \{ f\in \mathrm C(X)\;:\; f(x) = 0\}= \ker \delta_x\) für \(x\in X\) gegeben. Daß jedes \(\mathcal I_x\) ein maximales Ideal ist ist klar, es bleibt zu zeigen, daß jedes von dieser Form ist. Sei also \(\mathcal I\) eigentliches Ideal. Angenommen, \(\mathcal I\) ist in keinem der \(\mathcal I_x\) enthalten. Dann gibt es zu jedem \(x\in X\) ein \(f_x\in\mathcal I\) mit \(f_x(x)\ne0\). Da nun die Mengen \(\{y \;:\; f_x (y)\ne0\}\) den Raum \(X\) überdecken, existiert wegen der Kompaktheit von \(X\) eine endliche Teilüberdeckung. Wir finden also \(f_1,\ldots, f_n\in \mathcal I\) ohne gemeinsame Nullstelle. Dann ist aber \(g(x) = \sum_{j=1}^n |f_j(x)|^2\in\mathcal I\) invertierbar. Widerspruch!
Damit kann das Spektrum der Algebra \(\mathrm C(X)\) (als Menge) mit den Punkten aus \(X\) identifiziert werden und die Gelfandtransformation ist die identische Abbildung. Es gilt noch mehr: Die Abbildung \(X\ni x\mapsto \delta_x\in\sigma(\mathrm C(X))\) ist schwach-* stetig, da für jedes stetige \(f\) die Zuordnung \(x\mapsto f(x)\) stetig ist. Also ist \(x\mapsto \delta_x\) bijektiv und stetig zwischen den Kompakta \(X\) und \(\sigma(\mathrm C(X))\) und damit ein Homöomorphismus.
Beispiel 1.16. Wir betrachten nun die Faltungsalgebra \(\ell^1(\mathbb Z)\). Diese ist erzeugt von den Folgen \(\varepsilon= (\delta_{n,1})\) und \(\varepsilon^{-1} = (\delta_{n,-1})\). Damit ist jedes Element \(\Phi\in \mathop{\mathrm{Hom}}(\ell^1(\mathbb Z),\mathbb C)\) eindeutig durch seinen Wert \(\Phi(\varepsilon)\) am Erzeuger \(\varepsilon\) bestimmt und die (schwach-*) stetige Abbildung \[\sigma(\ell^1(\mathbb Z)) \ni \Phi \mapsto \Phi(\varepsilon) = \widehat{ \varepsilon}(\Phi) \in\sigma_{\ell^1(\mathbb Z)}(\varepsilon)\] injektiv, also nach Satz Satz 1.14 (3) auch bijektiv und damit homöomorph. Da Faltung mit \(\varepsilon\) gerade einem Shiftoperator auf dem \(\ell^1(\mathbb Z)\) entspricht, ist \(\sigma_{\ell^1(\mathbb Z)}(\varepsilon) = \mathbb T= \partial\mathbb D\) und wir können das Spektrum der Faltungsalgebra mit dem Einheitskreis \(\mathbb T\) identifizieren.
Zu jedem \(\mathrm e^{2\pi\mathrm i\theta}\in\mathbb T\) existiert also ein \(\Phi_\theta\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\ell^1(\mathbb Z),\mathbb C)\) mit \(\Phi_\theta (\varepsilon) = \mathrm e^{2\pi\mathrm i\theta}\). Damit folgt für beliebiges \((\alpha_n)\in\ell^1(\mathbb Z)\) wegen \[(\alpha_n) = \sum_{k\in\mathbb Z} \alpha_k \varepsilon^k\] aber \[\Phi_\theta((\alpha_n)) = \sum_{k\in\mathbb Z} \alpha_k \Phi_{\theta}(\varepsilon^k) = \sum_{k\in\mathbb Z} \alpha_k \mathrm e^{2\pi\mathrm ik\theta}.\] Die Gelfandtransformation entspricht also gerade der Zuordnung der Fourierreihe. Damit ergibt Punkt (2) aus Satz Satz 1.14 aber
Korollar 1.1 (Wiener4-Lemma). Angenommen, die durch die absolut summierbare Fourierreihe \[f({\theta}) = \sum_{k\in\mathbb Z} \alpha_k \mathrm e^{2\pi \mathrm ik\theta}, \qquad (\alpha_n)\in\ell^1(\mathbb Z),\] dargestellte Funktion besitzt keine Nullstellen. Dann gilt \[\frac{1}{ f({\theta})} = \sum_{k\in\mathbb Z} \beta_k \mathrm e^{2\pi\mathrm ik\theta}\] als absolut summierbare Fourierreihe mit entsprechenden Koeffizienten \((\beta_n)\in\ell^1(\mathbb Z)\).
Beispiel 1.17. Der Folgenraum \(\ell^1(\mathbb N)\) wird mit dem Cauchyprodukt \[(\alpha_n)*(\beta_n) = \left(\sum_{k=0}^n \alpha_k \beta_{n-k} \right)\] ebenfalls zu einer kommutativen Banachalgebra. Obwohl es sich um eine Unteralgebra des \(\ell^1(\mathbb Z)\) handelt, ist eine eigenständige Betrachtung sinnvoll. Sei dazu wiederum \(\delta=(1,0,\ldots)\) und \(\varepsilon=(0,1,0,\ldots)\), dann ist \(\delta\) das Einselement in \(\ell^1(\mathbb N)\) und die Algebra von \(\delta\) und \(\varepsilon\) erzeugt. Jedes \(\Phi\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\ell^1(\mathbb N),\mathbb C)\setminus\{0\}\) ist durch seinen Wert an der Stelle \(\varepsilon\) eindeutig bestimmt. Allerdings entspricht die Faltung mit \(\varepsilon\) nun dem Rechtsshift in \(\ell^1(\mathbb N)\) und besitzt damit das Spektrum \(\overline{\mathbb D}=\mathbb D\cup\mathbb T\). Analog zum vorigen Beispiel entspricht also jedem \(z\in\overline{\mathbb D}\) ein eindeutig bestimmter Homomorphismus \(\Phi_z\) mit \[\Phi_z(\delta)=1,\qquad \Phi_z (\varepsilon)=z\] und es ergibt sich für \((\alpha_n)\in\ell^1(\mathbb N)\) \[\Phi_z((\alpha_n)) = \sum_{n=0}^\infty \alpha_n z^n.\] Damit bildet die Gelfandtransformation die Algebra \(\ell^1(\mathbb N)\) auf in \(\mathbb D\) holomorphe und auf \(\overline{\mathbb D}\) stetige Funktionen ab. Das Bild von \(\ell^1(\mathbb N)\) ist die Wiener-Algebra \[\mathrm A(\mathbb D) = \left\{ f\in\mathfrak A(\mathbb D) \;: \; f(z)=\sum_{n=0}^\infty \alpha_n z^n, \quad (\alpha_n)\in\ell^1(\mathbb N) \right\}.\] Punkt (2) aus Satz Satz 1.14 ergibt wiederum eine Variante des Wiener-Lemmas. Jedes Element in \(\mathrm A(\mathbb D)\) ohne Nullstellen und Nullrandwerte ist in \(\mathrm A(\mathbb D)\) invertierbar.
Korollar 1.2 (Wiener-Lemma). Sei \((\alpha_n)\in\ell^1(\mathbb N)\). Angenommen, die auf \(\mathbb D\) analytische und \(\overline{\mathbb D}\) stetige Funktion \[f({z}) = \sum_{n=0}^\infty \alpha_n z^n\] besitzt keine Nullstellen auf \(\overline{\mathbb D}\). Dann existiert \((\beta_n)\in\ell^1(\mathbb N)\) mit \((\alpha_n)*(\beta_n)=\delta=(\beta_n)*(\alpha_n)\), also \[\frac{1}{ f({z})} = \sum_{n=0}^\infty \beta_n z^n, \qquad z\in\overline{\mathbb D}.\]
In diesem Fall ist das Bild der Gelfandtransformation offenbar nicht dicht in \(\mathrm C(\overline{\mathbb D})\).
In gewissen Fällen ist die Gelfandtransformation bijektiv. Zur Vorbereitung einer entsprechenden Aussage benötigen wir ein Dichtheitsresultat, welches den bekannten Approximationssatz von Weierstrass verallgemeinert.
Satz 1.18 (Stone5–Weierstraß). Sei \(X\) kompakter Hausdorffraum und \(\mathcal A\subseteq \mathrm C(X)\) eine \(*\)-Unteralgebra mit Eins, welche Punkte auf \(X\) trennt, d.h., für \(x,y\in X\) mit \(x\ne y\) existiert ein \(h\in\mathcal A\) mit \(h(x)\ne h(y)\). Dann ist \(\mathcal A\) dicht in \(\mathrm C(X)\).
Proof. vgl. Kantorovitz, Satz 5.38 und Satz 5.39. ◻
Korollar 1.19. Sei \(\mathcal A\) kommutative \(*\)-Algebra mit Eins. Gilt dann \(\Gamma\in\mathop{\mathrm{Hom}}_*(\mathcal A,\mathrm C(\sigma(\mathcal A)))\), so ist \(\Gamma(\mathcal A) = \{\widehat x \;:\; x\in\mathcal A\}\) dicht in \(\mathrm C(\sigma(\mathcal A))\).
Proof. Anwendung des Satzes von Stone–Weierstrass auf das Bild \(\Gamma(\mathcal A)\). Dabei handelt es sich offenbar um eine \(*\)-Unteralgebra. Weiter gibt es für \(\Phi,\Psi\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\setminus\{0\}\) mit \(\Phi\ne\Psi\) auch ein \(x\in\mathcal A\) mit \(\widehat x(\Phi) = \Phi(x)\ne\Psi(x) = \widehat x(\Psi)\) und die \(*\)-Unteralgebra ist punktetrennend. ◻
Das folgende Lemma liefert ein Kriterium dafür, daß die Gelfandtransformation ein \(*\)-Homomorphismus ist.
Lemma 1.20.
Es gilt \(\Gamma\in\mathop{\mathrm{Hom}}_*(\mathcal A,\mathrm C(\sigma(\mathcal A)))\) genau dann, wenn \(\Gamma(x)\) für alle \(x\in\mathcal A\) mit \(x=x^*\) reellwertig ist.
Ist \(\mathcal A\) eine kommutative C*-Algebra mit Eins, so ist die Gelfandtransformation ein \(*\)-Homomorphismus.
Proof. [1] Es genügt die Rückrichtung. Jedes \(x\in\mathcal A\) ist als Summe \(x=\Re x+\mathrm i\Im x\) mit \(\Re x = \frac12 (x+x^*)\) und \(\Im x = \frac1{2\mathrm i} (x-x^*)\) schreibbar. Da dann \((\Re x)^*=\Re x\) und \((\Im x)^*=\Im x\) gilt, folgt \[\begin{gathered} \Gamma(x^*) = \Gamma(\Re x-\mathrm i\Im x) = \Gamma(\Re x) - \mathrm i\Gamma(\Im x) \\= \overline { \Gamma(\Re x) + \mathrm i\Gamma(\Im x) } = \overline{\Gamma(\Re x+\mathrm i\Im x)} = \overline{\Gamma(x)}\end{gathered}\] und damit die Behauptung. \(\bullet\)Sei \(x\in\mathcal A\) mit \(x=x^*\) und \(\Phi\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\). Sei weiter \(\widehat x(\Phi ) = \Phi(x) = \alpha + \mathrm i\beta\) mit \(\alpha,\beta\in\mathbb R\). Betrachtet man nun \(z = x + \mathrm it\), \(t\in\mathbb R\), so folgt \(z^*z = x^2 + t^2\) und damit \[\alpha^2 + (\beta+t)^2 = |\Phi(z)|^2 \le \|z\|^2 = \|z^*z\| \le \|x^2\| + t^2.\] Damit ist aber \(\alpha^2 + \beta^2 + 2\beta t \le \|x^2\|\) für alle \(t\in\mathbb R\) und somit \(\beta=0\). Mit [1] folgt nun die Behauptung. ◻
Insbesondere haben wir in (2) gezeigt, daß für eine C*-Algebra \(\mathcal A\) mit Eins stets \[\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)=\mathop{\mathrm{Hom}}_*(\mathcal A,\mathbb C)\] gilt. Das wird im folgenden Abschnitt noch benötigt werden. Vorerst das Hauptresultat: kommutative \(C^*\)-Algebren mit Eins sind nichts anderes als Algebren stetiger Funktionen auf einem Kompaktum.
Satz 1.21 (Gelfand–Naimark6). Sei \(\mathcal A\) kommutative C*-Algebra mit Eins. Dann ist die Gelfandtransformation \(\Gamma\) ein isometrischer \(*\)-Isomorphismus von \(\mathcal A\) auf \(\mathrm C(\sigma(\mathcal A))\).
Proof. Nach Satz Satz 1.14, Lemma Lemma 1.20 und Korollar Korollar 1.19 ist die Gelfandtransformation ein *-Homomorphismus mit dichtem Bild. Es genügt, die Isometrie zu zeigen. Sei \(x\in\mathcal A\) und \(y=x^*x\). Wegen \[\| y^{2^{k+1}} \| = \| (y^{2^k})^*(y^{2^k}) \| = \| y^{2^k}\|^2\] folgt per Induktion \(\|y^{2^k}\|=\|y\|^{2^k}\) und somit nach Satz Satz 1.14 (3) und der Formel für den Spektralradius \(\| \widehat y\|_\infty = \| y\|\). Also gilt \[\|x\|^2 = \|y\| = \|\widehat y\|_\infty = \| |\widehat x|^2\|_\infty = \| \widehat x\|_\infty^2\] und die Gelfandtransformation \(\Gamma\) ist isometrisch. Insbesondere ist \(\Gamma\) injektiv und besitzt ein abgeschlossenes Bild, welches mit \(\mathrm C(\sigma(\mathcal A))\) übereinstimmen muß. ◻
1.22. Sei im folgenden \(H\) ein Hilbertraum mit \(\dim H\ne0\). Ein Operator \(A\in\mathcal L(H)\) wird bekanntlich als normal bezeichnet, wenn er mit seinem Adjungierten kommutiert, also wenn \(AA^* = A^*A\) gilt. Weiterhin gilt bekanntlich \(\|A^*A\|=\|A\|^2\) für \(A\in\mathcal L(H)\). Damit erzeugen \(I\), \(A\) und \(A^*\) eine kommutative C*-Unteralgebra \(\mathcal A\) von \(\mathcal L(H)\) auf die der Satz von Gelfand–Naimark anwendbar ist. Sei also \[\mathcal A= \overline{\mathop{\mathrm{alg}}}\{ I,A,A^*\}\subset\mathcal L(H)\] diese Algebra. Da jeder Homomorphismus \(\Phi\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathcal A,\mathbb C)\) ein \(*\)-Homomorphismus ist, ist er durch seinen Wert \(\Phi(A)\in\sigma_\mathcal A(A)=\sigma(A)\subseteq\mathbb C\) im Element \(A\) bestimmt.7 Die Abbildung \[\widehat A : \sigma(\mathcal A) \ni \Phi \mapsto \Phi(A)\in\sigma(A)\subset\mathbb C\] ist ein ein Homöomorphismus und wird im folgenden genutzt, das Spektrum \(\sigma(\mathcal A)\) mit dem Spektrum des Operators \(A\) zu identifizieren. Insbesondere ergibt sich \(\hat A(\zeta)=\zeta\) für \(\zeta\in\sigma(A)\). Nach dem Satz von Gelfand–Naimark ergibt sich ein isometrischer \(*\)-Isomorphismus zwischen \(\mathcal A\) und \(\mathrm C(\sigma(A))\). Für jedes \(f\in\mathrm C(\sigma(A))\) sei das entsprechende Urbild mit \(f(A)\) bezeichnet. Dann entspricht für polynomiales \(f\) der Operator \(f(A)\) gerade dem Wert des Polynoms in \(A\), \[f(\zeta)=\sum_{k=0}^n a_k \zeta^k,\qquad f(A) = \sum_{k=0}^n a_k A^k.\] Entsprechendes gilt für Funktionen \(f\in \mathfrak A\{\zeta\in\mathbb C: |\zeta|<R\}\) für \(R>\|A\|\). Für diese gilt \[f(\zeta) = \sum_{k=0}^\infty a_k \zeta^k,\qquad f(A) = \sum_{k=0}^\infty a_k A^k\] gleichmäßig auf dem Spektrum \(\sigma(A)\) beziehungsweise als normkonvergente Reihe. Weiterhin erhält man für \(f(\zeta)=\overline\zeta\) den adjungierten Operator, \(f(A)=A^*\).
Sind nun \(u,v\in H\) zwei beliebige Elemente des Hilbertraumes \(H\), so bestimmt die Abbildung \[\mathrm C(\sigma(A)) \ni f \mapsto {\pmb(f(A)u,v\pmb)}_H \in\mathbb C\] wegen \[| {\pmb(f(A)u,v\pmb)}| \le \|f(A)\| \,\|u\|\, \|v\| = \|f\|_\infty \,\|u\|\, \|v\|\] eine stetige Linearform auf dem Raum der stetigen Funktionen \(\mathrm C(\sigma(A))\), nach dem Darstellungssatz von Riesz also ein komplexes Radonmaß \({\boldsymbol\mu}_{u,v} \in \mathbb M(\sigma(A))\) auf \(\sigma(A)\). Damit ergibt sich eine Integraldarstellung des Operators \(f(A)\) \[{\pmb(f(A)u,v\pmb)} = \int_{\sigma(A)} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,v}(\zeta)\] als Integral über das Spektrum von \(A\). Die hier auftretende Abbildung \((u,v)\mapsto {\boldsymbol\mu}_{u,v}\) wird dabei als Spektralmaß bezeichnet.
Wir wollen das im folgenden etwas allgemeiner fassen und betrachten eine beliebige kommutative \(*\)-Unteralgebra \(\mathcal A\) mit Eins der C*-Algebra \(\mathcal L(H)\). Dann gilt
Satz 1.23. Sei \(\mathcal A\) kommutative C*-Algebra beschränkter Operatoren eines Hilbertraumes \(H\) mit \(I\in\mathcal A\). Dann gibt es eine eindeutig bestimmte Abbildung \[{\boldsymbol\mu} : H\times H \to \mathbb M(\sigma(\mathcal A)),\] welche jedem Paar \(u,v\in H\) ein komplexes Radonmaß \({\boldsymbol\mu}_{u,v}\) auf \(\sigma(\mathcal A)\) zuordnet, so daß für jedes \(f\in\mathrm C(\sigma(\mathcal A))\) und seine inverse Gelfandtransformierte \(T_f\in\mathcal A\) die Identität \[\label{eq:1.3.6} {\pmb(T_fu, v\pmb)} = \int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,v}(\zeta)\] gilt. Für die Abbildung \({\boldsymbol\mu}\) gilt darüberhinaus
\({\boldsymbol\mu}\) ist sesquilinear;
\({\boldsymbol\mu}_{u,v} = \overline{{\boldsymbol\mu}_{v,u}}\) für alle \(u,v\in H\);
\({\boldsymbol\mu}_{u,u}\ge0\) für alle \(u\in H\);
\(\|{\boldsymbol\mu}_{u,u}\|= \|u\|^2\) und \(\|{\boldsymbol\mu}_{u,v}\|\le\|u\|\|v\|\).
Proof. Da die Gelfandtransformation eine Isometrie ist, gilt wie oben \[\label{eq:1.3.7} |{\pmb(T_fu, v\pmb)}| \le \|T_f\|\,\|u\|\,\|v\| = \|f\|_\infty \,\|u\|\,\|v\|\] und die Abbildung \(f\mapsto {\pmb(T_f u,v\pmb)}\) ist stetige Linearform auf \(\mathrm C(\sigma(\mathcal A))\). Damit existiert nach dem Darstellungssatz von Riesz8 ein eindeutig bestimmtes komplexes Radonmaß \({\boldsymbol\mu}_{u,v}\in\mathbb M(\sigma(\mathcal A))\) mit [eq:1.3.6]. Die Zuordnung \((u,v)\mapsto {\boldsymbol\mu}_{u,v}\) ist offensichtlich linear im ersten und anti-linear im zweiten Argument und damit sesquilinear. Da die Gelfandtransformation ein \(*\)-Homomorphismus ist, gilt weiterhin \[\int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,v}(\zeta) = {\pmb(T_fu, v\pmb)}_H = \overline{ {\pmb(T_f^*v, u\pmb)}_H} %= \overline {\int_{\sigma(A)} \overline{f(\zeta)} \d{\boldsymbol\mu}_{v,u}(\zeta) } = \int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta) \,\mathrm d\overline{{\boldsymbol\mu}_{v,u}}(\zeta)\] für alle \(f\) und somit \({\boldsymbol\mu}_{u,v} = \overline{{\boldsymbol\mu}_{v,u}}\). Da für nichtnegatives \(f\) die Funktion \(g=\sqrt f\) stetig und nichtnegativ ist, gilt wegen \(f=|g|^2\) auch \(T_f = T_g^*T_g\) und somit \[\int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta)\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u}(\zeta)= {\pmb(T_fu, u\pmb)} = \| T_g u\|^2 \ge 0.\] Damit ist \({\boldsymbol\mu}_{u,u}\) positives lineares Funktional und somit ein positives Maß. Insbesondere folgt \[\|{\boldsymbol\mu}_{u,u}\|= \int_{\sigma(\mathcal A)} \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u}(\zeta) = {\pmb(u,u\pmb)} = \|u\|^2.\] Die Abschätzung \(\|{\boldsymbol\mu}_{u,v}\|\le\|u\|\|v\|\) folgt direkt aus [eq:1.3.7]. ◻
Nachdem wir nun ein Maß auf \(\sigma(\mathcal A)\) haben, hindert uns niemand daran auch andere Funktionen zu integrieren. Es bezeichne im folgenden \(B(\sigma(\mathcal A))\) die C*-Algebra der beschränkten borelmeßbaren Funktionen auf \(\sigma(\mathcal A)\) versehen mit der Supremumsnorm. Für jedes \(f\in B(\sigma(\mathcal A))\) ist \[\left| \int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,v}(\zeta)\right| \le \|f\|_\infty \|{\boldsymbol\mu}_{u,v}\| \le \|f\|_\infty \|u\|\,\|v\|,\] nach dem Satz von Fréchet–Riesz existiert also ein eindeutig bestimmtes \(T_f\in\mathcal L(H)\) mit \[{\pmb(T_f u,v\pmb)} = \int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta)\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,v}(\zeta)\] für alle \(u,v\in H\) und mit \(\|T_f\|\le\|f\|_{\infty}\). Für stetiges \(f\) stimmt \(T_f\) nach Konstruktion mit der inversen Gelfandtransformierten von \(f\) überein.
Satz 1.24. Die Abbildung \(f\mapsto T_f\) definiert einen \(*\)-Homomorphismus von \(B(\sigma(\mathcal A))\) nach \(\mathcal L(H)\). Darüberhinaus gelten folgende Eigenschaften:
für jedes \(S\in\mathcal L(H)\) mit \(ST=TS\) für alle \(T\in \mathcal A\) gilt \(ST_f=T_fS\) für alle \(f\in B(\sigma(\mathcal A))\);
falls \(f_n(\zeta) \to f(\zeta)\) punktweise und \(\sup_n\|f_n\|_\infty<\infty\), dann gilt \(\mathop{\mathrm{w-lim}}_{n\to\infty} T_{f_n}= T_f\).
Proof. Die Zuordnung \(f\mapsto T_f\) ist offenbar linear und es gilt \(T_f^*=T_{\overline f}\) wegen \[{\pmb(T_{\overline f}u,v\pmb)} = \int_{\sigma(\mathcal A)} \overline{ f(\zeta)}\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,v}(\zeta) = \overline{ \int_{\sigma(\mathcal A)} { f(\zeta)}\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{v,u}(\zeta)} =\overline{ {\pmb(T_f v,u\pmb)}} = {\pmb(T_f^* u,v\pmb)}.\] Für die Homomorphismuseigenschaft bleibt \(T_{fg}=T_fT_g\) zu zeigen. Sind beide Funktionen stetig, so ist gerade die Homomorphieeigenschaft der Gelfandtransformation. Damit gilt \[\int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta) g(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,v}(\zeta) ={\pmb(T_{fg}u,v\pmb)} = {\pmb(T_f T_g u, v\pmb)} = \int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{T_gu, v}(\zeta)\] und somit \(g \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,v} = \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{T_gu, v}\). Das impliziert aber für jedes \(f\in B(\sigma(\mathcal A))\) \[\begin{gathered} \int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta) g(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,v}(\zeta) = \int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta)\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{T_gu, v} (\zeta) = {\pmb(T_fT_g u,v\pmb)} \\= {\pmb(T_g u,T_f^* v\pmb)} = \int_{\sigma(\mathcal A)} g(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{ u,T_f^*v}(\zeta)\end{gathered}\] und damit \(\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,T_f^* v} = f\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,v}\). Damit folgt aber nun für beliebiges \(f,g\in B(\sigma(\mathcal A))\) \[{\pmb(T_fT_gu, v\pmb)} ={\pmb( T_gu, T_f^* v\pmb)} = \int_{\sigma(\mathcal A)} g(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,T_f^*v} (\zeta) = \int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta)g(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\zeta) = {\pmb(T_{fg}u,v\pmb)}.\] Kommutiert nun \(S\) mit jedem \(T_f\) zu stetigem \(f\), so gilt \[\int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,S^*v}(\zeta) = {\pmb(T_f u,S^*v\pmb)} = {\pmb(ST_fu, v\pmb)}={\pmb(T_fSu,v\pmb)} = \int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{Su,v}(\zeta)\] und damit \({\boldsymbol\mu}_{u,S^*v}={\boldsymbol\mu}_{Su,v}\). Damit folgt aber sofort für beliebiges \(f\in B(\sigma(\mathcal A))\) \[{\pmb(T_f Su,v\pmb)} = \int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{Su,v}(\zeta) = \int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,S^*v}(\zeta) = {\pmb(T_fu,S^* v\pmb)} = {\pmb(ST_fu,v\pmb)}\] und (1) ist gezeigt. Wir zeigen noch die Eigenschaft (2). Der Satz über majorisierte Konvergenz impliziert wegen der gleichmäßigen Beschränktheit von \(f_n(\zeta)\) in \(n\) und \(\zeta\) \[{\pmb(T_{f_n} u,u\pmb)} = \int_{\sigma(\mathcal A)} f_n(\zeta)\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u}(\zeta) \to \int_{\sigma(\mathcal A)} f(\zeta)\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u}(\zeta) = {\pmb(T_fu,u\pmb)},\qquad n\to\infty,\] und damit die schwache Operatorkonvergenz \(\mathop{\mathrm{w-lim}}T_{f_n}= T_f\). ◻
Sei nun \(E\subseteq\sigma(\mathcal A)\) eine Borelmenge und \(1_E\) ihre charakteristische Funktion. Dann bezeichne \({\boldsymbol\mu}(E)\) den soeben konstruierten Operator \(T_{1_E}\). Die Abbildung \({\boldsymbol\mu} : E \mapsto {\boldsymbol\mu}(E)\) ist ein projektionswertiges Spektralmaß , die dazu notwendigen Eigenschaften folgen direkt aus Satz Satz 1.24.
Definition 1.25. Sei \(\Sigma\) lokalkompakter Hausdorffraum und \(\mathcal B\) seine Borelalgebra. Sei weiter \(H\) Hilbertraum. Eine Abbildung \({\boldsymbol\mu} : \mathcal B \to \mathcal L(H)\) heißt projektionswertiges Spektralmaß , falls
für jedes \(E\in\mathcal B\) der Operator \({\boldsymbol\mu}(E)\) ein Orthogonalprojektor ist;
\({\boldsymbol\mu}(\varnothing)=0\) und \({\boldsymbol\mu}(\Sigma)=I\);
für beliebige \(E,F\in\mathcal B\) die Identität \({\boldsymbol\mu}(E\cap F)={\boldsymbol\mu}(E){\boldsymbol\mu}(F)\) gilt;
für Folgen paarweise disjunkter Mengen \(E_j\in\mathcal B\) \[{\boldsymbol\mu}\big(\bigcup_j E_j\big) = \sum_j {\boldsymbol\mu}(E_j)\] als konvergente Reihe in der starken Operatortopologie gilt.
Für Paare \(u,v\in H\) bestimmt \({\boldsymbol\mu}\) vermittels \({\boldsymbol\mu}_{u,v}(E)={\pmb({\boldsymbol\mu}(E)u,v\pmb)}\) ein Maß \({\boldsymbol\mu}_{u,v}\in\mathbb M(\Sigma)\). Das Spektralmaß \({\boldsymbol\mu}\) heißt regulär, falls \({\boldsymbol\mu}_{u,v}\) für alle \(u\) und \(v\) ein reguläres Borelmaß ist.
Ist nun \({\boldsymbol\mu}\) ein Spektralmaß auf \(\Sigma\) und \(f\in B(\Sigma)\) eine beschränkte borelmeßbare Funktion, so liefert der Satz von Fréchet–Riesz die Existenz eines eindeutig bestimmten Operators \(T_f\in\mathcal L(H)\) mit \[\label{eq:1.3.24} {\pmb(T_fu, v\pmb)} = \int_{\Sigma} f(\zeta)\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,v}(\zeta)\] für alle \(u,v\in H\). Dieser wird als \[T_f = \int_{\Sigma} f(\zeta)\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\zeta)\] bezeichnet.
Damit ergibt sich aus den Sätzen Satz 1.23, Satz 1.24 zusammen mit Definition Definition 1.25 die folgende Spektraldarstellung kommutativer \(C^*\)-Algebren beschränkter Operatoren.
Satz 1.26 (Spektralsatz). Sei \(\mathcal A\) kommutative C*-Unteralgebra von \(\mathcal L(H)\), welche die Identität \(I\) enthält. Dann existiert ein eindeutig bestimmtes reguläres projektionswertiges Spektralmaß \({\boldsymbol\mu}\) auf \(\sigma(\mathcal A)\) mit \[T = \int_{\sigma(\mathcal A)} \widehat T(\zeta)\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\zeta)\] für alle \(T\in\mathcal A\).
Korollar 1.27 (Spektralsatz für normale Operatoren). Sei \(A\in\mathcal L(H)\) normal und bezeichne \(\Sigma=\sigma(A)\subseteq\mathbb C\) sein Spektrum. Dann existiert ein eindeutig bestimmtes reguläres projektionswertiges Spektralmaß \({\boldsymbol\mu}\) auf \(\Sigma\) mit \[A = \int_{\Sigma} \zeta \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\zeta).\] sowie \[p(A,A^*) = \int_{\Sigma}p( \zeta,\overline\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\zeta)\] für alle Polynome \(p\in\mathbb C[X,Y]\).
Proof. Man betrachtet die von \(A\), \(A^*\) und \(I\) erzeugte Unteralgebra von \(\mathcal L(H)\). Diese ist nach Voraussetzung kommutativ und \(C^*\). ◻
Korollar Korollar 1.27 ist nicht die allgemeinste Formulierung des Spektralsatzes für normale Operatoren, wir werden ihn später in Satz Satz 1.31 noch wesentlich verallgemeinern und insbesondere charakterisieren, welche Operatoren sich als meßbare Funktionen von \(A\) darstellen lassen.
Für den folgenden Satz benötigen wir noch eine Bezeichnung. Für eine Teilmenge \(\mathcal B\subseteq\mathcal L(H)\) bezeichne \[{[\mathcal B]'} = \{ A\in\mathcal L(H) \;:\; \forall_{B\in\mathcal B }\; AB=BA \}\] den Kommutant.
Satz 1.28 (von-Neumann9). Sei \(\mathcal A\subseteq \mathcal L(H)\) eine \(*\)-Algebra mit \(I\in\mathcal A\). Dann gilt für den schwachen Abschluß \(\mathop{\mathrm{clos}}_{\rm w} (\mathcal A)\) und den starken Abschluß \(\mathop{\mathrm{clos}}_{\rm s}(\mathcal A)\) \[\mathop{\mathrm{clos}}_{\rm w} (\mathcal A) = [[\mathcal A]']' = \mathop{\mathrm{clos}}_{\rm s}(\mathcal A).\]
Proof. Schritt 1: Es gilt \(\mathop{\mathrm{clos}}_{\rm w} (\mathcal A) \subseteq[[\mathcal A]']'\). Wir zeigen, daß der Kommutant \([\mathcal B]'\) einer Teilmenge \(\mathcal B\subseteq\mathcal L(H)\) schwach abgeschlossen ist. Da die Abbildung \(A \mapsto {\pmb(Au,v\pmb)}\) für gegebenes \(u,v\in H\) schwach stetig ist, ist ebenso \(A \mapsto {\pmb(ABu,v\pmb)}-{\pmb(BAu,v\pmb)}\) stetig. Sei nun \(A\not\in \mathcal B'\). Dann existieren \(u,v\in H\) und \(B\in \mathcal B\) mit \({\pmb((AB-BA)u,v\pmb)}\ne0\) und somit eine Umgebung von \(A\), welche disjunkt zu \([\mathcal B]'\) ist. Damit ist \([\mathcal B]'\) schwach abgeschlossen.
Also ist \([[\mathcal A]']'\) schwach abgeschlossen. Da \(\mathcal A\subseteq [[\mathcal A]']'\) gilt, ist der schwache Abschluß von \(\mathcal A\) in \([[\mathcal A]']'\) enthalten.
Schritt 2: Es gilt \([[\mathcal A]']'\subseteq\mathop{\mathrm{clos}}_{\rm s}(\mathcal A)\). Sei \(S\in [[\mathcal A]']'\). Jede in der starken Topologie offene Umgebung von \(S\) enthält eine Menge der Form \[\bigcap_{j=1}^N\{ T\in \mathcal L(H) \;:\; \|(T-S)u_j\| <\varepsilon\}\] für eine endliche Folge \(u_1,\ldots,u_N\in H\) und ein \(\varepsilon>0\).
Wir beschränken uns vorerst auf den Fall \(N=1\) und bezeichnen \(u_1\) mit \(u\). Sei nun \(H_1 = \overline{\mathop{\mathrm{span}}}\{ Au \,:\, A\in\mathcal A\}\) und \(P\) der Orthogonalprojektor auf \(H_1\). Wir zeigen zuerst, daß \(P\in[\mathcal A]'\). Sei dazu \(v\in H\) beliebig. Dann ist \(Pv\in H_1\) Grenzwert einer Folge \(A_n u\), \(A_n\in\mathcal A\). Ist nun \(A\in \mathcal A\) beliebig, so konvergiert \(AA_n u\) gegen \(APv \in H_1\). Damit folgt \(PAPv=APv\). Da \(v\) beliebig war, folgt \(PAP=AP\) für alle \(A\in\mathcal A\) und, da \(\mathcal A\) eine \(*\)-Algebra ist \(PA^*P=A^*P\) sowie \[{\pmb(v,APw\pmb)}={\pmb(v,PAPw\pmb)} ={\pmb(PA^*Pv,w\pmb)} = {\pmb(A^*Pw,v\pmb)} ={\pmb(v,PAw\pmb)}.\] Also gilt \(AP=PA\) und damit \(P\in[\mathcal A]'\).
Damit gilt nach Voraussetzung \(PS=SP\). Da \(u\in H_1\) gilt, ist damit \(Su=PSu\in H_1 = \overline{\mathcal Au}\) und es existiert somit ein \(T\in \mathcal A\) mit \(\|Su-Tu\|<\varepsilon\).
Für den Fall \(N>1\) betrachtet man den Hilbertraum \(H^N = \bigoplus_{j=1}^N H\) und identifiziert \(\mathcal L(H^N)\) mit \(\mathcal L(H)\otimes\mathbb C^{N\times N}\). Bezeichnet man nun zu \(B\in\mathcal L(H)\) durch \(B^{(N)} = \mathop{\mathrm{diag}}(B,\ldots, B)\) den Operator der auf jeder Komponente durch \(B\) wirkt. Für diesen gilt \(\|B^{(N)}\|=\|B\|\) und \((B^*)^{(N)}=(B^{(N)})^*\). Sei weiter \(\mathcal A^{(N)} = \{ A^{(N)} : A\in\mathcal A\}\). Dies ist wiederum eine \(*\)-Unteralgebra mit Identität. Also folgt speziell mit \(u = (u_1,\ldots,u_N)\in H^N\) und obigem Argument die Existenz eines \(T^{(N)}\in \mathcal A^{(N)}\) mit \(\|S^{(N)}u-T^{(N)}u\|<\varepsilon\). Damit liegen die Blockdiagonaleinträge von \(T\) aber gerade im Schnitt von \(\mathcal A\) mit der starken Umgebung von \(S\). Also enthält jede starke Umgebung von \(S\) Elemente aus \(\mathcal A\).
Schritt 3: \(\mathop{\mathrm{clos}}_{\rm s}(\mathcal A)\subseteq\mathop{\mathrm{clos}}_{\rm w}(\mathcal A)\). Dies gilt nach Definition der schwachen Operatortopologie. ◻
Eine schwach (und damit stark) abgeschlossene \(*\)-Algebra von Operatoren mit Identität wird als von-Neumann-Algebra bezeichnet.
Zum Schluß soll noch der Zusammenhang zwischen dem stetigen Funktionalkalkül und dem meßbaren Funktionalkalkül angesprochen werden. Sei dazu \(\mathcal A\) kommutative C*-Unteralgebra von \(\mathcal L(H)\), welche die Identität \(I\) enthält. Sei weiter \({\boldsymbol\mu}\) das zugeordnete Spektralmaß auf \(\sigma(\mathcal A)\).
Lemma 1.29. Sei \(f\in B(\sigma(\mathcal A))\) beschränkt und meßbar. Gilt dann \(T_f=0\), so folgt \(f=0\) \({\boldsymbol\mu}_{u,u}\)-fast überall für alle \(u\in H\).
Proof. Es gilt \(T_f=0\) genau dann, wenn \(T_f^*T_f=0\) und damit falls \(T_{|f|^2}=0\). Letzteres impliziert aber für jedes \(u\in H\) \[\int_{\sigma(\mathcal A)} |f(\zeta)|^2 \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u}(\zeta)=0\] und die Menge \(\{\zeta : f(\zeta)=0\}\) ist damit \({\boldsymbol\mu}_{u,u}\)-Nullmenge. ◻
Mit der Polarisationsformel \[4 {\boldsymbol\mu}_{u,v} = {\boldsymbol\mu}_{u+v,u+v}-{\boldsymbol\mu}_{u-v,u-v}+\mathrm i{\boldsymbol\mu}_{u+\mathrm iv,u+\mathrm iv}-\mathrm i{\boldsymbol\mu}_{u-\mathrm iv,u-\mathrm iv}\] ist damit auch klar, daß es sich um eine \({\boldsymbol\mu}_{u,v}\)-Nullmenge für alle \(u,v\in H\) handeln muss. Motiviert davon sagen wir, eine Borelmenge \(E\) auf \(\sigma(\mathcal A)\) ist eine \({\boldsymbol\mu}\)-Nullmenge, falls \({\boldsymbol\mu}(E)=0\in\mathcal L(H)\) gilt; äquivalent dazu, falls für alle \(u,v\in H\) die Menge \(E\) eine \({\boldsymbol\mu}_{u,v}\)-Nullmenge ist. Ist \(H\) separabel, so existiert darüberhinaus ein Maß, welches diese Nullmengen charakterisiert. Sei dazu \(e_n\) eine Orthonormalbasis von \(H\). Da \((u,v)\mapsto {\boldsymbol\mu}_{u,v}\) eine stetige sesquilineare Abbildung ist, ist \({\boldsymbol\mu}_{u,v}\) durch die abzählbar vielen Maße \({\boldsymbol\mu}_{e_i,e_j}\) bestimmt. Sei nun \[\nu = \sum_{i,j} 2^{-i-j} |{\boldsymbol\mu}_{e_i,e_j}|.\] Diese Reihe ist absolut konvergent (da \(\|{\boldsymbol\mu}_{e_i,e_j}\|\le1\)) und bestimmt damit ein positives Maß \(\nu\in\mathbb M(\sigma(\mathcal A))\). Nach Konstruktion sind alle \({\boldsymbol\mu}_{e_i,e_j}\) bezüglich dieses Maßes absolutstetig. Als Folgerung des Satzes von Radon–Nikodým ergibt sich
Lemma 1.30. Für jedes \(u,v\in H\) existiert eine Funktion \(k_{u,v}\in\mathrm L^1(\sigma(\mathcal A),\,\mathrm d\nu)\) mit \[\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}= k_{u,v} \,\mathrm d\nu.\]
Wir verstehen \(\mathrm L^\infty(\sigma(\mathcal A),\,\mathrm d\nu)\) als Dualraum zu \(\mathrm L^1(\sigma(\mathcal A),\,\mathrm d\nu)\) und versehen ihn mit der schwach-* Topologie. Nach Konstruktion besteht \(\mathrm L^\infty(\sigma(\mathcal A),\,\mathrm d\nu)\) gerade aus den Funktionen aus \(B(\sigma(\mathcal A))\) modulo \(\nu\)-Nullfunktionen, was wiederum nach Konstruktion gerade die \({\boldsymbol\mu}\)-Nullfunktionen sind. Die schwach-* Topologie auf \(\mathrm L^\infty(\sigma(\mathcal A),\,\mathrm d\nu)\) ist nur von der Äquivalenzklasse von \(\nu\) bezüglich gegenseitiger Absolutstetigkeit abhängig.
Satz 1.31 (von Neumann, Riesz–Sz.-Nagy). Sei \(H\) separabel und \(A\in\mathcal L(H)\) normal. Sei weiter \(\mathcal A=\overline{\mathop{\mathrm{alg}}}\{I,A,A^*\}\) die \(A\) und \(A^*\) erzeugte C*-Unteralgebra von \(\mathcal L(H)\) und \({\boldsymbol\mu}\) das zugeordnete Spektralmaß. Dann ist das meßbare Funktionalkalkül \[\label{eq:mb-f-kalk} \mathrm L^\infty(\sigma(A),\,\mathrm d\nu)\ni f\mapsto T_f\in[[\mathcal A]']'\] schwach-*–schwach stetig und bijektiv.
Proof. Wegen Lemma Lemma 1.29 besteht der Nullraum des Funktionalkalküls gerade aus den meßbaren Funktionen \(f\) mit \({\boldsymbol\mu}_{u,u}(\{ \zeta : f(\zeta)\ne 0\} )= 0\) für alle \(u\in H\). Das sind aber nach Konstruktion gerade die \(\nu\)-Nullfunktionen. Damit ist die angegebene Abbildung wohldefiniert und nach Satz Satz 1.24 (2) gilt ebenso \(T_f\in[[\mathcal A]']'\).
Weiter gilt \[\begin{aligned} {\pmb(T_{f}u,v\pmb)} = \int_{\sigma(A)} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,v}(\zeta) = \int_{\sigma(A)} f(\zeta) k_{u,v}(\zeta) \,\mathrm d\nu (\zeta) \end{aligned}\] sowie \(k_{u,v}\in \mathrm L^1(\sigma(\mathcal A),\,\mathrm d\nu)\) und das Funktionalkalkül ist stetig. Es bleibt die Surjektivität zu zeigen. Dazu nutzen wir eine Idee von F. Riesz und B. Sz.-Nagy. Für \(u\in H\) sei der \(A,A^*\)-zyklische Unterraum definiert als \[\mathfrak Z(u) = \overline{\mathop{\mathrm{span}}} \{ A^k(A^*)^\ell u\;:\; k,\ell \in\mathbb N_0\},\] wobei der Einfachheit halber \(A^0=I=(A^*)^0\) gesetzt wurde. Dann ist \(\mathfrak Z(u)\) ein \(A\)- und \(A^*\)-invarianter Unterraum, ebenso \(\mathfrak Z(u)^\perp\). Da \(H\) separabel ist, kann \(H\) als orthogonale direkte Summe solcher Unterräume geschrieben werden, wir finden also eine (möglicherweise endliche) Folge \(u_k\) mit \[H = \bigoplus_{k=1,2,...} \mathfrak Z(u_k).\] Bezeichne \(P_k\) den Orthogonalprojektor auf \(\mathfrak Z(u_k)\). Dann gilt \(I=\sum_k P_k\) sowie \(P_k\in[\mathcal A]'\). Sei nun \(B\in[[\mathcal A]']'\). Da \(P_k\) mit \(B\) kommutiert, ist jeder der Räume \(\mathfrak Z(u_k)\) unter \(B\) invariant.
Sei \(u = \sum_{k} c_k u_k\) (absolut konvergent und) mit geeignet gewählten \(c_k>0\). Dann ist \(\mathfrak Z(u)\) ebenso \(B\)-invariant und nach Konstruktion existiert eine Folge \(p_n\) von Polynomen \(p_n(\zeta,\overline\zeta)\) mit \[\label{eq:1.3.38} \| B u - p_n(A,A^*) u \| \to 0\] für \(n\to\infty\). Da damit aber \(p_n(A,A^*)u\) eine Cauchyfolge in \(H\) ist folgt \[\| (p_n(A,A^*)-p_m(A,A^*))u\|^2 = \int_{\sigma(A)} |p_n(\zeta,\overline\zeta)-p_m(\zeta,\overline\zeta)|^2\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u}(\zeta)\to 0,\qquad m,n\to\infty,\] und somit sind die \(p_n\) Cauchyfolgen in \(\mathrm L^2(\sigma(A),\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u})\). Also existiert ein \(f\in\mathrm L^2(\sigma(A),\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u})\) mit \[\int_{\sigma(A)} |f(\zeta)-p_n(\zeta,\overline\zeta)|^2 \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u}(\zeta)\to 0.\] Seien nun \(v,w\in\mathop{\mathrm{span}}\{ A^k(A^*)^\ell u\;:\; k,\ell \in\mathbb N_0\}\). Dann existieren Polynome \(q,r\in\mathbb C[X,Y]\) mit \(v=q(A,A^*)u\) und \(w=r(A,A^*)u\) und damit folgt \(\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{v,w} = q(\zeta,\overline\zeta)\overline{r(\zeta,\overline\zeta)}\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u}\) und, da \(\sigma(A)\) kompakt ist, gilt insbesondere \(f\in\mathrm L^2(\sigma(A),\,\mathrm d|{\boldsymbol\mu}_{v,w}|)\) und \(p_n\) konvergiert in all diesen Räumen gegen \(f\). Da \(\mathrm L^2(\sigma(A),\,\mathrm d|{\boldsymbol\mu}_{v,w}|)\hookrightarrow \mathrm L^1(\sigma(A),\,\mathrm d|{\boldsymbol\mu}_{v,w}|)\) stetig eingebettet ist, folgt \[\label{eq:1.3.40} {\pmb(Bv,w\pmb)} = \lim_{n\to\infty} {\pmb(p_n(A,A^*)v,w\pmb)} = \int_{\sigma(A)} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{v,w} = {\pmb(f(A)v,w\pmb)}\] für \(v,w\in\mathop{\mathrm{span}}\{ A^k(A^*)^\ell u\;:\; k,\ell \in\mathbb N_0\}\). Da \(B\) mit allen \(P_k\) kommutiert folgt für dieselbe Folge von Polynomen \[%\label{eq:1.3.38} \| B u_k - p_n(A,A^*) u_k \| = c_k^{-1} \| P_k ( B u - p_n(A,A^*) u ) \| \le c_k^{-1} \| B u - p_n(A,A^*) u \| \to 0\] und damit Konvergenz von \(p_n\) in allen \(\mathrm L^2(\sigma(A), \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u_k,u_k})\) und somit [eq:1.3.40] für alle \(v,w\in D= \mathop{\mathrm{span}}\{ A^\ell (A^*)^m u_k : \ell,m \in\mathbb N_0, k=1,2,..\}\subset H\). Nach Konstruktion ist diese Menge dicht in \(H\). Wir zeigen, daß dies sogar für alle \(v,w\in H\) gilt. Sei dazu zu \(N\in\mathbb N\) die Menge \(E_N=\{\zeta\in\sigma(A) : |f(\zeta)|\le N\}\subset\sigma(A)\) definiert. Diese ist borelmeßbar, also ist \(Q_N={\boldsymbol\mu}(E_N)\in\mathcal L(H)\) ein Orthogonalprojektor. Da \(Q_N\) mit \(A\) und \(A^*\) kommutiert, gilt \(BQ_N=Q_NB\) und ebenso mit \(f_N(\zeta)=f(\zeta)1_{E_N}(\zeta)\) auch \(p_n(\zeta,\overline\zeta) 1_{E_N}(\zeta) \to f_N(\zeta)\) in allen \(\mathrm L^2(\sigma(A),\,\mathrm d|{\boldsymbol\mu}_{v,w}|)\), \(v,w\in D\). Also gilt \[{\pmb(BQ_N v,w\pmb)} = \int_{E_N} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{v,w}(\zeta) = \int_{\sigma(A)} f_N(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{v,w}(\zeta) = {\pmb(f_N(A)v,w\pmb)},\qquad v,w\in D\] und da sowohl \(BQ_N\) als auch \(f_N(A)\) beschränkt sind, gilt dies stetig fortgesetzt für alle \(v,w\in H\). Insbesondere folgt damit (da \(Q_Nv \to v\) für \(N\to\infty\)) \[\int_{\sigma(A)} |f(\zeta)|^2 \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{v,v}(\zeta) = \lim_{N\to\infty} \int_{E_N} |f(\zeta)|^2 \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{v,v}(\zeta) = \lim_{N\to\infty} \|BQ_Nv\|^2 = \|Bv\|^2<\infty\] und damit ist \(f\) bezüglich aller Spektralmaße \({\boldsymbol\mu}_{v,w}\), \(v,w\in H\), quadratintegrierbar. Also gilt insbesondere auch mit dem Satz über majorisierte Konvergenz \[\int_{\sigma(A)} f(\zeta) d{\boldsymbol\mu}_{v,w}(\zeta) = \lim_{N\to\infty} \int_{E_N} f(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{v,w}(\zeta) = \lim_{N\to\infty} {\pmb(BQ_Nv,w\pmb)} = {\pmb(Bv,w\pmb)}\] für alle \(v,w\in H\). Sei nun \(N>\|B\|\). Angenommen, \(E=\{\zeta : |f(\zeta)|>N\}\) wäre keine \({\boldsymbol\mu}\)-Nullmenge. Dann gäbe es ein \(u\ne0\) im Bild des Projektors \({\boldsymbol\mu}(E)\). Da dann der Träger des Maßes \({\boldsymbol\mu}_{u,u}\) in \(E\) enthalten sein muß, folgt \[\| B u \|^2 = \int_{\sigma(A)} |f(\zeta)|^2 \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u}(\zeta) = \int_{E} |f(\zeta)|^2 \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u}(\zeta) \ge N^2 {\boldsymbol\mu}_{u,u}(E)=N^2 \|u\|^2\] im Widerspruch zur Wahl von \(N\). ◻
Definition 2.1. Eine lokalkompakte Gruppe ist eine Gruppe \(G\) (mit multiplikativ geschriebener Verknüpfung), die so mit einer Hausdorfftopologie versehen ist, daß
\(G\times G \ni (x,y) \mapsto xy \in G\) stetig bezüglich der Produkttopologie ist;
\(G\ni x \mapsto x^{-1}\in G\) stetig ist;
\(\{1\}\subset G\) abgeschlossen ist;
eine kompakte Umgebung \(U\subseteq G\) des Einselements \(1\) existiert.
Wir nennen \(G\) \(\sigma\)-kompakt, wenn \(G\) eine abzählbare Vereinigung kompakter Teilmengen ist.
Beispiele 2.2. Beispiele sind alle endlichdimensionalen Liegruppen. Besonders erwähnen wollen wir den \(\mathbb R^n\) als additive Gruppe, die Tori \(\mathbb T^n := \mathbb R^n / \mathbb Z^n\) sowie die Gitter \(\mathbb Z^n\). Der eindimensionale Torus \(\mathbb T\) kann ebenso als Rand der komplexen Einheitskreisscheibe mit Multiplikation aufgefaßt werden. Neben diesen kommutativen Beispielen interessieren uns später noch die Matrixgruppen \(\mathrm U(n)\subseteq\mathbb C^{n\times n}\) der unitären \(n\times n\)-Matrizen, \(\mathrm{SO}(n)\subseteq\mathbb R^{n\times n}\) der reellen orthogonalen Matrizen mit Determinante \(1\).
Beispiel 2.3. Die Gruppe \(\mathbb Z_2^\mathbb N= \prod_{n\in\mathbb N} \mathbb Z_2\) versehen mit der Produkttopologie ist eine kompakte abelsche Gruppe. Diese Gruppe wird mitunter als Cantorgruppe bezeichnet.
2.4. Sei \(G\) topologische Gruppe und sei \(f:G\to \mathbb C\) eine Funktion. Dann definiert man zu \(y\in G\) die Linkstranslation \(L_y\) und die Rechtstranslation \(R_y\) der Funktion \(f\) als \[L_yf(x) = f(y^{-1}x),\qquad\qquad R_yf(x) = f(xy).\] Dann gilt \(L_{y_1}L_{y_2}=L_{y_1y_2}\) und \(R_{y_1}R_{y_2}=R_{y_1y_2}\). Bezeichne im folgenden \(\mathrm C_b(G)\) die Menge aller beschränkten stetigen komplexwertigen Funktionen auf \(G\). Wir bezeichnen eine Funktion \(f\in\mathrm C_b(G)\) als links- (rechts-) gleichmäßig stetig , falls \[\lim_{y\to 1} \| L_y f -f \|_\infty = 0, \qquad\qquad ( \lim_{y\to 1} \| R_y f -f \|_\infty = 0 )\] gilt. Es sind nicht alle beschränkten stetigen Funktionen gleichmäßig stetig, jedoch gilt dies für Funktionen aus \[\mathrm C_c(G) = \bigcup_{K\subset G \;\text{kompakt}} \mathrm C_0(K),\qquad \mathrm C_0(K) = \{ f\in \mathrm C_b(G) : \mathop{\mathrm{supp}}f\subset K\}.\] Wir versehen \(\mathrm C_c(G)\) mit der feinsten Topologie, für die alle Einbettungen \(\mathrm C_0(K)\hookrightarrow \mathrm C_c(G)\) stetig sind.
Lemma 2.5. Sei \(f\in\mathrm C_c(G)\). Dann ist \(f\) sowohl links- als auch rechts-gleichmäßig stetig.
Proof. Wir zeigen rechts-gleichmäßige Stetigkeit. Sei dazu \(f\in\mathrm C_c(G)\) und \(\varepsilon>0\). Da \(f\) stetig ist, existiert für jedes \(x\in G\) Umgebung \(U_x\) von \(1\) mit \(|f(xy)-f(x)|<\frac12\varepsilon\) für alle \(y\in U_x\). Wir wählen eine offene Menge \(V_x\subset U_x\) so, daß \(1\in V_x\), \(V_x\) symmetrisch ist, also \(V_x^{-1}=V_x\), und \(V_xV_x\subset U_x\). Die Mengen \(xV_x\) überdecken den Träger von \(f\). Es existiert also eine endliche Teilüberdeckung indiziert durch \(x_1,\ldots,x_n\) mit \(\mathop{\mathrm{supp}}f\subset \bigcup_{j=1}^n x_j V_{x_j}\). Sei nun \(y\in\bigcap_{j=1}^n V_{x_j}\). Dann gilt \[\begin{aligned} | f(xy)-f(x) | \le |f(xy)-f(x_j) | + |f(x_j)-f(x)| < \frac12\varepsilon+\frac12\varepsilon=\varepsilon,\end{aligned}\] da zu jedem \(x\in\mathop{\mathrm{supp}}f\) ein \(x_j\) mit \(x_j^{-1}x\in V_{x_j}\) und damit auch \(xy = x_j(x_j^{-1}x)y\in x_j U_{x_j}\) existiert. ◻
2.6. Im folgenden interessieren wir uns für spezielle Radonmaße auf \(G\), also stetige Linearformen auf dem Raum \(\mathrm C_c(G)\) der stetigen Funktionen mit kompaktem Tr"ager. Ein Maß \(\nu\in\mathbb M(G)\) heißt dabei linksinvariant , falls für jede Funktion \(f\in\mathrm C_c(G)\) und jedes \(y\in G\) \[\int_G f(x) \,\mathrm d\nu(x) = \int_G f(y^{-1}x) \,\mathrm d\nu(x) = \int_G L_yf(x)\,\mathrm d\nu(x),\] gilt. Es heißt entsprechend rechtsinvariant , falls \[\int_G f(x) \,\mathrm d\nu(x) = \int_G f(xy) \,\mathrm d\nu(x)=\int_G R_yf(x)\,\mathrm d\nu(x),\] gilt. Ein positives linksinvariantes Radonmaß auf \(G\) wird als Haarmaß bezeichnet. Wichtig ist der nachfolgende Satz von Haar zur Existenz invarianter Maße. Die Gruppe \(G\) heißt unimodular , falls sie ein links- und rechtsinvariantes Haarmaß besitzt.
Satz 2.7 (Haar10). Sei \(G\) lokalkompakte Gruppe. Dann existiert ein positives linksinvariantes Radonmaß \(\nu\in\mathbb M(G)\) und dieses ist bis auf konstante Faktoren eindeutig bestimmt.
Proof. Wir skizzieren einen auf H. Cartan11 zurückgehenden Beweis, verzichten allerdings auf einige Details. Der komplette Beweis ist im Buch von Folland zu finden. Da wir ein positives Funktional auf \(\mathrm C_c(G)\) suchen, genügt es Integrale nichtnegativer Funktionen zu konstruieren. Jedes positive lineare Funktional auf \(\mathrm C_c(G)\) ist automatisch auch stetig. Bezeichne \(\mathrm C_c^+(G) = \{ f\in\mathrm C_c(G) : f\ge0\}\).
Schritt 1: Für zwei Funktionen \(f,\varphi\in \mathrm C_c^+(G)\), \(\varphi\ne0\), bezeichne \[(f:\varphi) = \inf \left\{ \sum_{k=1}^n c_k \;:\; n\in\mathbb N, \quad y_k \in G, \quad c_k>0, \quad f(x) \le \sum_{k=1}^n c_k L_{y_k} \varphi(x) \right\}\] das Infimum über alle ‘Obersummensummen’ mit Form \(\varphi\). Das Infimum ist endlich, da der Träger von \(f\) durch endlich viele Translate der offenen Menge \(\{ y \in G : \varphi(x) >\frac12 \|\varphi\|_\infty \}\) überdeckt werden kann und \(f\) beschränkt ist. Wir zeigen zuerst elementare Eigenschaften, es gilt \[\begin{aligned} (f:\varphi) &= (L_y f:\varphi),\\ (\alpha f:\varphi)& = \alpha (f:\varphi),\\ (f_1+f_2:\varphi) &\le (f_1:\varphi)+(f_2:\varphi),\\ (f_1:\varphi) &\le (f_2:\varphi)\qquad \text{f\"ur $f_1\le f_2$},\\ (f:\varphi) &\ge \|f\|_\infty / \|\varphi\|_\infty\end{aligned}\] für \(y\in G\), \(f,f_1,f_2\in\mathrm C_c^+(G)\) und \(\alpha>0\). Weiterhin gilt \((f:\varphi)\le (f:\psi)\,(\psi:\varphi)\), so daß für ein (von jetzt ab fest gewähltes) \(f_0\in \mathrm C_c^+(G)\) das Funktional \[I_\varphi(f) = \frac{(f:\varphi)}{(f_0:\varphi)}\] linksinvariant, homogen und subadditiv ist sowie \[(f_0:f)^{-1} \le I_\varphi(f) \le (f:f_0)\] erfüllt. Die Beweisidee besteht nun darin, einen Grenzwert für \(\mathop{\mathrm{supp}}\varphi\to \{1\}\) zu bilden und zu zeigen, daß das Funktional gegen ein positives linksinvariantes Funktional konvergiert.
Schritt 2: Für \(f_1,f_2\in\mathrm C_c^+(G)\) und \(\varepsilon>0\) existiert eine Umgebung \(V\) der Eins, so daß für alle \(\varphi\in C_c^+(V)\) \[I_\varphi(f_1)+I_{\varphi}(f_2) \le I_{\varphi}(f_1+f_2) + \varepsilon\] gilt.
Sei \(g\in\mathrm C_c^+(G)\) mit \(g=1\) auf \(\mathop{\mathrm{supp}}(f_1+f_2)\) und sei \(\delta>0\). Sei weiter \(h=f_1+f_2+\delta g\) und \(h_i = f_i / h\) (und \(=0\) da wo \(f_i=0\) gilt). Da \(h_i\in\mathrm C_c^+(G)\) gilt, existiert wegen Lemma Lemma 2.5 eine Umgebung \(V\) der Eins mit \(|h_i(x)-h_i(y)|<\delta\) für \(i=1,2\) und \(xy^{-1}\in V\). Gilt nun \(\mathop{\mathrm{supp}}\varphi\subset V\), so impliziert \(h\le \sum_k c_k L_{x_k}\varphi\) \[f_i(x) = h(x) h_i(x) \le \sum_k c_k \varphi(x_k^{-1} x) h_i(x) \le \sum_{k} c_k \varphi(x_k^{-1}x) (h_i(x_k)+\delta)\] und damit wegen \(h_1+h_2\le 1\) \[(f_1:\varphi) + (f_2:\varphi) \le \sum_k c_k (h_1(x_k)+h_2(x_k)+2\delta) \le \sum_k c_k (1+2\delta).\] Also folgt nach Infimumsbildung über alle zulässigen \(c_k\) \[I_\varphi(f_1)+I_\varphi(f_2) \le (1+2\delta) I_\varphi(h) \le (1+2\delta)( I_\varphi(f_1+f_2) + \delta I_\varphi(g) ).\] Wählt man nun \(\delta\) so klein, daß \(2\delta(f_1+f_2 :f_0 ) +\delta(1+2\delta) (g:f_0 )<\varepsilon\) gilt, folgt die Behauptung.
Schritt 3: Für jedes \(f\) sei \(X_f=[(f_0:f)^{-1},(f:f_0)]\subset\mathbb R_+\) und \(X\) das Produkt aller \(X_f\). Da jedes \(X_f\) ein kompaktes Intervall ist, impliziert der Satz von Tychonov, daß \(X\) kompakt ist. Die Menge \(X\) besteht also aus Funktionen von \(\mathrm C_c(G)\to(0,\infty)\) deren Werte in \(f\) im Intervall \(X_f\) liegen. Insbesondere gilt \(I_\varphi\in X\) für alle \(\varphi\in\mathrm C_c^+(G)\). Sei weiter zu jeder Umgebung \(V\) von \(1\in G\) die Menge \(K(V)=\overline{\{I_\varphi : \mathop{\mathrm{supp}}\varphi\subset V\}}\) definiert. Dann gilt für jede endliche Auswahl \(V_1,\ldots, V_n\) die endliche Durchschnittseigenschaft \[\varnothing \ne K\left(\bigcap_{j=1}^n V_j\right) \subset \bigcap_{j=1}^n K(V_j).\] Also impliziert Kompaktheit von \(X\), daß \[\bigcap_{V} K(V) \ne\varnothing.\] Sei also \(I\in\bigcap_V K(V)\). Dann impliziert Schritt 2 Linearität von \(I\) und Schritt 1 die Linksinvarianz zusammen mit der Positivität. Also ist \(I\) ein Haarmaß.
Schritt 4: Eindeutigkeit. Seien \(\lambda\) und \(\mu\) zwei Haarmaße auf \(G\). Seien weiter \(f,g\in\mathrm C_c^+(G)\). Sei weiter \(U\) eine relativ kompakte Umgebung der Eins mit \(U=U^{-1}\) und \(A=(\mathop{\mathrm{supp}}f)U\cup U(\mathop{\mathrm{supp}}f)\) sowie \(B=(\mathop{\mathrm{supp}}g)U\cup U(\mathop{\mathrm{supp}}g)\). Dann sind \(A\) und \(B\) relativ kompakt und für jedes \(y\in U\) ist \(x\mapsto f(xy)-f(yx)\) in \(A\) getragen sowie \(x\mapsto g(xy)-g(yx)\) in \(B\).
Sei nun \(\varepsilon>0\). Dann finden wir wegen Lemma Lemma 2.5 eine symmetrische Umgebung \(V\subset U\) mit \(|f(xy)-f(yx)|<\varepsilon\) und \(|g(xy)-g(yx)|<\varepsilon\) für alle \(x\) und \(y\in V\). Sei nun \(h\in \mathrm C_c^+(G)\) mit \(h(x)=h(x^{-1})\) und \(\varnothing\ne\mathop{\mathrm{supp}}h\subset V\). Dann gilt \[\begin{aligned} \int h(x)\,\mathrm d\lambda(x) \int f(y)\,\mathrm d\mu(y) = \iint h(x)f(y)\,\mathrm d\lambda(x)\,\mathrm d\mu(y) = \int h(x) \int f(xy)\,\mathrm d\mu(y) \,\mathrm d\lambda(x)\end{aligned}\] und wegen \(h(x)=h(x^{-1})\) \[\begin{aligned} \int h(y)\,\mathrm d\mu(y) \int f(x)\,\mathrm d\lambda(x) &= \iint h(x^{-1}y)\,\mathrm d\mu(y) f(x)\,\mathrm d\lambda(x) = \iint h(y^{-1}x) f(x) \,\mathrm d\mu(y)\,\mathrm d\lambda(x)\notag\\ &= \iint h(x) f(yx) \,\mathrm d\lambda(x)\,\mathrm d\mu(y)\end{aligned}\] und damit \[\begin{aligned} & \left| \int h(x)\,\mathrm d\lambda(x) \int f(y)\,\mathrm d\mu(y) - \int h(x)\,\mathrm d\mu(x) \int f(y)\,\mathrm d\lambda(y) \right|\notag\\ & \qquad\qquad= \left| \iint h(x) (f(xy)-f(yx)) \,\mathrm d\lambda(x)\,\mathrm d\mu(y)\right| = \varepsilon\mu(A)\int h\,\mathrm d\lambda\end{aligned}\] und entsprechend für \(g\) \[\begin{aligned} \left| \int h(x)\,\mathrm d\lambda(x) \int g(y)\,\mathrm d\mu(y) - \int h(x)\,\mathrm d\mu(x) \int g(y)\,\mathrm d\lambda(y) \right| = \varepsilon\mu(B)\int h\,\mathrm d\lambda.\end{aligned}\] Also folgt nach Division durch \(\int h\,\mathrm d\lambda\int f\,\mathrm d\lambda\) beziehungsweise \(\int h\,\mathrm d\lambda\int g\,\mathrm d\lambda\) und Addition \[\left| \frac{\int f\,\mathrm d\mu}{\int f\,\mathrm d\lambda} - \frac{\int g\,\mathrm d\mu}{\int g \,\mathrm d\lambda}\right| \le \left| \frac{\int f\,\mathrm d\mu}{\int f\,\mathrm d\lambda} - \frac{\int h\,\mathrm d\mu}{\int h \,\mathrm d\lambda}\right|+ \left| \frac{\int h\,\mathrm d\mu}{\int h\,\mathrm d\lambda} - \frac{\int g\,\mathrm d\mu}{\int g \,\mathrm d\lambda}\right| \le \varepsilon\left(\frac{\mu(A)}{\int f\,\mathrm d\lambda} + \frac{\mu(B)}{\int g\,\mathrm d\lambda}\right)\] und da \(\varepsilon\), \(f\) und \(g\) beliebig waren sind \(\mu\) und \(\lambda\) proportional. ◻
Beispiel 2.8. Das Lebesguemaß auf \(\mathbb R^n\) ebenso wie das Zählmaß auf \(\mathbb Z^n\) sind Beispiele für Haarmaße. Auf der Gruppe der affin-linearen Abbildungen \(x\mapsto ax+b\) auf \(\mathbb R\) ist durch \[\frac{\,\mathrm da\,\mathrm db}{a^2}\] ein linkes Haarmaß und durch \[\frac{\,\mathrm da\,\mathrm db}{|a|}\] ein rechtes Haarmaß gegeben. Für weitere Beispiele wird auf die Übung verwiesen.
2.9. Ist \(\nu\) ein linksinvariantes Haarmaß auf \(G\), so ist für jedes \(y\in G\) auch jede Rechtstranslation \[f\mapsto \int (R_yf)(x) \,\mathrm d\nu(x) = \int f(xy) \,\mathrm d\nu(x) ,\qquad f\in\mathrm C_c(G),\] linksinvariant. Wegen der Eindeutigkeit des Haarmaßes bis auf Faktoren existiert somit für jedes \(y\) eine nichtnegative Zahl \(\Delta(y)\) mit \[\int f(xy) \,\mathrm d\nu(x) = \Delta(y) \int f(x)\,\mathrm d\nu(x)\] für alle Funktionen \(f\in \mathrm C_c(G)\). Die Funktion \(x\mapsto \Delta(x)\) wird als modulare Funktion der Gruppe \(G\) bezeichnet. Sie hängt nicht von der Wahl des Maßes \(\nu\) ab. Im folgenden sei auf \(G\) ein linksinvariantes Haarmaß \(\nu\) gewählt, wir schreiben in Integralen statt \(\,\mathrm d\nu(x)\) einfach \(\,\mathrm dx\).
Lemma 2.10.
Die modulare Funktion \(\Delta\) ist ein stetiger Gruppenhomomorphismus von \(G\) in die multiplikative Gruppe \(\mathbb R_+\).
Ist \(G\) kompakt (oder abelsch), so gilt \(\Delta(x)=1\) für alle \(x\).
Für alle integrierbaren Funktionen \(f\) gilt \[\label{eq:2.1.10} \int_G f(xy) \,\mathrm dx = \Delta(y) \int_G f(x)\,\mathrm dx\] und \[\label{eq:2.1.11} \int_G f(x) \,\mathrm dx = \int_G f(x^{-1}) \Delta(x) \,\mathrm dx.\]
Proof. [1.] Für jedes \(f\in\mathrm C_c(G)\) gilt \[\Delta(yz) \int f(x)\,\mathrm dx = \int_G f(xyz) \,\mathrm dx = \Delta(y) \int_G f(xz)\,\mathrm dx = \Delta(y)\Delta(z) \int_G f(x)\,\mathrm dx\] und damit \(\Delta(yz)=\Delta(y)\Delta(z)\). Weiter ist \(\Delta\) als Verkettung stetiger Funktionen \[\Delta : y\in G \mapsto R_y f\in\mathrm C_c(G) \mapsto \int_G f(xy)\,\mathrm dx\] (für ein \(f\in\mathrm C_c^+(G)\) mit \(\int f(x)\,\mathrm dx=1\)) stetig. \(\bullet\)Da \(\Delta\) stetig ist, ist das Bild von \(G\) unter \(\Delta\) für kompaktes \(G\) auch kompakt. Allerdings ist \(\{1\}\) die einzige kompakte Untergruppe von \(\mathbb R_+\). Für abelsche Gruppen ist die Aussage trivial. \(\bullet\)Die erste Aussage ist nur die Definition der modularen Funktion \(\Delta\). Es bleibt die zweite zu zeigen. Sei dazu \(f\in\mathrm C_c(G)\) und \(y\in G\). Dann gilt unter Ausnutzung von [eq:2.1.10] \[\begin{aligned} \int_G (L_yf)(x^{-1}) \Delta(x) \,\mathrm dx &= \int_G f(y^{-1}x^{-1}) \Delta(x) \,\mathrm dx = \int_G f((xy)^{-1}) \Delta(xy) \,\mathrm dx \Delta(y^{-1}) \notag\\ &= \Delta(y) \int_G f(x^{-1}) \Delta(x) \,\mathrm dx \Delta(y^{-1}) = \int_G f(x^{-1}) \Delta(x) \,\mathrm dx\end{aligned}\] und die rechte Seite in [eq:2.1.11] bestimmt ein Haarmaß. Also existiert eine Konstante \(c>0\) mit \[\int_G f(x) \,\mathrm dx = c \int_G f(x^{-1}) \Delta(x) \,\mathrm dx.\] für alle Funktionen \(f\in\mathrm C_c(G)\). Wählt man nun speziell eine Funktion \(h\in\mathrm C_c(G)\) mit \(h(x^{-1})=h(x)\), so folgt mit \(f(x) = h(x) \sqrt{\Delta(x)}\) die Behauptung \(c=1\). ◻
Definition 2.11. Seien \(f,g\in\mathrm L^1(G)\). Dann bezeichne \[f\star g (x) = \int_G f(x y) g(y^{-1}) \,\mathrm dy = \int_G f(y) g(y^{-1}x) \,\mathrm dy\] die Faltung von \(f\) und \(g\) sowie \[f^\star(x) = \overline{f(x^{-1})} \Delta(x)\] die Involution von \(f\).
Lemma 2.12. Es gilt \[\|f\star g\|_1 \le \|f\|_1\|g\|_1\] und \[\|f^\star \|_1 = \int_G |f(x^{-1})| \Delta(x)\,\mathrm dx = \int_G |f(x)|\,\mathrm dx = \|f\|_1,\] sowie \[f^\star \star g^\star(x) = \int_G f^\star(y) g^\star(y^{-1}x) \,\mathrm dy = \int_G \overline{f(y^{-1}) g(x^{-1}y)}\,\mathrm dy \Delta(x) = (g\star f)^\star\] und \(\mathrm L^1(G)\) wird damit zu einer Banach-*-Algebra, der Gruppenalgebra von \(G\).
Definition 2.13. Sei \(G\) lokalkompakte Gruppe und \(H\) ein Hilbertraum, \(\dim H\ge1\). Eine unitäre Darstellung von \(G\) in \(H\) ist ein stark stetiger Gruppenhomomorphismus \[\pi : G \to \mathrm U(H)\] in die Gruppe \(\mathrm U(H)\) der unitären Operatoren des Hilbertraumes \(H\). Es gilt also \[\pi(xy) = \pi(x)\pi(y),\qquad \pi(x^{-1})=\pi(x)^{-1} = \pi(x)^*,\] sowie \[\mathop{\mathrm{s-lim}}_{x\to1} \pi(x) = I.\]
Beispiel 2.14. Ist \(G=\mathbb R\) die additive Gruppe der reellen Zahlen, so bezeichnet man unitäre Darstellungen von \(\mathbb R\) in \(H\) oft als unitäre Gruppen von Operatoren . Dabei handelt es sich also um stark stetige Operatorfamilien \(U(t)\) mit \(U(s+t)=U(s)U(t)\) und \(U(t)^*=U(-t)\) sowie \(\mathop{\mathrm{s-lim}}_{t\to0} U(t)=I\). Diese werden uns später nochmals begegnen. Vorerst sollen allgemeinere Gruppen für \(G\) eine Rolle spielen.
Definition 2.15. Seien \(\pi_1\) und \(\pi_2\) zwei unitäre Darstellungen in Hilberträumen \(H_1\) und \(H_2\), so bezeichne \[{\mathop{\mathrm{Com}}}(\pi_1,\pi_2) = \{ A \in \mathcal L(H_1,H_2) \;:\; A \pi_1(x) = \pi_2(x)A \quad \text{f\"ur alle $x\in G$}\}\] die Menge der Verflechtungsoperatoren der Darstellungen \(\pi_1\) und \(\pi_2\). Wir schreiben kurz \(\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)=\mathop{\mathrm{Com}}(\pi,\pi)\).
Die Menge \({\mathop{\mathrm{Com}}}(\pi)\) ist eine Unteralgebra von \(\mathcal L(H)\). Analog zu Satz Satz 1.28 folgt, daß \(\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\) schwach abgeschlossen ist und es sich damit um eine von-Neumann-Algebra handelt.
Satz 2.16 (Lemma von Schur12). Es sind äquivalent:
\(\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)=\mathbb C\).
Für jeden Vektor \(u\in H\), \(u\ne0\), gilt \[\mathfrak Z_\pi(u)= \overline{\mathop{\mathrm{span}}} \{ \pi(x) u \;:\; x\in G\} = H.\]
Eine Darstellung, für die diese Aussagen gelten, heißt irreduzibel . Existiert ein Vektor \(u\in H\) mit \(\mathfrak Z_\pi(u)=H\), so heißt die Darstellung und auch dieser Vektor zyklisch .
Proof. [2\(\to\)1] Sei \(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\), \(A\ne0\). Dann gilt auch \(A^*\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\) und somit auch \(A+A^*\in \mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\) sowie \(\mathrm i(A-A^*)\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\). Damit genügt es selbstadjungierte Operatoren aus \(\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\) zu betrachten und zu zeigen, daß diese Vielfache der Identität sind.
Sei also o.B.d.A. der Operator \(A\) selbstadjungiert. Da nach Voraussetzung \(\pi(x)\) mit \(A\) kommutiert, kommutiert insbesondere \(\pi(x)\) auch mit allen meßbaren Funktionen von \(A\) und somit auch mit \(P=1_E(A)\) für jede Borelmenge \(E\subseteq\sigma(A)\). Angenommen \(E\) ist keine Nullmenge, also \(P\ne0\).
Sei nun \(u\in H\setminus\{0\}\) im Bild von \(P\). Dann gilt wegen (2) für die zyklischen Unterräume \(H=\mathfrak Z_\pi(u) = \mathfrak Z_\pi(Pu) = \overline{P \mathfrak Z_\pi(u)} = \mathop{\mathrm{R}}(P)\). Damit ist aber \(P=I\) und da \(E\) beliebige Nichtnullmenge war \(A=cI\), \(c\in\mathbb C\).
[1\(\to 2\)] Angenommen, (2) gilt nicht. Dann existiert ein Vektor \(u\in H\setminus\{0\}\) mit \(\mathfrak Z_\pi(u)^\perp\ne\{0\}\). Also gilt \(H = \mathfrak Z_\pi(u) \oplus \mathfrak Z_\pi(u)^\perp\) als orthogonale direkte Summe zweier nichttrivialer Teilräume. Sei weiter \(A\) definiert als \(\mathfrak Z_\pi(u) \oplus \mathfrak Z_\pi(u)^\perp \ni v_1+v_2 \mapsto v_1-v_2 \in \mathfrak Z_\pi(u) \oplus \mathfrak Z_\pi(u)^\perp\). Dann gilt, da \(\pi(x)\) beide Teilräume invariant läßt \[\pi(x) A v = \pi(x) (v_1 - v_2) = \pi(x) v_1 - \pi(x) v_2 = A \pi(x) v.\] Also gilt \(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\) und somit (1) nicht. ◻
Korollar 2.17 (Lemma von Schur, II). Seien \(\pi_1,\pi_2\) irreduzible unitäre Darstellungen der Gruppe \(G\). Dann gilt entweder \(\mathop{\mathrm{Com}}(\pi_1,\pi_2)=\{0\}\) oder \(\mathop{\mathrm{Com}}(\pi_1,\pi_2)=\mathop{\mathrm{span}}\{A\}\) für ein invertierbares \(A\in\mathcal L(H_1,H_2)\).
Im zweiten Fall heißen die Darstellungen \(\pi_1\) und \(\pi_2\) äquivalent .
Proof. Sei \(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi_1,\pi_2)\). Wegen \[A\pi_1(x)= \pi_2(x)A \qquad \text{impliziert} \qquad \pi_1(x^{-1})A^*=A^*\pi_2(x^{-1})\] folgt \(A^*\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi_2,\pi_1)\). Also folgt \(A^*A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi_1)\) und \(AA^*\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi_2)\). Damit folgt aus Satz Satz 2.16, daß \(A^*A=c_1I\) und \(AA^*=c_2I\) für \(c_1,c_2\in\mathbb R_+\) gilt. Wegen \(c_1A = AA^*A = c_2A\) folgt \(c_1=c_2\). Es gibt also zwei Fälle, entweder ist \(c_1=c_2=0\) und damit \(A=0\) oder der Operator \(c_1^{-1/2} A\) ist unitär, insbesondere \(A\) invertierbar.
Seien nun \(A,B\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi_1,\pi_2)\), \(A\ne0\). Dann ist \(A^{-1}B\in \mathop{\mathrm{Com}}(\pi_1)\) und somit ein Vielfaches der Identität. Also folgt wiederum aus Satz Satz 2.16, daß \(B=cA\). Also ist \(\mathop{\mathrm{Com}}(\pi_1,\pi_2)=\mathop{\mathrm{span}}\{A\}\). ◻
Beispiel 2.18. Dieses Beispiel erklärt die Bezeichnung. Sei \(G=\mathbb Z\) die additive Gruppe der ganzen Zahlen und \(T\in\mathcal L(H)\) ein unitärer Operator. Dann ist \(\pi : k \mapsto T^k\) eine unitäre Darstellung. Die Menge \(\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\) besteht gerade aus den mit \(T\) und \(T^*\) kommutierenden Operatoren, \[\mathop{\mathrm{Com}}(\pi) = \{ A\in\mathcal L(H)\;:\; AT=TA ,\quad AT^*=T^*A\} = [\mathop{\mathrm{alg}}\{T,T^*\}]'.\] Weiter ist \(\mathfrak Z_\pi(u) =\overline{\mathop{\mathrm{span}}} \{ T^k u \;:\; k\in\mathbb Z\}\) der von \(u\) erzeugte zyklische Unterraum von \(H\). Allerdings ist die Darstellung im Allgemeinen nicht irreduzibel. Sonst würde \(T\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\) die Existenz einer Zahl \(\lambda\in\mathbb C\) mit \(T=\lambda I\) implizieren und \(\mathfrak Z_\pi(u) = \mathbb Cu\) kann nur dann gleich \(H\) sein, wenn \(\dim H=1\) gilt.
Analoges gilt für den Fall \(G=\mathbb R\) und allgemein jede abelsche Gruppe.
Beispiel 2.19. Sei nun \(H=\mathrm L^2(G)\). Dann ist \(y\mapsto L_y\) eine unitäre Darstellung. Diese wird als die linksreguläre Darstellung von \(G\) in \(\mathrm L^2(G)\) bezeichnet. Die linksreguläre Darstellung ist für nichttriviale kompakte Gruppen nicht irreduzibel, die Menge der konstanten Funktionen bildet einen invarianten Unterraum.
Satz 2.20 (zyklische Reduzibilität). Sei \(\pi\) eine unitäre Darstellung der Gruppe \(G\) in einem Hilbertraum \(H\). Dann existiert eine (nicht notwendig abzählbare) Familie von Teilräumen \(H_j\), \(j\in J\), so daß \[H = \bigoplus_{j\in J} H_j\] als orthogonale direkte Summe gilt und \(\pi\) auf jedem \(H_j\) zyklisch ist.
Proof. Wir beschränken uns zuerst auf den Fall, daß \(H\) separabel ist und geben einen konstruktiven Beweis basierend auf dem Gram–Schmidt-Verfahren. Der allgemeine Fall benötigt das Zornsche Lemma.
Sei also \(u_j\), \(j\in \mathbb N\), eine abzählbare dichte Teilmenge von \(H\) mit \(u_j\ne0\) für alle \(j\). Sei weiter \(H_0 = \mathfrak Z_\pi(u_0) = \overline{\mathop{\mathrm{span}}}\{\pi(x) u_0\;:\; x\in G\}\) der von \(u_0\) erzeugte zyklische Unterraum von \(H\). Da \(\pi\) unitär ist, gilt \(\pi(x) : H_0^\perp \to H_0^\perp\). Betrachtet man nun \(u_1\) so gilt entweder \(u_1\in H_0\) oder \(u_1\not\in H_0\). Im ersten Fall streichen wir \(u_1\) aus der Liste der \(u_j\), im zweiten sei \(\widetilde u_1 = u_1 - P_{H_0} u_1\) und \(H_1 =\mathfrak Z_\pi(\widetilde u_1)= \overline{\mathop{\mathrm{span}}}\{ \pi(X) \widetilde u_1\;:\; x\in G\}\). Dies führen wir rekursiv fort. Das Verfahren bricht entweder nach endlich vielen Schritten ab und liefert damit eine Zerlegung von \(H\) in eine endliche direkte Summe von zyklischen Unterräumen oder es bricht nicht ab und zerlegt \(H\) in eine abzählbare direkte Summe zyklischer Unterräume.
Nun der allgemeine Fall. Sei \(\mathfrak J = \{ \mathfrak Z_\pi(u) : u\in H\}\) die Menge aller abgeschlossenen zyklischen Unterräume von \(H\) und \[\mathfrak M = \{ \mathfrak m \subset \mathfrak J \;:\; \text{f\"ur $V,W\in\mathfrak m$ gilt $V=W$ oder $V\perp W$} \}\] geordnet durch Inklusion. Dann gilt offenbar \(\{\{0\}\}\in\mathfrak M\) und für jede aufsteigende Kette \(\mathfrak R\subset\mathfrak M\) gilt \(\mathfrak m\subset \bigcup_{\mathfrak r\in\mathfrak R} \mathfrak r\in\mathfrak M\) für jedes \(\mathfrak m\in\mathfrak R\). Damit existiert nach dem Lemma von Zorn ein maximales Element \(\mathfrak m\in\mathfrak M\). Für dieses gilt \[\bigoplus_{V\in\mathfrak m} V = H,\] da andernfalls \(\mathfrak m' = \mathfrak m \cup ( \bigoplus_{V\in\mathfrak m} V )^\perp\) echt größer wäre. ◻
Unitäre Darstellungen erlauben es, strukturelle Aussagen über die Banachalgebra \(\mathrm L^1(G)\) zu treffen. Sie stehen in engem Zusammenhang zu \(*\)-Homomorphismen der Gruppenalgebra in geeignete Operatoralgebren. Sei dazu \(\pi\) unitäre Darstellung und \(f\in\mathrm L^1(G)\). Dann bestimmt die Identität \[{\pmb( \pi(f) u,v\pmb)} = \int_G f(x) \, {\pmb(\pi(x)u,v\pmb)} \,\mathrm dx ,\qquad u,v\in H,\] ein eindeutiges Element \(\pi(f)\in\mathcal L(H)\). Dieses wird kurz als \[\label{eq:2.2.9} \pi(f) = \int_G f(x) \pi(x) \,\mathrm dx\] bezeichnet. Wir bezeichnen weiter einen Homomorphismus \(\pi : \mathrm L^1(G) \to \mathcal L(H)\) als nichtentartet, falls für jede Folge13 \(f_n\in\mathrm L^1(G)\) mit \(f_n\stackrel*{\rightharpoonup} \delta_1\) in \(\mathbb M_b(G) = (\mathrm C_0(G))'\) \[\mathop{\mathrm{w-lim}}_{n\to\infty} \pi(f_n)=I\] gilt. Ist \(G\) diskret und \(\delta\in\mathrm L^1(G)\) das Einselement, so impliziert dies \(\pi(\delta)=I\).
Proposition 2.21. Sei \(\pi\) eine unitäre Darstellung von \(G\). Dann definiert das Integral [eq:2.2.9] einen nichtentarteten *-Homomorphismus \(\pi \in \mathop{\mathrm{Hom}}_*(\mathrm L^1(G), \mathcal L(H))\) mit \(\|\pi(f)\|\le\|f\|_1\). Weiterhin ist jeder nichtentartete \(*\)-Homomorphismus \(\pi\) mit \(\|\pi(f)\|\le\|f\|_1\) von dieser Form.
Proof. Schritt 1: Die Abschätzung ergibt sich direkt aus \(\|\pi(x)\|\le1\) über \[|{\pmb( \pi(f) u,v\pmb)}| \le \int_G |f(x)| \, |{\pmb(\pi(x)u,v\pmb)}| \,\mathrm dx \le \int_G |f(x)|\,\mathrm dx = \|f\|_1.\] Für die weiteren Eigenschaften werden wir nur formal mit [eq:2.2.9] rechnen (was korrekt ist, da es sich um ein Bochnerintegral handelt; was aber ebenso durch Innenproduktbildung und Ausnutzung der Stetigkeit zum Vertauschen von Innenprodukt und (Riemann-)Integral nachgerechnet werden kann und sollte). Die Homomorphieeigenschaften ergeben sich zu \[\begin{gathered} \pi(f\star g) = \int_G \int_G f(y) g(y^{-1}x) \pi(x) \,\mathrm dx \\= \int_G f(y) \pi(y) \int_G g(y^{-1}x) \pi(y^{-1}x) \,\mathrm dx \,\mathrm dy = \pi(f)\pi(g)\end{gathered}\] und \[\begin{gathered} \pi(f^\star) = \int_G \overline{f(x^{-1})} \Delta(x) \pi(x) \,\mathrm dx \\=\left( \int_G f(x^{-1}) \Delta(x) \pi(x^{-1}) \,\mathrm dx\right)^* =\left( \int_G f(x) \pi(x) \,\mathrm dx\right)^* =\pi(f)^*.\end{gathered}\] Weiter ist \(\pi\) nichtentartet, da nach Definition für jede \(\delta\)-Folge \(f_n\in\mathrm L^1(G)\) mit \(f_n\stackrel*{\rightharpoonup} \delta_1\) \[\lim_{n\to\infty} {\pmb(\pi(f_n)u,v\pmb)} = \lim_{n\to\infty} \int_G f_n(x) {\pmb(\pi(x)u,v\pmb)} \,\mathrm dx = {\pmb(\pi(1)u,v\pmb)} = {\pmb(u,v\pmb)}\] gilt.
Schritt 2: Nun skizzieren wir noch den Beweis der Rückrichtung. Ist \(\pi(f)\) von der Form [eq:2.2.9], so gilt \(\pi(x) = \mathop{\mathrm{w-lim}}_{n\to\infty} \pi(f_n)\) für jede \(\delta\)-Folge \(f_n\stackrel*{\rightharpoonup} \delta_x\). Sei nun umgekehrt \(\pi\in\mathop{\mathrm{Hom}}_*(\mathrm L^1(G),\mathcal L(H))\) nichtentartet, \(g\in\mathrm L^1(G)\) und \(f_n\) wiederum eine \(\delta_x\)-Folge. Dann gilt \[f_n \star g \to L_x g\qquad \text{in $\mathrm L^1(G)$}\] und da \(\pi\) stetiger Homomorphismus ist, \[\pi(f_n)\pi(g) = \pi(f_n\star g) \to \pi(L_x g),\qquad \text{in $\mathcal L(H)$}.\] Also konvergiert auch \(\pi(f_n)\pi(g)v \to \pi(L_xg)v\) in \(H\) für jedes \(v\in H\). Weiter ist \(\|\pi(f_n)\|\le \|f_n\|_1 = \|f_n\|_{\mathbb M_b} \to 1\) beschränkt. Da \(\pi\) nichtentartet ist, ist \[D={\mathop{\mathrm{span}}}\{ \pi(g) v : g\in\mathrm L^1(G), v\in H\} \subset H\] dicht und \(\pi(f_n)\) konvergiert damit stark in \(\mathcal L(H)\). Sei nun \(\rho(x)=\mathop{\mathrm{s-lim}}_{n\to\infty} \pi(f_n)\). Dann gilt \(\|\rho(x)\|\le 1\) und man sieht leicht, daß der Grenzwert von der Wahl der \(\delta\)-Folge unabhängig ist. Da \(\pi\) nichtentartet war, gilt \(\rho(1)=I\). Weiter folgt \[\rho(xy) \pi(g) u = \pi(L_{xy}g) u = \rho(x) \pi(L_y g)u = \rho(x)\rho(y) \pi(g) u\] und damit \(\rho(xy)=\rho(x)\rho(y)\) auf \(D\) sowie \[\|u\| = \|\rho(x^{-1})\rho(x) u\| \le \|\rho(x)u\|\le\|u\|\] und \(\rho(x)\) ist unitär. Stetigkeit ergibt sich, da \(x_n\to x\) in \(G\) schon \(L_{x_n}g \to L_x g\) in \(\mathrm L^1(G)\) und damit \(\rho(x_n)\pi(g)u = \pi(L_{x_n} g)\to \pi(L_x g)u=\rho(x)\pi(g) u\) impliziert.
Es bleibt \(\pi(f)=\rho(f)\) zu zeigen. Seien dazu \(f,g\in\mathrm L^1(G)\). Dann gilt \(f\star g = \int f(y)L_y g \,\mathrm dy\) als \(\mathrm L^1\)-wertiges Integral und somit \[\pi(f)\pi(g) = \pi(f\star g) = \int_G f(y) \pi(L_y g) \,\mathrm dy = \int_G f(y) \rho(y) \pi(g) \,\mathrm dy=\rho(f) \pi(g)\] und damit insbesondere \(\rho(f)=\pi(f)\) auf \(D\) und damit auf \(H\). ◻
Zyklische Darstellungen kann man durch spezielle Funktionen auf der Gruppe \(G\) bis auf Äquivalenz klassifizieren. Es gilt
Lemma 2.22. Zwei zyklische unitäre Darstellungen \(\pi_1\) und \(\pi_2\) in Hilberträume \(H_1\) und \(H_2\) sind genau dann unitär äquivalent, wenn es normierte zyklischen Vektoren \(u_1\) und \(u_2\) gibt, so daß \({\pmb(\pi_1(x)u_1,u_1\pmb)}={\pmb(\pi_2(x)u_2,u_2\pmb)}\) für alle \(x\in G\) gilt.
Proof. [\(\Longrightarrow\)] Angenommen, es existiert ein unitärer Operator \(T\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi_1,\pi_2)\). Dann gilt wegen \(T\pi_1(x)=\pi_2(x)T\) für einen zyklischen Vektor \(u_1\) von \(\pi_1\) und mit \(u_2=Tu_1\) \[{\pmb(\pi_1(x)u_1,u_1\pmb)} = {\pmb(T\pi_1(x)u_1,Tu_1\pmb)} = {\pmb(\pi_2(x) Tu_1,Tu_1\pmb)} ={\pmb(\pi_2(x)u_2,u_2\pmb)}.\] Weiterhin ist \(u_2\) zyklisch, da \(\overline{\mathop{\mathrm{span}}}\{ \pi_2(x) u_2 : x\in G\} = \overline{\mathop{\mathrm{span}}}\{ T\pi_1(x) u_1 : x\in G\} = TH_1 = H_2\).
[\(\Longleftarrow\)] Angenommen, es gibt zyklische Vektoren \(u_1\) und \(u_2\) mit \({\pmb(\pi_1(x)u_1,u_1\pmb)}={\pmb(\pi_2(x)u_2,u_2\pmb)}\) für alle \(x\in G\). Dann gilt \[{\pmb(\pi_1(x) u_1,\pi_1(y) u_1\pmb)} = {\pmb(\pi_1(y^{-1}x) u_1,u_1\pmb)} = {\pmb(\pi_2(y^{-1}x) u_2,u_2\pmb)} = {\pmb(\pi_2(x) u_2,\pi_2(y) u_2\pmb)}\] und \(T : \pi_1(x) u_1 \mapsto \pi_2(x) u_2\) ist wohldefiniert und linear fortsetzbar zu einer Isometrie von \(\mathop{\mathrm{span}}\{\pi_1(x)u_1:x\in G\}\) auf \(\mathop{\mathrm{span}}\{\pi_2(x)u_2:x\in G\}\). Die stetige Fortsetzung liefert eine Isometrie \(T : H_1\to H_2\) mit dichtem Bild und damit eine unitäre Abbildung. ◻
Im folgenden sollen solche Funktionen genauer betrachtet werden. Vorerst eine Definition:
Definition 2.23. Eine beschränkte meßbare Funktion \(F : G \to \mathbb C\) heißt von positivem Typ , falls für alle \(f \in\mathrm L^1( G)\) \[\label{eq:2:pos-typ} \int_G\int_G f(x) F(y^{-1}x) \overline{ f(y) }\,\mathrm dx\,\mathrm dy \ge 0\] gilt. Sie heiße normiert, falls \(\|F\|_\infty = 1\). Die Menge der Funktionen positiven Typs auf \(G\) wird mit \(\mathcal P(G)\) bezeichnet.
Satz 2.24.
Sei \(\pi\) unitäre Darstellung der Gruppe \(G\) in einem Hilbertraum \(H\) und \(u\in H\) mit \(\|u\|=1\). Dann ist \[\label{eq:pos-df-F} F : x \mapsto {\pmb(\pi(x)u,u\pmb)}\] von positivem Typ, normiert und stetig.
Sei umgekehrt \(F:G\to \mathbb C\) von positivem Typ und normiert. Dann existiert ein Hilbertraum \(H\) und eine zyklische unitäre Darstellung \(\pi\) von \(G\) in \(H\) mit [eq:pos-df-F] für einen zyklischen Vektor \(u\in H\).
Proof. [1.] Sei \(\pi\) unitäre Darstellung und \(u\in H\) mit \(\|u\|=1\). Dann ist die zugeordnete Funktion \(F : x \mapsto {\pmb(\pi(x)u,u\pmb)}\) von positivem Typ. Die Funktion ist nach Konstruktion stetig, es gilt \(|F(x)|\le 1\), \(F(1)=1\), sowie für beliebiges \(f\in\mathrm L^1(G)\) \[\begin{gathered} \int_G\int_G f(x) F(y^{-1}x) \overline{ f(y) }\,\mathrm dx\,\mathrm dy \\ = \int_G\int_G f(x) {\pmb(\pi(x)u,\pi(y)u\pmb)} \overline{f(y) }\,\mathrm dx\,\mathrm dy = {\pmb(\pi(f)u,\pi(f)u\pmb)} \ge 0.\end{gathered}\] [2.] Sei \(F\) von positivem Typ und normiert. Dann definiert \[{\pmb(f,g\pmb)}_F = \int_G\int_G f(x) F(y^{-1}x) \overline{ g(y) }\,\mathrm dx\,\mathrm dy\] wegen \(| {\pmb(f,g\pmb)}_F | \le \|f\|_1 \|g\|_1\) auf \(\mathrm L^1(G)\) eine stetige Sesquilinearform, aber im allgemeinen kein Innenprodukt. Um einen Innenproduktraum zu konstruieren, betrachten wir die (abgeschlossene) Teilmenge \(N = \{f\in\mathrm L^1(G) : {\pmb(f,f\pmb)}_F=0 \}\). Diese bildet einen Unterraum, da für \(f\in N\) und beliebiges \(g\in \mathrm L^1(G)\) auf Grund der Ungleichung von Cauchy–Schwarz14 stets \(|{\pmb(f,g\pmb)}_F|^2 \le {\pmb(f,f\pmb)}_F {\pmb(g,g\pmb)}_F = 0\) folgt. Also induziert \({\pmb(\cdot,\cdot\pmb)}_F\) ein Skalarprodukt auf dem Quotientenraum \(\mathrm L^1(G)/N\) und wir definieren \(H_F\) als Vervollständigung von \(\mathrm L^1(G) / N\) bezüglich des induzierten Skalarprodukts \({\pmb(\cdot,\cdot\pmb)}_F\).
Für jedes \(f\in\mathrm L^1(G)\) gilt dann für die Linkstranslation \(L_xf(y) = f(x^{-1} y)\) \[\begin{aligned} {\pmb(L_x f,L_x f\pmb)}_F &= \int_G\int_G f(x^{-1}y) F(z^{-1}y) \overline{f(x^{-1}z)}\,\mathrm dy\,\mathrm dz\notag\\ &= \int_G\int_G f(y) F((xz)^{-1}(xy)) \overline{f(z)}\,\mathrm dy\,\mathrm dz = {\pmb(f,f\pmb)}_F\end{aligned}\] aufgrund der Linksinvarianz des Haarmaßes \(\mu\) und mit den Substitutionen \(y\mapsto xy\) sowie \(z\mapsto xz\). Damit induziert \(L_x\) auch auf dem Quotientenraum eine Darstellung, die sich zu einer unitären Darstellung von \(G\) auf \(H_F\) fortsetzen läßt. Wir bezeichnen diese als \(\rho_F : G\to\mathcal L(H_F)\).
Sei nun \(\phi_n\stackrel*{\rightharpoonup}\delta_1\) eine Approximation der Eins in \(\mathrm L^1(G)\). Dann gilt für beliebiges \(f\in\mathrm L^1(G)\) \[\begin{aligned} {\pmb(f,\phi_n\pmb)}_F &= \int_G\int_G f(x) F(y^{-1}x) \overline{\phi_n(y)} \,\mathrm dy\,\mathrm dx %\notag\\ = \int_G F(x) \int_G f(yx) \overline{\phi_n(y)} \,\mathrm dy \,\mathrm dx \notag\\ & = \int_G F(x) \int_G f(y^{-1}x) \overline{\phi_n(y^{-1})} \Delta(y^{-1}) \,\mathrm dy \,\mathrm dx \notag\\ & = \int_G F(x) \int_G f(y^{-1}x) \phi_n^\star(y) \,\mathrm dy \,\mathrm dx \notag\\ &= \int_G F(y) (\phi_n^\star \star f)(y) \,\mathrm dy= \int_G F(y) (f^\star \star \phi_n)^\star(y) \,\mathrm dy \to \int_G F(y) f(y) \,\mathrm dy. \end{aligned}\] Da \({\pmb(\phi_n,\phi_n\pmb)}_F \le \|\phi_n\|_1^2 = 1\) gilt, existiert (nach Übergang zu einer Teilfolge) der schwache Grenzwert15 \(\phi_n \rightharpoonup u\) in \(H_F\), und es gilt \[{\pmb([f],u\pmb)}_F = \int_G F(y) f(y) \,\mathrm dy,\qquad [f]\in\mathrm L^1(G)/N.\] Weiter gilt für \(f,g\in\mathrm L^1(G)\) \[{\pmb([f],\rho_F(y)u\pmb)}_F = {\pmb(\rho_F(y^{-1})[f],u\pmb)}_F = \int_G F(x) f(yx) \,\mathrm dx = \int_G F(y^{-1}x) f(x) \,\mathrm dx\] und damit \[\begin{aligned} {\pmb([f],[g]\pmb)}_F &= \int_G \int_G f(x) F(y^{-1}x) \overline{g(y)} \,\mathrm dy\,\mathrm dx = \int_G {\pmb([f],\rho_F(y)u\pmb)}_F \, \overline{g(y)} \,\mathrm dy\notag\\ &= {\pmb([f], \int_G g(y)\rho_F(y)\,\mathrm dy \,u \pmb)}_F. \end{aligned}\] Also ist \([g] =\rho_F(g)u\) für alle \(g\in\mathrm L^1(G)\). Weiter folgt aus \({\pmb([f],\rho_F(y)u\pmb)}_F=0\) für alle \(y\in G\) schon \({\pmb([f],[g]\pmb)}_F=0\) und damit die Dichtheit von \(\{ \rho_F(y)u : y\in G\}\) in \(H_F\). Also ist \(u\) zyklisch für die Darstellung \(\rho_F\) und es gilt \[\begin{aligned} \int_G {\pmb(\rho_F(y)u,u\pmb)}_F {g(y)} \,\mathrm dy &= {\pmb(\int_G \rho_F(y) g(y) \,\mathrm dy\, u,u\pmb)}_F = {\pmb(\rho_F(g) u,u\pmb)}_F\notag \\ &= {\pmb([g],u\pmb)}_F = \int_G {F(y)} { g(y)} \,\mathrm dy \end{aligned}\] und damit \(F(y) = {\pmb(\rho_F(y)u,u\pmb)}_F\) fast überall. ◻
2.25. Funktionen positiven Typs gibt es viele; das gerade gezeigte Lemma erlaubt es, daraus eine große Zahl zyklischer unitärer Darstellungen zu konstruieren. Ist \(f\in\mathrm L^2(G)\) und bezeichnet \(f^\sharp (x) = \overline{f(x^{-1})}\), dann ist \(f\star f^\sharp\) von positivem Typ. Das folgt, da wegen \[{\pmb(L_x f,f\pmb)} = \int_G f(x^{-1} y) \overline{f(y)} \,\mathrm dy = \overline{f\star f^\sharp(x)}\] die Funktion \(\overline{f\star f^\sharp}\) von positivem Typ ist und damit auch \(f\star f^\sharp\). Insbesondere liefert der letzte Satz, daß jede Funktion \(F\) von positivem Typ automatisch stetig ist und \(\|F\|_\infty = F(1)\) sowie \(F(x^{-1})=\overline{F(x)}\) erfüllt.
Lemma 2.26.
Die Menge \[\mathcal P_{\le1}(G) = \{ F\in\mathcal P(G)\; :\; F(1)\le 1 \} \subseteq \mathrm L^\infty(G)\] ist konvex und schwach-* kompakt.
Es gilt \(\mathcal P_{\le1}(G) = \mathop{\mathrm{clos}}_{w*} \mathop{\mathrm{conv}}\partial_{\mathrm{ext}} \mathcal P_{\le1}(G)\).
Ist \(F\in \partial_{\mathrm{ext}} \mathcal P_{\le1}(G)\), so ist die zugeordnete zyklische Darstellung entweder Null oder irreduzibel.
Ist \(\pi\) irreduzibel, so ist \(F(x) = {\pmb(\pi(x)u,u\pmb)}\) für jedes \(u\in H\), \(\|u\|=1\), extremal in \(\mathcal P_{\le1}(G)\).
Proof. [1.] Konvexität und schwach-*-Abgeschlossenheit folgt direkt aus [eq:2:pos-typ], schach-*-Kompaktheit folgt aus dem Satz von Alaoglu. \(\bullet\)ergibt sich aus der ersten Aussage zusammen mit dem Satz von Krein–Milman. \(\bullet\)Sei \(F\in\partial_{\rm ext} \mathcal P_{\le1}(G)\) mit \(F\ne0\). Dann gilt \(\|F\|_\infty=F(1)=1\) und \(F\) ist normiert. Sei nun \(H_F\) und \(\rho_F : G \to \mathcal L(H_F)\) definiert wie im Beweis zu Lemma Satz 2.24 (2). Angenommen \(\rho_F\) wäre reduzibel. Dann gäbe es einen nichttrivialen und \(\rho_F\)-invarianten Unterraum \(V\) von \(H_F\) mit \(H_F=V\oplus V^\perp\). Sei weiter \(u\in H_F\) der zyklische Vektor von \(\rho_F\) und \(u = v_1+v_2\) mit \(v_1\in V\setminus\{0\}\) und \(v_2\in V^\perp\setminus\{0\}\) seine Zerlegung unter der direkten Summe. Dann gilt \[F(x) = {\pmb(\rho_F(x)u,u\pmb)} = {\pmb(\rho_F(x)v_1,v_1\pmb)} + {\pmb(\rho_F(x)v_2,v_2\pmb)} = c_1 F_1(x) + c_2 F_2(x)\] mit \(F_1,F_2\in\mathcal P_{\le1}(G)\) und \(c_1=\|v_1\|^2\) sowie \(c_2=\|v_2\|^2\). Dann gilt \(c_1+c_2 = c_1F_1(1)+c_2F_2(1) = F(1) =1\). Widerspruch zu \(F\in\partial_{\rm ext}\mathcal P_{\le1}(G)\).\(\bullet\)Sei \(\pi\) irreduzibel und o.B.d.A. \(\pi=\rho_F\) auf \(H_F\) für \(F(x)={\pmb(\pi(x)u,u\pmb)}\). Angenommen, es gibt \(F_1,F_2\in\mathcal P_{\le1}(G)\) mit \(F=\frac12(F_1+F_2)\). Dann folgt für beliebiges \(f\in\mathrm L^1(G)\) \[{\pmb(f,f\pmb)}_{F_1} = 2 {\pmb(f,f\pmb)}_F - {\pmb(f,f\pmb)}_{F_2} \le 2{\pmb([f],[f]\pmb)}\] und damit \(| {\pmb(f,g\pmb)}_{F_1}| \le {\pmb(f,f\pmb)}_{F_1} ^{1/2} {\pmb(g,g\pmb)}_{F_1}^{1/2} \le 2 \|[f]\| \|[g]\|\). Also ist \({\pmb(,\pmb)}_{F_1}\) eine beschränkte Sesquilinearform auf \(H_F\) und es gibt einen beschränkten Operator \(T\) auf \(H_F\) mit \[{\pmb(f,g\pmb)}_{F_1} = {\pmb(T[f],[g]\pmb)}.\] Für diesen Operator gilt nun alle \(f,g\in\mathrm L^1(G)\) und ihre Projektionen \([f],[g]\in H_F\) \[\begin{gathered} {\pmb(T\pi(x) [f],[g]\pmb)} = {\pmb(T [L_x f],[g]\pmb)} = {\pmb(L_xf,g\pmb)}_{F_1} \\= {\pmb(f,L_{x^{-1}}g\pmb)}_{F_1} = {\pmb(T[f],\pi(x^{-1})[g]\pmb)} = {\pmb(\pi(x)T[f],[g]\pmb)}\end{gathered}\] und somit \(T\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\). Da \(\pi\) irreduzibel ist, folgt \(T=cI\) mit einem \(c\in\mathbb R\) und damit \({\pmb(f,g\pmb)}_{F_1} =c {\pmb(f,g\pmb)}\) für alle \(f,g\in\mathrm L^1(G)\). Damit gilt aber \(F_1(x)=cF(x)\) und wegen \(F_i(1)\le 1\) und \(1=F(1) = \frac12 ( F_1(1) + F_2(1) )\) auch \(F_1(1)=F_2(1)=1\), also \(c=1\) und \(F_1=F_2\). Damit ist \(F\) extremal. ◻
Wir benötigen noch ein paar elementare Eigenschaften von Funktionen positivem Typs. Bezeichne dazu im folgenden \(\mathcal P_1(G)= \{F\in \mathcal P(G) : F(1)=1\}\). Es gilt \(\partial_{\rm ext}\mathcal P_{\le1}(G) = \partial_{\rm ext}\mathcal P_1(G) \cup \{0\}\), die Menge \(\partial_{\rm ext}\mathcal P_1(G)\) beschreibt also genau die Äquivalenzklassen irreduzibler unitärer Darstellungen von \(G\).
Lemma 2.27.
Sei \(F\in \mathcal P_1(G)\). Dann gilt \(|F(x)-F(y)|^2\le 2-2\Re F(xy^{-1})\).
Sei \(K\subset G\) kompakt. Dann sind die Abbildungen \(\mathcal P_1(G) \ni F \mapsto F(x) \in \mathbb C\) gleichgradig stetig in \(x\in K\).
Für alle \(f,g\in\mathrm C_c(G)\) gilt \(f\star g \in \mathop{\mathrm{span}}(\mathrm C_c(G)\cap\mathcal P(G))\) und damit ist \(\mathop{\mathrm{span}}(\mathrm C_c(G)\cap\mathcal P(G))\) dicht in \(\mathrm C_c(G)\) und \(\mathrm L^p(G)\) für alle \(1\le p<\infty\).
Proof. [1.] Da \(F(x) = {\pmb(\pi(x)u,u\pmb)}\) für eine unitäre Darstellung \(\pi\) in einem Hilbertraum \(H\) und ein \(u\in H\) mit \(\|u\|=1\) gilt, folgt mit Cauchy-Schwarz \[\begin{aligned} | F(x) - F(y) |^2 &= | {\pmb((\pi(x)-\pi(y))u,u\pmb)} |^2 = | {\pmb(u,(\pi(x^{-1})-\pi(y^{-1}))u\pmb)} |^2\notag \\& \le \| \pi(x^{-1})u - \pi(y^{-1})u \|^2 = 2 - 2 \Re {\pmb(\pi(xy^{-1}) u,u\pmb)} \notag \\& = 2-2\Re F(xy^{-1}).\end{aligned}\] [2.] Sei \(g\in\mathrm L^1(G)\). Dann gilt \[g\star F (x) = \int_G g(xy) F(y^{-1}) \,\mathrm dy = \int_G (L_{x^{-1}}g)(y)\overline{ F(y)} \,\mathrm dy\] und \(G\ni x\mapsto L_{x^{-1}}g\in\mathrm L^1(G)\) gleichmäßig stetig auf \(K\). Also ist \(\mathcal P_1(G)\ni F \mapsto g\star F(x)\in\mathbb C\) gleichgradig stetig in \(K\).
Wir führen die Aussage auf dies zurück. Sei dazu \(F_0\in\mathcal P_1(G)\), \(x\in K\) und \(\varepsilon>0\). Dann existiert eine kompakte Umgebung \(V\) der Eins mit \(|F_0(y)-1|<\eta\) für ein noch zu bestimmendes \(\eta>0\). Somit ist \[\mathcal U_1 = \left\{ F\in\mathcal P_1(G) : \left|\int_V F(y)-F_0(y) \,\mathrm dy\right|< \eta{\boldsymbol{|}V\boldsymbol{|}} \right\}\] eine Umgebung von \(F_0\) mit \[\left|\int_V 1-F(y) \,\mathrm dy\right| < 2\eta{\boldsymbol{|}V\boldsymbol{|}}\] für alle \(F\in\mathcal U_1\) sowie \[\begin{aligned} \left|1_V \star F(x) - {\boldsymbol{|}V\boldsymbol{|}} F(x) \right| & = \left| \int_V (F(y^{-1}x)-F(x)) \,\mathrm dy \right| \le \int_V |F(y^{-1}x)-F(x)| \,\mathrm dy \notag\\ &\le \int_V (2-2\Re F(y))^{1/2} \,\mathrm dy \le \left( \int_V (2-2\Re F(y)) \,\mathrm dy\right)^{1/2} {\boldsymbol{|}V\boldsymbol{|}}^{1/2} \notag\\& \le 2 {\boldsymbol{|}V\boldsymbol{|}} \sqrt\eta \end{aligned}\] unter Ausnutzung von (1). Weiter existiert wegen der zuerste gezeigten Aussage eine Umgebung \(\mathcal U_2\) von \(F_0\) in \(\mathcal P_1(G)\) mit \(|1_V\star (F-F_0) (x) |\le \eta {\boldsymbol{|}V\boldsymbol{|}}\) für alle \(x\in K\) und alle \(F\in\mathcal U_2\). Also gilt für alle \(F\in\mathcal U_1\cap U_2\) und alle \(x\in K\) \[\begin{aligned} |F(x)-F_0(x)| &\le \frac1{{\boldsymbol{|}V\boldsymbol{|}}} \big( \big|{\boldsymbol{|}V\boldsymbol{|}} F(x) - 1_V\star F(x)\big | + \big|1_V \star (F-F_0) (x)\big| \notag\\&\qquad\qquad +\big |1_V\star F_0 (x) - {\boldsymbol{|}V\boldsymbol{|}} F_0(x)\big| \big) \le \eta+4\sqrt\eta\end{aligned}\] und mit \(\eta\) klein genug, so daß \(\eta+4\sqrt\eta<\varepsilon\) gilt, folgt die Behauptung. \(\bullet\)Alle Funktionen der Form \(f\star f^\sharp\) mit \(f\in\mathrm C_c(G)\) gehören zu \(\mathcal P(G)\). Damit enthält die lineare Hülle alle Funktionen der Form \(f\star h^\sharp\) (Polarisation) und somit insbesondere alle Faltungen \(f\star g\) mit \(f,g\in\mathrm C_c(G)\). Mit einer Approximation der Eins folgen die Dichtheitsaussagen. ◻
Korollar 2.28. Auf \(\mathcal P_1(G)\) stimmen die schwach-* Topologie und die Topologie der lokalgleichmäßigen Konvergenz (als Funktionen auf \(G\)) überein.
Satz 2.29 (Gelfand–Raikov16). Seien \(x,y\in G\) mit \(x\ne y\). Dann existiert ein Hilbertraum \(H\) und eine irreduzible unitäre Darstellung \(\pi : G \to \mathcal L(H)\) mit \(\pi(x)\ne \pi(y)\).
Proof. Ist \(x\ne y\), so existiert ein \(f\in\mathrm C_c(G)\) mit \(f(x)\ne f(y)\). Dies kann als Linearkombination von stetigen Funktionen positiven Typs gewählt werden. Damit existiert insbesondere eine Linearkombination \(g\) von Extrempunkten \(\partial_{\rm ext} \mathcal P_{\le1}(G)\) mit \(g(x)\ne g(y)\). Also muß es insbesondere auch ein \(g\in\partial_{\rm ext}\mathcal P_{\le1}(G)\) mit \(g(x)\ne g(y)\) geben. Die zugeordnete unitäre Darstellung ist irreduzibel und erfüllt \({\pmb(\rho_g(x)u,u\pmb)} = g(x) \ne g(y) ={\pmb(\rho_g(y)u,u\pmb)}\). ◻
Der Satz von Gelfand–Raikov impliziert, daß jede lokalkompakte Gruppe genug irreduzible Darstellungen besitzt, um ihre (topologische) Gruppenstruktur zu beschreiben. Er war der Ausgangspunkt für ein intensives Studium abstrakter harmonischer Analysis auf Gruppen. Wir wollen uns im folgenden auf spezielle Familien von Gruppen beschränken und für diese alle irreduziblen unitären Darstellungen klassifizieren sowie die mit ihnen verbundenen Integraltransformationen untersuchen.
Im folgenden sei \(G\) eine additiv geschriebene lokalkompakte abelsche Gruppe.
Lemma 3.1. Sei \(G\) lokalkompakte abelsche Gruppe und \(\pi : G \to \mathcal L(H)\) eine irreduzible Darstellung. Dann gilt \(\dim H = 1\).
Proof. Da \(G\) kommutativ ist, gilt für alle \(x,y\in G\) die Identität \(\pi(x)\pi(y) = \pi(y) \pi(x)\) und damit \(\pi(x) \in \mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\). Damit folgt aber \(\pi(x) \in\mathbb CI\), also \(\pi(x) =\chi_\pi(x) I\), mit Satz Satz 2.16 (1) und aus (2) damit \(\dim H = 1\). ◻
Definition 3.2. Sei \(G\) lokalkompakte abelsche Gruppe. Dann heißen die stetigen Gruppenhomomorphismen \(\chi : G \to \mathbb T\) Charaktere der Gruppe \(G\). Die Menge der Charaktere sei mit \(\widehat G\) bezeichnet.
Lemma 3.3. Die Menge \(\widehat G\) kann mit dem Spektrum \[\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathrm L^1(G),\mathbb C)\setminus\{0\}\] der Faltungsalgebra \(\mathrm L^1(G)\) identifiziert werden.
Proof. Wir gehen ähnlich zu Proposition Proposition 2.21 vor, allerdings ist die Situation eindimensional und damit einfacher. Jedem Gruppencharakter \(\chi\in\widehat G\) ordnet man die integrierte Darstellung \[\mathrm L^1(G) \ni f \mapsto \chi(f) = \int_G f(x) \chi(x) \,\mathrm dx \in\mathbb C\] zu. Diese ist ein \(*\)-Homomorphismus.
Sei umgekehrt \(\Phi\in\mathop{\mathrm{Hom}}(\mathrm L^1(G),\mathbb C)\setminus\{0\}\). Dann existiert ein \(\varphi\in\mathrm L^\infty(G)=(\mathrm L^1(G))'\) mit \[\Phi(f) = \int_G \varphi(x) f(x) \,\mathrm dx,\qquad f\in\mathrm L^1(G).\] Sei \(f\in\mathrm L^1(G)\) mit \(\Phi(f)\ne0\). Dann gilt für jedes \(g\in\mathrm L^1(G)\) \[\begin{gathered} \Phi(f) \int_G \varphi(y) g(y) \,\mathrm dy = \Phi(f) \Phi(g) = \Phi(f * g) \\ = \int_G\int_G \varphi(x) f(x-y) g(y) \,\mathrm dy \,\mathrm dx =\int_G \Phi(L_y f) g(y)\,\mathrm dy \end{gathered}\] und somit \(\varphi(y) = \Phi(L_y f) / \Phi(f)\) fast überall. Wir können damit \(\varphi(y)\) stetig wählen. Darüberhinaus folgt \[\varphi(x+y) \Phi(f) = \Phi(L_{x+y} f) = \Phi(L_xL_y f) = \varphi(x)\varphi(y) \Phi(f)\] und damit \(\varphi(x+y)=\varphi(x)\varphi(y)\). Da nach Lemma Lemma 1.12 (in der Fassung für Algebren ohne Eins, siehe Übung) \(\|\varphi\|_\infty=\|\Phi\|\le 1\) gilt und \((\varphi(x))^{-1}=\varphi(-x)\) gilt folgt \(|\varphi(x)|=1\) und \(\varphi\) ist ein Gruppencharakter. ◻
Korollar 3.4 (Duale Gruppe). Die Menge \(\widehat G\) wird durch punktweise Multiplikation \[(\chi_1 \chi_2) (x) = \chi_1(x)\chi_2(x)\] zu einer abelschen Gruppe. Versehen mit der Topologie der lokalgleichmäßigen Konvergenz ist diese lokalkompakt.
Proof. Die Gruppeneigenschaften sind klar, inverse Elemente sind durch \(\chi^{-1}(x) = \chi(-x)=\overline{\chi(x)}\) gegeben. Weiter bestimmt jeder Charakter eine unitäre Darstellung \(\chi(x) : z\mapsto \chi(x)z\) auf \(\mathbb C\) und \(\chi(x)\) ist die zugeordnete Funktion positiven Typs auf \(G\). Also entspricht \(\widehat G\) der Menge \(\partial_{\rm ext}\mathcal P_1(G)\) und ist damit lokalkompakt bezüglich der schwach-* Topologie auf \(\mathrm L^\infty(G)\). Die Topologie der schwach-*-Konvergenz stimmt auf \(\mathcal P_1(G)\) mit der Topologie der lokalgleichmäßigen Konvergenz überein. ◻
Beispiele 3.5. Die Gruppe \(\widehat G\) wird als Dual von \(G\) bezeichnet. Wichtige Beispiele sind
\(\mathbb R/\mathbb Z\) besitzt das Dual \(\mathbb Z\), wobei die Charaktere durch \[\mathbb R/\mathbb Z\ni t \mapsto \mathrm e^{2\pi\mathrm ik t}\in \mathbb T,\qquad k\in \mathbb Z\] gegeben sind.
\(\mathbb Z\) besitzt das Dual \(\mathbb R/\mathbb Z\) mit den Charakteren \[\mathbb Z\ni k \mapsto \mathrm e^{2\pi\mathrm ik t}\in\mathbb T,\qquad t\in \mathbb R/\mathbb Z.\]
\(\mathbb R^n\) besitzt das Dual \(\mathbb R^n\) mit den Charakteren \[\label{eq:3:char} \mathbb R^n \ni x \mapsto \mathrm e^{2\pi\mathrm ix\cdot \xi}\in\mathbb T,\qquad \xi\in \mathbb R^n.\]
Eine diskrete Untergruppe des \(\mathbb R^n\), welche ganz \(\mathbb R^n\) aufspannt, wird als Gitter bezeichnet. Für jedes Gitter \(\Lambda \subseteq \mathbb R^n\) beschreibt das duale Gitter \(\Lambda^\circ\), \[\Lambda^\circ = \{ \xi\in\mathbb R^n \;:\; \forall_{x\in\Lambda }\quad x\cdot\xi\in\mathbb Z\}\] das Dual zu \(\mathbb R^n/\Lambda\). Die Charaktere sind durch [eq:3:char] gegeben.
Die Charaktere der Cantorgruppe \(G=\{0,1\}^{\mathbb N}\) sind gerade durch die Walshfunktionen \[W_\omega((\alpha_n)) = \prod_{k\in\omega} (-1)^{\alpha_k}\] parametrisiert durch die endlichen Teilmengen \(\omega\subset\mathbb N\), \(\#\omega<\aleph_0\), gegeben.
Sei \(\mathbb Q_p\) der Körper der \(p\)-adischen Zahlen zu einer gegebenen Primzahl \(p\), also die Vervollständigung von \(\mathbb Q\) bezüglich der \(p\)-adischen Norm \[|r|_p = p^{-a},\qquad \text{falls}\;\; r = p^a \frac mn,\qquad m,n\in\mathbb Z,\;\mathrm{ggT}(m,p)=\mathrm{ggT}(n,p)=1.\] Mit der induzierten Topologie ist \(\mathbb Q_p\) lokalkompakter metrischer Raum. Wir betrachten nur die additive Gruppe. Elemente von \(\mathbb Q_p\) können als \(p\)-adische Zahlen \[x = \sum_{k=-N}^\infty a_k p^k,\qquad a_k\in \mathbb Z/p\mathbb Z\] mit Ziffern \(a_k\in \mathbb Z_{(p)}\) und einem Anfangsindex \(N\in\mathbb N\) geschrieben werden. Für \(N=0\) spricht man von ganzen \(p\)-adischen Zahlen, die Menge der ganzen \(p\)-adischen Zahlen sei mit \(\mathbb Z_p\) bezeichnet. Sie ist eine kompakte Teilmenge von \(\mathbb Q_p\).
Ein Charakter von \(\mathbb Q_p\) ist durch \[\chi(x) = \chi\left(\sum_{k=-N}^\infty a_k p^k\right) = \exp\left(2\pi\mathrm i\sum_{k=-N}^{-1} a_kp^k\right)\] gegeben. Dieser bestimmt alle anderen Gruppencharaktere (siehe Übung). Sie sind von der Form \[\chi_y : \mathbb Q_p\to\mathbb T,\qquad \chi_y(x) = \chi(xy)\] für ein \(y\in\mathbb Q_p\) und es gilt mit dieser Identifikation \(\widehat {\mathbb Q_p}=\mathbb Q_p\).
Auf kompakten Gruppen wird das Haarmaß so normalisiert, daß \({\boldsymbol{|}G\boldsymbol{|}}=1\) gilt.
Proposition 3.6. Sei \(G\) kompakte abelsche Gruppe. Dann ist \(\widehat G\) diskret und die Charaktere bilden eine Orthonormalbasis des \(\mathrm L^2(G)\).
Proof. Da \(G\) kompakt ist, sind beschränkte Funktionen quadratintegrierbar. Für \(\chi\in\widehat G\) gilt \[\|\chi\|_2^2 = \int_G |\chi(x)|^2 \,\mathrm dx = {\boldsymbol{|}G\boldsymbol{|}} = 1\] sowie für alle \(\chi_1,\chi_2\in\widehat G\) mit \(\chi_1\ne\chi_2\) existiert ein \(x_0\in G\) mit \(\chi_1(x_0)\ne \chi_2(x_0)\) \[\begin{aligned} {\pmb(\chi_1,\chi_2\pmb)} &= \int_G \frac{\chi_1(x)}{\chi_2(x)}\,\mathrm dx = \frac{ \chi_1(x_0)}{ \chi_2(x_0) } \int_G \frac{ \chi_1(x-x_0)}{ \chi_2(x-x_0)}\,\mathrm dx \notag\\ &= \frac{ \chi_1(x_0)}{ \chi_2(x_0) } \int_G \frac{ \chi_1(x)}{ \chi_2(x)}\,\mathrm dx = \frac{ \chi_1(x_0)}{ \chi_2(x_0) } {\pmb(\chi_1,\chi_2\pmb)} \end{aligned}\] und damit \({\pmb(\chi_1,\chi_2\pmb)}=0\). Also bilden die Charaktere ein Orthonormalsystem. Da die Charaktere nach dem Satz von Gelfand–Raikov (Satz Satz 2.29) punktetrennend auf \(G\) und als Gruppe unter Multiplikation abgeschlossen sind, ist \(\mathop{\mathrm{span}}\widehat G \subset \mathrm C(G)\) nach dem Satz von Stone–Weierstraß dicht. Da ebenso \(\mathrm C(G)\) dicht in \(\mathrm L^2(G)\) ist, bilden die Charaktere eine Orthonormalbasis.
Da die Einbettung \(\widehat G \hookrightarrow \mathrm L^2(G)\) stetig ist, muß \(\widehat G\) diskret sein. ◻
3.7. Sei nun \(\pi : G \to \mathcal L(H)\) eine unitäre Darstellung der lokalkompakten abelschen Gruppe \(G\). Betrachten wir nun \[\mathcal A_\pi = \overline{\mathop{\mathrm{span}}} \{ \pi(f) \;:\; f\in\mathrm L^1(G) \} \subset \mathcal L(H)\] so ist \(\mathcal A_\pi\) eine kommutative C*-Unteralgebra mit Eins. Damit kann der Spektralsatz Satz 1.26 angewandt werden. Es existiert also ein Spektralmaß \({\boldsymbol\nu}\) auf \(\sigma(\mathcal A_\pi)\), so daß jedes Element \(T\in\mathcal A_\pi\) durch das Integral \[T = \int_{\sigma(\mathcal A_\pi)} \widehat T(\zeta) \,\mathrm d{\boldsymbol\nu}(\zeta)\] über die Gelfandtransformation der Algebra \(\mathcal A_\pi\) dargestellt ist. Um diese Formel richtig zu interpretieren, benötigen wir eine Charakterisierung des Spektrums der Algebra \(\mathcal A_\pi\). Da \(\pi : \mathrm L^1(G) \to \mathcal L(H)\) ein stetiger \(*\)-Homomorphismus ist (Proposition Proposition 2.21) induziert er eine injektive stetige Abbildung \(\pi^* : \sigma(\mathcal A_\pi) \ni\Phi \mapsto \Phi\circ\pi \in \sigma(\mathrm L^1(G))\). Diese bildet das Spektralmaß \({\boldsymbol\nu}\) auf das Spektralmaß \({\boldsymbol\mu}= \pi^* {\boldsymbol\nu}\) auf \(\sigma(\mathrm L^1(G))\) ab. Nach Lemma Lemma 3.3 gilt \(\sigma(\mathrm L^1(G)) = \widehat G\) und die Gelfandtransformierte von \(f\) ist gerade \(\chi(f)\). Also folgt \[\pi(f) = \int_{\widehat G} \chi(f) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\chi),\qquad f\in\mathrm L^1(G).\] Weiter folgt in Analogie zu Proposition Proposition 2.21 \[\begin{aligned} \pi(x) &= \mathop{\mathrm{s-lim}}\pi(L_x f_n) = \mathop{\mathrm{s-lim}}\int_{\widehat G} \chi(L_x f_n) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\chi) = \mathop{\mathrm{s-lim}}\int_{\widehat G} \chi(x) \chi(f_n) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\chi) \\& = \int_{\widehat G} \chi(x) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\chi) \end{aligned}\] für eine Approximation der Eins \(f_n\) und mittels majorisierter Konvergenz17. Also folgt
Satz 3.8 (Spektralsatz für unitäre Darstellungen). Sei \(\pi : G \to \mathcal L(H)\) eine unitäre Darstellung der lokalkompakten abelschen Gruppe \(G\). Dann existiert ein Spektralmaß \({\boldsymbol\mu}\) auf dem Dual \(\widehat G\), so daß \[\pi(x) = \int_{\widehat G} \chi(x) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\chi).\label{eq:3.2.1}\] Umgekehrt bestimmt jedes Spektralmaß auf \(\widehat G\) auf diese Weise eine unitäre Darstellung von \(G\).
Proof. Es bleibt die Umkehrung zu beweisen. Sei also \({\boldsymbol\mu}\) ein Spektralmaß auf \(\widehat G\) und \(\pi(x)\) durch [eq:3.2.1] definiert. Dann ist \(\pi(0) = \int\,\mathrm d{\boldsymbol\mu} = I\) und das meßbare Funktionalkalkül liefert \[\pi(x+y) = \int_{\widehat G} \chi(x+y) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\chi) = \int_{\widehat G} \chi(x)\chi(y) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\chi) =\pi(x)\pi(y)\] und \[\pi(-x) = \int_{\widehat G} \chi(-x) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\chi) = \int_{\widehat G} \overline{\chi(x)} \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\chi) =\pi(x)^*\] und damit die \(*\)-Homomorphie. Weiter ist \(x\mapsto \pi(x)\) nach dem Satz über die majorisierte Konvergenz schwach stetig. Zusammen mit der Darstellungseigenschaft folgt damit aus \[\| (\pi(x) - \pi(y) ) u\|^2 = {\pmb((\pi(x) - \pi(y) )u,(\pi(x)-\pi(y)) u\pmb)} = 2 - 2 \Re {\pmb(\pi(x-y) u,u\pmb)}\] für \(u\in H\), \(\|u\|=1\), die starke Stetigkeit. ◻
Eine Folgerung ist hervorzuheben. Speziell für den Fall \(G=\mathbb R\) erhält man den Satz von Stone. Dieser charakterisiert stark stetige Gruppen unitärer Operatoren beziehungsweise in einer äquivalenten Fassung (unbeschränkte) selbstadjungierte Operatoren. Wir geben zwei Fassungen, die zweite kann als Spezialfall der ersten aufgefaßt werden.
Korollar 3.9 (Satz von Stone). Sei \(U : \mathbb R\to \mathcal L(H)\) eine stark stetige Gruppe unitärer Operatoren. Dann existiert ein Spektralmaß \({\boldsymbol\mu}\) auf \(\mathbb R\), so daß für alle \(t\in\mathbb R\) \[U(t) = \int_\mathbb R\mathrm e^{2\pi\mathrm it\omega} \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\omega)\label{eq:3.2.2}\] gilt. Umgekehrt bestimmt jedes Spektralmaß auf \(\mathbb R\) durch [eq:3.2.2] eine stark stetige Gruppe unitärer Operatoren.
Korollar 3.10 (Diskreter Satz von Stone). Sei \(U : \mathbb R/\mathbb Z\to \mathcal L(H)\) eine periodische stark stetige Gruppe unitärer Operatoren. Dann existiert eine Familie von Orthogonalprojektoren \(P_k\in\mathcal L(H)\) mit \(P_k^2=P_k=P_k^*\) für alle \(k\) und \(P_kP_\ell=0\) für \(k\ne \ell\), so daß für alle \(t\in\mathbb R/\mathbb Z\) \[U(t) = \sum_{k\in\mathbb Z} \mathrm e^{2\pi\mathrm ik t} P_k.\]
Eine weitere unmittelbare Folgerung von Satz Satz 3.8 ist die nachfolgende Charakterisierung von Funktionen positiven Typs.
Satz 3.11 (Satz von Bochner18). Sei \(G\) lokalkompakt und abelsch. Dann sind die folgenden beiden Aussagen äquivalent:
\(F \in \mathcal P(G)\).
Es gibt ein beschränktes positives Maß \(\mu\in\mathbb M_+(\widehat G)\) auf dem Dual \(\widehat G\) mit \[\label{eq:3.2.10} F(x) = \int_{\widehat G} \chi(x) \,\mathrm d\mu(\chi).\]
Das Maß \(\mu\) ist dabei eindeutig bestimmt.
Proof. Ist \(F=0\) oder \(\mu=0\), so ist die Aussage trivial. Damit kann man o.B.d.A. annehmen, daß \(F\) bzw. \(\mu\) normiert sind. [\(1\Rightarrow2\)] Jedem \(F\in\mathcal P_1(G)\) entspricht nach Lemma Satz 2.24 eine zyklische unitäre Darstellung \(\rho_F\) auf einem Hilbertraum \(H_F\) mit zyklischem Vektor \(u\in H_F\). Damit folgt mit Satz Satz 3.8 die Existenz eines Spektralmaßes \({\boldsymbol\mu}\) auf \(\widehat G\) \[F(x) = {\pmb(\rho_F(x) u,u\pmb)} = \int_{\widehat G} \chi(x) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{u,u}(\chi)\] und mit \(\mu={\boldsymbol\mu}_{u,u}\) folgt die Behauptung.\(\bullet\)Sei \(f\in\mathrm L^1(G)\). Dann gilt \[\begin{aligned} \int_G\int_G f(x) F(x-y) \overline{f(y)}\,\mathrm dx\,\mathrm dy &= \int_G\int_G\int_{\widehat G} f(x)\chi(x-y) \overline{f(y)} \,\mathrm d\mu(\chi) \,\mathrm dx\,\mathrm dy\notag\\ &= \int_{\widehat G} \left( \int_G f(x)\chi(x) \,\mathrm dx \right)\left(\int_G\overline{f(y)\chi(y)} \,\mathrm dy \right)\,\mathrm d\mu(\chi)\notag\\ &= \int_{\widehat G} |\chi(f)|^2 \,\mathrm d\mu(\chi) \ge 0\end{aligned}\] unter Ausnutzung des Satzes von Fubini. Zusammen mit \(F(1)=\mu(G) = 1\) erhält man damit \(F\in\mathcal P_1(G)\). \(\bullet\)Eindeutigkeit: Angenommen, zwei Maße \(\mu\) und \(\nu\) erfüllen [eq:3.2.10], \[\int_{\widehat G} \chi(x) \,\mathrm d\mu(\chi) = \int_{\widehat G} \chi(x) \,\mathrm d\nu(\chi).\] Dann folgt und nach Multiplikation mit einem \(f\in\mathrm L^1(G)\) und Integration \[\int_{\widehat G} \chi(f) \,\mathrm d\mu(\chi) = \int_{\widehat G} \chi(f) \,\mathrm d\nu(\chi).\] Nach Lemma Lemma 3.3 ist \(\chi(f)\) aber gerade die Gelfandtransformierte von \(f\in\mathrm L^1(G)\). Das Bild von \(\mathrm L^1(G)\) unter der Gelfandtransformation ist dicht in \(\mathrm C_0(G)\) (da \(*\)-Homomorphimus, Korollar Korollar 1.19) und damit folgt \(\mu=\nu\). ◻
Beispiel 3.12. Als Spezialfall für \(G=\mathbb Z\) ergibt sich der Satz von Caratheodory19–Toeplitz (vergleiche Übung). Zu gegebenen komplexen Zahlen \((c_k)_{k\in\mathbb Z}\) existiert genau dann ein positives Maß \(\mu\) auf \(\mathbb T\) mit \[c_n =\int_\mathbb Tz^n\,\mathrm d\mu(z),\] wenn alle Toeplitzmatrizen \[T_N = \begin{pmatrix} c_0 & c_1 & c_2 & \cdots & c_{N} \\ c_{-1} & c_0 & c_1 & \cdots & c_{N-1}\\ c_{-2} & c_{-1} & c_0 & \cdots & c_{N-2} \\ \vdots & \vdots &\vdots & \ddots & \vdots \\ c_{-N} & c_{1-N} & c_{2-N} &\cdots& c_0 \end{pmatrix}\] selbstadjungiert und positiv semidefinit sind.
Beispiel 3.13. Speziell für \(G=\mathbb R\) impliziert der Satz von Bochner, daß es genau dann ein positives Maß \(\mu\in\mathbb M_+(\mathbb R)\) mit \[f(t) = \int_{-\infty}^\infty \mathrm e^{2\pi\mathrm it\omega} \,\mathrm d\mu(\omega)\] gibt, wenn \(f\) eine Funktion positiven Typs ist, also \[\sum_{k=1}^N \sum_{\ell=1}^N f(t_k-t_\ell) \alpha_k \overline{\alpha_\ell} \ge 0\] für alle \(N\) und beliebige Punkte \(t_1,\ldots, t_N\in\mathbb R\) und Gewichte \(\alpha_1,\ldots,\alpha_N\in\mathbb C\) gilt.
3.14. Wir wollen im folgenden eine etwas symmetrischere Notation nutzen und bezeichnen Charaktere mit \(\xi\). Für jedes \(\xi\in \widehat G\) ist die Auswertung \(\xi \mapsto \xi(x)\) ein Gruppencharakter auf \(\widehat G\). Mit dem Satz von Gelfand–Raikov ergibt sich damit eine Einbettung von \(G\) in sein doppeltes Dual. Weiter nutzen wir für \(x\in G\) und \(\xi\in\widehat G\) die symmetrischere Schreibweise20 \[\mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} = \xi(x) = x(\xi).\] Dabei sei \(\langle\xi,x\rangle\) stetig in beiden Komponenten und erfülle \(\langle\xi,0\rangle=0\). Schreibt man \(\widehat G\) ebenso additiv, so ist \(\langle\xi,x\rangle\) in beiden Komponenten additiv, \[\langle \xi_1+\xi_2,x_1+x_2\rangle = \langle\xi_1,x_1+x_2\rangle + \langle\xi_2,x_1+x_2\rangle = \langle\xi_1,x_1\rangle + \langle \xi_1,x_2\rangle + \langle\xi_2,x_1\rangle + \langle\xi_2,x_2\rangle\] und damit \(\mathbb Z\)-bilinear. Jedem \(f\in\mathrm L^1(G)\) kann man durch \[\label{eq:3:FT} \widehat f(\xi) = \int_G f(x) \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} \,\mathrm dx\] eine Funktion \(\widehat f\) auf \(\widehat G\) zuordnen. Da die Transformation eine Gelfandtransformation ist, folgt \(\widehat f\in\mathrm C_0(\widehat G)\) und das Bild von \(\mathrm L^1(G)\) ist eine dichte Teilmenge von \(\mathrm C_0(\widehat G)\). Zusammengefaßt gilt
Proposition 3.1. Die Fouriertransformation \(\mathrm L^1(G) \ni f\mapsto \widehat f \in \mathrm C_0(\widehat G)\) ist linear und beschränkt, hat ein dichtes Bild und erfüllt den Faltungssatz \(\widehat{f*g}(\xi) = \widehat f(\xi) \widehat g(\xi)\) sowie \(\widehat{f^*}(\xi) = \overline{\widehat f(\xi)}\) für \(f^*(x) = \overline{f(-x)}\).
Im folgenden wollen wir uns mit der Inversion der Fouriertransformation beschäftigen.
Ist \(f\in\mathcal P(G)\), so existiert nach dem Satz von Bochner ein positives Maß \(\mu_f\in\mathbb M_+(\widehat G)\) mit \[f(x) = \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} \,\mathrm d\mu_f(\xi).\] Es gibt genügend Funktionen positiven Typs in \(\mathrm L^1(G)\) und es stellt sich somit die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Funktion \(\widehat f\) und dem Maß \(\mu_f\) auf \(\widehat G\). Weiterhin sei \(\widehat G\) mit einem Haarmaß \(\,\mathrm d\xi\) versehen.
Lemma 3.15 (Fouriersche Inversionsformel). Sei \(f\in\mathrm L^1(G)\cap\mathcal P(G)\) von positivem Typ und bezeichne \(\widehat f\) die durch [eq:3:FT] gegebene Fouriertransformation . Sei weiter \(\mu_f\) das durch den Satz von Bochner gegebene Darstellungsmaß für \(f\). Dann gilt \[\,\mathrm d\mu_f(\xi) = c \widehat f(\xi)\,\mathrm d\xi % \qquad\qquad \left( \text{also}\quad f(x) = c \int_{\widehat G} \e^{2\pi\i \langle\xi,x\rangle} \widehat f(\xi) \d\xi \right)\] mit einer von \(f\) unabhängigen Konstanten \(c\).
Proof. Wir zeigen dies in zwei Schritten.
Schritt 1: Sei zuerst \(f,g\in\mathrm L^1(G)\cap\mathcal P(G)\). Dann gilt \(\widehat f(\xi) \,\mathrm d\mu_g(\xi)=\widehat g(\xi)\,\mathrm d\mu_f(\xi)\). Sei dazu \(h\in\mathrm L^1(G)\) beliebig. Dann gilt mit Fubini \[\int_{\widehat G} \widehat h(\xi) \,\mathrm d\mu_f(\xi) = \int_{\widehat G} \int_G h(x) \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\langle \xi,x\rangle} \,\mathrm dx\,\mathrm d\mu_f(\xi) = \int_G h(x) {f(-x)}\,\mathrm dx = h*f(0)\] und somit wegen der Kommutativität und Assoziativität der Faltung \[\int_{\widehat G} \widehat h(\xi)\widehat g(\xi)\,\mathrm d\mu_f(\xi) = (h*g)*f(0) = (h*f)*g(0) = \int_{\widehat G} \widehat h(\xi)\widehat f(\xi)\,\mathrm d\mu_g(\xi) .\] Da das Fourierbild von \(\mathrm L^1(G)\) dicht in \(\mathrm C_0(\widehat G)\) ist, folgt \(\widehat f(\xi) \,\mathrm d\mu_g(\xi)=\widehat g(\xi)\,\mathrm d\mu_f(\xi)\).
Schritt 2: Angenommen, \(\widehat f(\xi)\ne0\) und \(\widehat g(\xi)\ne0\). Dann folgt aus Schritt 1, daß \[\frac{\,\mathrm d\mu_f(\xi)}{\widehat f(\xi)} = \frac{\,\mathrm d\mu_g(\xi)}{\widehat g(\xi)}\] und damit unabhängig von der Wahl von \(f\) und \(g\) ist. Sei dieses Maß mit \(\,\mathrm d\rho(\xi)\) bezeichnet. Es genügt zu zeigen, daß \(\,\mathrm d\rho\) invariant ist. Dies folgt aber wegen \[\begin{aligned} \int_{\widehat G} (L_\eta h)(\xi)\,\mathrm d\rho(\xi) &= \int_{\widehat G} \frac{h(\xi-\eta)}{\widehat f(\xi)} \,\mathrm d\mu_f(\xi) = \int_{\widehat G} \frac{h(\xi)}{\widehat f(\xi+\eta)} \,\mathrm d\mu_f(\xi+\eta) \notag\\& = \int_{\widehat G} \frac{h(\xi)}{\widehat{M_\eta f}(\xi)} \,\mathrm d\mu_f(\xi+\eta) = \int_{\widehat G} \frac{h(\xi)}{\widehat {M_\eta f}(\xi)} \,\mathrm d\mu_{M_\eta f}(\xi) \notag\\&= \int_G h(\xi)\,\mathrm d\rho(\xi)\end{aligned}\] für \(h\in\mathrm C_c(\widehat G)\) und einem geeignet gewählten \(f\) mit \(\widehat f(\xi)>0\) in einer Umgebung von \(\mathop{\mathrm{supp}}h\) und unter Ausnutzung der Notation \(M_\eta f(x) = \exp(-2\pi\mathrm i\langle\eta,x\rangle) f(x)\), für die \[\mu_{M_\eta f}(\xi) = \mu_f(\xi+\eta)\qquad\text{ und }\qquad\widehat{M_\eta f}(\xi) =\widehat f(\xi+\eta).\]
Hilfsaussage: Zu jedem Kompaktum \(K\subset\widehat G\) existiert ein \(f\in \mathcal P(G)\cap \mathrm C_c(G)\) mit \(\widehat f(\xi)>0\) auf \(K\). Dazu sei \(\xi\in\widehat G\) beliebig. Dann existiert ein \(h\in\mathrm C_c(G)\) mit \(\widehat h(\xi)\ne0\). Dann ist aber \(f=h*h^*\) von positivem Typ und es gilt \(\widehat f(\xi) = |\widehat h(\xi)|^2>0\). Da \(\widehat h\) stetig ist, existiert also eine Umgebung von \(\xi\) mit \(\widehat f>0\) auf dieser Umgebung. Wählt man nun zu jedem \(\xi\in K\) eine solche Funktion, so liefert dies eine Überdeckung von \(K\) mit einer entsprechenden endlichen Teilüberdeckung. Die Summe der endlich vielen der Teilüberdeckung zugeordneten Funktionen erfüllt das gewünschte. ◻
Wir normieren das Haarmaß auf \(\widehat G\) im folgenden so, daß \(c=1\) gilt und nennen \(\,\mathrm d\xi\) das zu \(\,\mathrm dx\) duale Haarmaß.
3.16. Um aus dem gerade gezeigten Lemma eine nutzbare Inversionsformel zu machen, führen wir noch einige Bezeichnungen ein. Zuerst sei \[\mathcal B^\infty(G) = \mathop{\mathrm{span}}\mathcal P(G) = \left\{ x\mapsto \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} \,\mathrm d\mu(\xi) \;\bigg|\; \mu\in\mathbb M_b(\widehat G) \right\}\] die komplex-lineare Hülle von \(\mathcal P(G)\); nach dem Satz von Bochner entspricht dies gerade den angegebenen Integralen für komplexe beschränkte Maße auf \(\widehat G\). Weiter ist \(\mathcal B^\infty(G)\) schwach-* abgeschlossen in \(\mathrm L^\infty(G)\), besteht aus stetigen Funktionen und ist vollständig bezüglich lokalgleichmäßiger Konvergenz. Bezeichne nun \(\mathcal B^1(G) = \mathrm L^1(G)\cap \mathcal B^\infty(G)\), so ergibt sich aus Lemma Lemma 3.15 \[f(x) = \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} \widehat f(\xi) \,\mathrm d\xi\] für alle \(f\in\mathcal B^1(G)\) und punktweise für (fast) alle \(x\in G\).
Satz 3.17 (Plancherel). Die Fouriertransformation \(f\mapsto \widehat f\) setzt sich von \(\mathrm L^1(G)\cap \mathrm L^2(G)\) stetig zu einer unitären Abbildung \(\mathrm L^2(G) \to \mathrm L^2(\widehat G)\) fort.
Proof. Sei \(f\in \mathrm L^1(G)\cap\mathrm L^2(G)\). Dann ist \(f*f^*\in\mathrm L^1(G)\cap\mathcal P(G)\) und damit folgt \[\int_G |f(x)|^2 \,\mathrm dx = (f*f^*)(0) = \int_{\widehat G} \widehat{f*f^*}(\xi)\,\mathrm d\xi = \int_{\widehat G} |\widehat f(\xi)|^2 \,\mathrm d\xi\] und \(\|f\|=\|\widehat f\|\). Da \(\mathrm L^1(G)\cap\mathrm L^2(G)\) dicht in \(\mathrm L^2(G)\) ist, kann die Fouriertransformation stetig zu einer Isometrie fortgesetzt werden. Es bleibt zu zeigen, daß die Fortsetzung ein dichtes Bild besitzt. Sei dazu \(h\in\mathrm L^2(\widehat G)\) so gewählt, daß \(h\perp \widehat f\) für alle \(f\in\mathrm L^1(G)\cap\mathrm L^2(G)\). Damit folgt aber insbesondere für jedes \(y\in G\) \[\int_{\widehat G} \widehat{(L_y f)}(\xi) \overline{h(\xi)} \,\mathrm d\xi = \int_{\widehat G} \widehat{f}(\xi) \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\langle \xi,y\rangle} \overline{h(\xi)} \,\mathrm d\xi = 0.\] Nun ist aber \(\widehat{f} \overline{h} \in\mathrm L^1(\widehat G)\) und damit \(\widehat{f}(\xi) \overline{h(\xi)} \,\mathrm d\xi\) ein Maß. Also liefert die Eindeutigkeitsaussage des Satzes von Bochner (die ohne Postivität des Maßes gilt!), daß dieses Maß das Nullmaß sein muß. Damit gilt \(\widehat{f}(\xi) \overline{h(\xi)}=0\) fast überall und, da \(f\) beliebig war, folgt \(h=0\). ◻
Beispiele 3.18. Der Satz von Plancherel definiert die Fouriertransformation auf \(\mathrm L^2(G)\) (als stetige Fortsetzung) und liefert Identitäten sowie Inversionsformeln. Die bekantesten sind nachfolgend aufgelistet.
Die Fouriertransformation auf dem \(\mathbb R^n\) und ihre Inverse sind durch \[\widehat f(\xi) = \int_{\mathbb R^n} \mathrm e^{-2\pi\mathrm ix\cdot\xi} f(x)\,\mathrm dx,\qquad f(x) = \int_{\mathbb R^n} \widehat f(\xi) \mathrm e^{2\pi\mathrm ix\cdot\xi} \,\mathrm d\xi\] gegeben und erfüllen \[\int_{\mathbb R^n} |f(x)|^2 \,\mathrm dx = \int_{\mathbb R^n} |\widehat f(\xi)|^2 \,\mathrm d\xi.\] Das duale Maß zum Lebesguemaß ist wiederum das Lebesguemaß. Um das zu sehen genügt es, eine Funktion und ihre Fouriertransformierte zu kennen. Gewöhnlich nutzt man dazu den Gaußkern \[f(x) = \mathrm e^{-\pi x^2} \qquad \text{mit}\qquad \widehat f(\xi) = \mathrm e^{-\pi\xi^2}.\]
Die Dualität zwischen \(\mathbb R/\mathbb Z\) und \(\mathbb Z\) liefert gerade die Theorie der Fourierreihen. Die Fouriertransformation entspricht den Euler–Fourier-Formeln \[\widehat f(k) = \int_0^1 f(t) \mathrm e^{-2\pi\mathrm ik t} \,\mathrm dt,\qquad f(t) = \sum_{k\in\mathbb Z} \widehat f(k) \mathrm e^{2\pi\mathrm ikt}\] und dem Satz von Plancherel entspricht die Parsevalidentität
\[\int_0^1 |f(t)|^2 \,\mathrm dt = \sum_{k\in\mathbb Z} |\widehat f(k)|^2.\] Da das Haarmaß auf der kompakten Gruppe \(\mathbb R/\mathbb Z\) normiert ist, ist das dazu duale Maß gerade das Zählmaß. Das folgt aus Proposition Proposition 3.6.
Der Dualtität zwischen \(\mathbb T\) und \(\mathbb Z\) entspricht die Zuordnung der Laurentreihen, \[f(z) = \sum_{k\in\mathbb Z} \alpha_k z^k,\qquad \alpha_k = \frac1{2\pi\mathrm i} \int_\mathbb Tf(z) z^{-k-1} \,\mathrm dz,\] und die zugeordnete Parsevalidentität ist \[\int_\mathbb T|f(z)|^2 \frac{\,\mathrm dz}{2\pi\mathrm iz} = \sum_{k\in\mathbb Z} |\alpha_k|^2.\]
Fourierreihen im Höherdimensionalen versteht man am besten über Gitter \(\Lambda\subset\mathbb R^n\) und deren Duale \(\Lambda^\circ = \{\xi\in\mathbb R^n : \forall_{x\in\Lambda} \; x\cdot\xi \in \mathbb Z\}\). Die Fouriertransformation entspricht dabei \[\begin{aligned} \widehat f(\xi) &= \frac1{c_\Lambda} \int_{\mathbb R^n/\Lambda} f(x) \mathrm e^{-2\pi\mathrm ix\cdot\xi} \,\mathrm dx, \qquad \xi \in \Lambda^\circ,\\ f(x) &= \sum_{\xi\in\Lambda^\circ} \widehat f(\xi) \mathrm e^{2\pi\mathrm ix\cdot\xi},\qquad x\in \mathbb R^n/\Lambda,\end{aligned}\] und die zugeordnete Parsevalidentität ist \[\int_{\mathbb R^n/\Lambda} |f(x)|^2 \,\mathrm dx = c_\Lambda \sum_{\xi\in\Lambda^\circ} |\widehat f(\xi)|^2.\] Dabei sei \(c_\Lambda\) das Volumen einer Translationszelle des Gitters \(\Lambda\).
Auf der Cantorgruppe \(\{0,1\}^\mathbb N\) und mit der Definition der Walshfunktionen aus Beispiel Beispiele 3.5 gilt \[\int_G |f(x)|^2 \,\mathrm dx = \sum_{\omega\subset\mathbb N, \;\#\omega<\aleph_0} \left| \int_G f(x) W_\omega(x) \,\mathrm dx\right|^2.\]
Auf \(\mathbb Q_p\) und mit der Identifikation von \(\widehat {\mathbb Q_p}=\mathbb Q_p\) gilt für die Fouriertransformation \[\widehat f(y) = \int_{\mathbb Q_p} f(x) \chi(-xy) \,\mathrm dx\] und damit ebenfalls die Plancherelidentität \[\int_{\mathbb Q_p} |f(x)|^2 \,\mathrm dx= \int_{\mathbb Q_p} |\widehat f(y)|^2\,\mathrm dy .\] Das Haarmaß auf \(\mathbb Q_p\) ist dabei so normiert, daß \({\mathbb Z_p}\) das Maß \(1\) besitzt. Weiter ist die charakteristische Funktion der Menge \(\mathbb Z_p\) ihre eigene Fouriertransformierte (Übung).
Beispiel 3.19. Mit der Plancherelidentität kann man die Spektralzerlegung der Translationsdarstellung \(L_x\) auf \(\mathrm L^2(G)\) berechnen. Es gilt \[{\pmb(L_x f,g\pmb)} = {\pmb(\mathrm e^{-2\pi\mathrm i\langle\cdot,x\rangle}\widehat f,\widehat g\pmb)} = \int_{\widehat G} \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} \widehat f(\xi)\overline{ \widehat g(\xi)}\,\mathrm d\xi\] für \(f,g\in \mathrm L^2(G)\). Damit ist das \(L_x\) zugeordnete Spektralmaß gerade durch \[\,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{f,g} (\xi) =\widehat f(-\xi)\overline{ \widehat g(-\xi)}\,\mathrm d\xi\] gegeben.
Lemma 3.20. Das Fourierbild von \(\mathcal B^1(G)\) ist dicht in \(\mathrm L^p(\widehat G)\), \(1\le p<\infty\).
Proof. Seien \(\phi,\psi\in\mathrm C_c(\widehat G)\) und sei \[f(x) = \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} \phi(\xi) \,\mathrm d\xi, \qquad g(x) = \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} \psi(\xi) \,\mathrm d\xi,\] sowie \[h(x) = \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} (\phi*\psi)(\xi) \,\mathrm d\xi.\] Dann gilt \(f,g,h\in\mathcal B^\infty(G)\) und für beliebiges \(k\in\mathrm L^1(G)\cap\mathrm L^2(G)\) \[\left| \int_G f(x) \overline{k(x)} \,\mathrm dx \right| = \left| \int_G\int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} \phi(\xi)\overline{k(x)}\,\mathrm d\xi\,\mathrm dx\right| = |{\pmb(\phi,\widehat k\pmb)}| \le \|\phi\|_2\|k\|_2\] und somit gilt \(f\in\mathrm L^2(G)\). Analog folgt \(g\in\mathrm L^2(G)\) und da \(h(x)=f(x)g(x)\) gilt folgt auch \(h\in\mathrm L^1(G)\). Nach Konstruktion gilt also \(h\in\mathcal B^1(G)\) und \(\widehat h=\phi*\psi\). Weiter ist die Menge der Funktionen \(\phi*\psi\) dicht in \(\mathrm L^p(G)\) für alle \(1\le p<\infty\). ◻
3.21. Die Plancherelidentität angewandt auf \(G\) und \(\widehat G\) liefert \[\mathrm L^2(G) \simeq \mathrm L^2(\widehat G) \simeq \mathrm L^2(\widehat{\widehat {G\,}}).\] Zusammen mit der Einbettung \(G\subseteq \widehat{\widehat {G\,}}\) und der Tatsache, daß die daraus resultierenden Einbettung mit dem isometrischen Isomorphismus der äußeren \(L^2\)-Räume zusammenfällt, ergibt sich, daß das Komplement von \(G\) im doppelten Dual eine Nullmenge sein muß. Es gilt sogar noch mehr, beide Gruppen stimmen als Mengen und als topologische Räume überein:
Proof. Der Satz von Gelfand–Raikov liefert eine Einbettung von \(G\) in \(\widehat{\widehat {G\,}}\). In einem ersten Schritt zeigt man, daß diese ein Homöomorphismus ist.
Schritt 1. Sei \(x_n\in G\) eine Folge23 und \(x\in G\). Dann sind die folgenden Aussagen
\(x_n\to x\) in \(G\);
\(f(x_n)\to f(x)\) für alle \(f\in\mathcal B^1(G)\);
\(\int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x_n\rangle} \widehat f(\xi)\,\mathrm d\xi \to \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} \widehat f(\xi)\,\mathrm d\xi\) für alle \(f\in\mathcal B^1(G)\);
\(x_n\to x\) in \(\widehat{\widehat{G\,}}\);
äquivalent.
Dabei impliziert (i) offenbar direkt (ii). Gilt (i) nicht, so existiert eine Umgebung \(U\) von \(x\), so daß unendlich viele der \(x_n\) nicht in \(U\) liegen. Nach Lemma Lemma 2.27 (3) existiert weiterhin ein \(f\in\mathop{\mathrm{span}}\mathcal P(G)\) mit Träger in \(U\) und \(f(x)\ne0\). Also folgt \(0=f(x_n)\not\to f(x)\ne0\) und damit die Negation von (ii). Aussage (iii) ist eine Umformulierung von (ii) mit Lemma Lemma 3.15. Weiterhin ist das Fourierbild von \(\mathcal B^1(G)\) dicht in \(\mathrm L^1(\widehat G)\). Da die Charaktere alle betragsmäßig gleich \(1\) sind, impliziert (iii) \(\int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x_n\rangle} g(\xi)\,\mathrm d\xi \to \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} g(\xi)\,\mathrm d\xi\) für alle \(g\in\mathrm L^1(\widehat G)\) und somit die schwach-*-Konvergenz der Charaktere auf \(\widehat G\). Das bedeutet aber gerade \(x_n\to x\) in \(\widehat{\widehat{G\,}}\) und somit (iv). Die Implikation von (iv) nach (iii) ist wiederum klar.
Schritt 2. Nach Schritt 1 ist das Bild von \(G\) eine lokalkompakte Untergruppe. Wir zeigen, daß jede solche abgeschlossen ist. Nach Voraussetzung existiert eine Umgebung \(U\) des neutralen Elements, so daß der Abschluß von \(U\cap G\) in \(G\) kompakt ist. Dieser ist dann aber auch in der Gruppe \(\widehat{\widehat{G\,}}\) kompakt (und abgeschlossen). Angenommen, \(x\in \widehat{\widehat{G\,}}\) liegt im Abschluß von \(G\). Dann existiert \(x_n\in G\) mit \(x_n\to x\) in \(\widehat{\widehat{ G\,}}\). Sei \(V\) eine symmetrische Umgebung der Eins mit \(V+V\subset U\). Dann folgt \((V-x)\cap G\ne\varnothing\). Also existiert \(y\in (V-x)\cap G\). Da \(x_n\) irgendwann zu \(x+V\) gehört, folgt \(y+x_n\in (V-x)+(x+V)\subset U\). Wegen \(y+x_n\in G\) und \(y+x_n\to y+x\) folgt \(y+x\in \mathop{\mathrm{clos}}(U\cap G)\) und somit \(x\in G\).
Schritt 3. Da das Bild von \(G\) bei der Einbettung in \(\widehat {\widehat {G\,}}\) abgeschlossen ist, ist das Komplement offen. Wäre das Komplement nichtleer, so gäbe es ein \(h\in \mathcal B^1(\widehat G)\) mit \(\widehat h=\phi*\psi\ne0\) und \(\mathop{\mathrm{supp}}\widehat h\cap G=\varnothing\). Aber dann folgt für alle \(x\in G\) \[0 = \widehat h(-x) = \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} h(\xi)\,\mathrm d\xi\] und mit der Eindeutigkeitsaussage des Satzes von Bochner \(h=0\) auf \(\widehat G\) und daraus \(\widehat h=0\) Widerspruch zur Wahl von \(\phi,\psi\). ◻
Korollar 3.23 (Fouriersche Inversionsformel II). Angenommen \(f\in\mathrm L^1(G)\) erfüllt \(\widehat f \in\mathrm L^1(\widehat G)\). Dann gilt \[f(x) = \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle}\widehat f(\xi) \,\mathrm d\xi\] für fast alle \(x\in G\) (alle \(x\in G\), falls \(f\) stetig ist).
Proof. Da \[\widehat f(\xi) = \int_G \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} f(x)\,\mathrm dx= \int_G \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} f(-x)\,\mathrm dx\] gilt, folgt \(\widehat f\in\mathcal B^1(\widehat G)\) und \(\,\mathrm d\mu_{\widehat f}(x) = f(-x) \,\mathrm dx\). Also folgt \(f(-x) = \widehat{\widehat {f\,}}(x)\) fast überall. ◻
Im folgenden sollen Operatoren betrachtet werden, welche zusätzliche Symmetrie besitzen. Das einfachste Beispiel sind translationsinvariante Operatoren auf dem \(\mathbb R^n\). Bei diesen handelt es sich stets um Faltungen und sie werden durch die Fouriertransformation diagonalisiert. Das geht auch allgemeiner:
Lemma 3.24. Sei \(A: \mathrm L^2(G)\to\mathrm L^2(G)\) beschränkt und gelte für alle \(x\in G\) die Kommutatoridentität \(A L_x = L_x A\). Dann existiert ein \(a\in\mathrm L^\infty(G)\) mit \[A f(x) = \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle \xi,x\rangle} a(\xi) \widehat f(\xi) \,\mathrm d\xi\] und \(\|a\|_\infty = \|A\|\).
Proof. Da \(AL_x=L_xA\) gilt, folgt insbesondere für beliebige \(f,g\in\mathrm C_c(G)\) \[(Af)*g= A \int_{G} (L_y f) g(y)\,\mathrm dy=A (f*g) = A \int_{G} f(y) (L_y g) \,\mathrm dy = f*(Ag)\] und damit für die Fouriertransformierten \(\widehat{Af}(\xi) \widehat g(\xi) = \widehat f(\xi) \widehat{Ag}(\xi)\). Also ist für alle \(\xi\) mit \(\widehat f(\xi)\ne0\) und \(\widehat g(\xi)\ne0\) \[\frac{\widehat {Af}(\xi)}{\widehat f(\xi)} = \frac{\widehat {Ag}(\xi)}{\widehat g(\xi)} = a(\xi)\] und insbesondere unabhängig von \(f\) und \(g\). Damit existiert eine meßbare Funktion \(a\) mit \[A f(x) = \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle \xi,x\rangle} a(\xi) \widehat f(\xi) \,\mathrm d\xi.\] Weiter folgt aus Plancherel \(\|a\|_\infty = \|A\|\). ◻
3.25. Wir wollen diese Aussage als Ausgangspunkt nehmen und allgemeiner Verflechtungsoperatoren zwischen unitären Darstellungen lokalkompakter abelscher Gruppen charakterisieren. Sei dazu \(\pi : G \to \mathcal L(H)\) eine unitäre Darstellung. Dann gilt mit Satz Satz 3.8 \[\label{eq:3.2PiF} \pi(x) = \int_{\widehat G} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\langle\xi,x\rangle} \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\xi)\] für ein Spektralmaß \({\boldsymbol\mu}\) auf \(\widehat G\). Weiter gilt für die integrierte Darstellung zu \(f\in\mathrm L^1(G)\) \[\label{eq:3.3PiF} \pi(f) = \int_{\widehat G} \widehat f(-\xi) \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\xi).\] Die Elemente von \(\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\) sind durch das Spektralmaß charakterisierbar.
Lemma 3.26. Sei \(\pi : G \to \mathcal L(H)\) eine unitäre Darstellung der lokalkompakten Gruppe \(G\) und \({\boldsymbol\mu}\) ihr zugeordnetes Spektralmaß. Dann sind äquivalent
\(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\)
Für jede Funktion \(f\in\mathrm L^1(G)\) gilt \(\pi(f)A=A\pi(f)\).
Für jede Borelmenge \(E\subseteq\widehat G\) gilt \({\boldsymbol\mu}(E)A=A{\boldsymbol\mu}(E)\).
Proof. [1\(\Rightarrow\)2] Sei \(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\). Dann folgt für alle \(f\in\mathrm L^1(G)\) schon \(A\pi(f)=\pi(f)A\). \(\bullet\)folgt analog zu Satz Satz 1.24(1) wegen [eq:3.3PiF]. \(\bullet\)folgt aus dem meßbaren Funktionalkalkül zusammen mit [eq:3.2PiF]. ◻
Korollar 3.27. Sei \(G\) kompakt, \(\pi: G\to\mathcal L(H)\) eine unitäre Darstellung und gelte \(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\). Dann zerfällt \(A\) in die direkte Summe \[A =\sum_{\xi\in\widehat G} A_\xi,\qquad\qquad A_\xi : H_\xi \to H_\xi,\] für \(H_\xi = {\boldsymbol\mu}(\{\xi\}) H\) und \(A_\xi = A{\boldsymbol\mu}(\{\xi\})\), \(\xi\in\widehat G\).
Beispiel 3.28. Wir betrachten eine spezielle (aber wichtige) Anwendung. Sei \(H=\mathrm L^2(\mathbb R^2)\) und \(G=\mathbb T\). Weiter sei \(R_\theta\) die Rotation des \(\mathbb R^2\) um den Winkel \(\theta\in\mathbb T\) und \(\rho(\theta) f(x) = f(R_\theta^{-1} x)\). Ist nun \(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\rho)\) ein unter Rotationen invarianter Operator auf \(\mathrm L^2(\mathbb R)\). Dann gilt \[\mathrm L^2(\mathbb R^2) = \bigoplus_{k\in\mathbb Z} V_k,\qquad\qquad A = \sum_{k\in\mathbb Z} A_k\qquad\text{f\"ur $A_k : V_k\to V_k$},\] wobei die Unterräume \(V_k\) gerade duch \[V_k = \{ f\in\mathrm L^2(\mathbb R^2) : \tilde f(r,\varphi) = h(r)\mathrm e^{2\pi\mathrm ik \varphi} \} \simeq \mathrm L^2(\mathbb R_+, r\,\mathrm dr)\] für \(\tilde f(r,\varphi) = f(r\cos\varphi,r\sin\varphi)\) gegeben sind.
3.29. Lemma Lemma 3.26 gilt auch für Verflechtungsoperatoren verschiedener Darstellungen. Sind \(\pi_1: G\to\mathcal L(H_1)\) und \(\pi_2 : G\to\mathcal L(H_2)\) unitäre Darstellungen mit zugehörigen Spektralmaßen \({\boldsymbol\mu}\) und \({\boldsymbol\nu}\) auf \(\widehat G\). Dann gilt \(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi_1,\pi_2)\) genau dann, wenn \[A{\boldsymbol\mu}(E) = {\boldsymbol\nu}(E) A\] für alle Borelmengen \(E\subset\widehat G\) gilt. Der Beweis erfolgt analog.
3.30. Ist \(\widehat G\) nichtdiskret, so muß zuerst die Struktur des Spektralmaßes genauer untersucht werden. Wir beschränken uns auf den Fall, daß der Hilbertraum \(H\) separabel ist. Weiter sei für jede Kardinalzahl \({n}\) der Folgenraum \(\ell^2({n})\) definiert. Dieser entspricht für endliches \({n}\) dem Raum \(\mathbb C^n=\ell^2(n)\) und für \({n}=\aleph_0\) dem Folgenraum \(\ell^2\). Weiter bezeichne für einen gegebenen Maßraum \((\Sigma,\mathcal B(\Sigma),\nu)\) \[\mathrm L^2(\Sigma,\,\mathrm d\nu ; \ell^2({n})) = \left\{ f : \Sigma \to \ell^2({n})\;\bigg| \; \int_\Sigma \|f(\xi)\|^2_{\ell^2({n})} \,\mathrm d\nu(\xi) < \infty \right\} = \bigoplus_{0\le k<{n}} \mathrm L^2(\Sigma,\,\mathrm d\nu).\] Dann gilt
Satz 3.31 (kanonisches Modell). Sei \(H\) separabel und \({\boldsymbol\mu}\) ein auf einem lokalkompakten Hausdorffraum \(\Sigma\) definiertes reguläres Spektralmaß. Dann existiert ein Wahrscheinlichkeitsmaß \(\nu\) auf \(\Sigma\), eine (modulo Nullfunktionen eindeutig bestimmte) meßbare Funktion \[\mathfrak m : \Sigma \to \{{n} : {n}\le\aleph_0\}=\mathbb N_0\cup\{\aleph_0\}\] (die Vielfachheit des Spektrums im Punkt \(\xi\)) und ein eindeutig bestimmter Isomorphismus \[H \simeq \bigoplus_{{n}\le\aleph_0} \mathrm L^2(\Sigma_{n}, \,\mathrm d\nu; \ell^2(n)) ,\qquad \Sigma_{n} = \{\xi\in\Sigma : \mathfrak m(\xi) ={n}\},%\quad H_{n}= \ell^2({n}),\] so daß für jede Borelmenge \(E\subset\Sigma\) der Spektralprojektor \({\boldsymbol\mu}(E)\) durch die Multiplikation mit der charakteristischen Funktion \(1_{E\cap \Sigma_n}\) auf jeder Komponente gegeben ist.
Proof. Der Beweis beruht auf dem Satz von Hellinger24–Hahn. Dieser liefert die Existenz einer Hellinger–Hahn-Folge \(v_k\in H\), \(k=0,1,\ldots\) für \({\boldsymbol\mu}\), d.h. mit dieser Folge gilt \[H = \bigoplus_{k} \mathfrak Z(v_k),\qquad \mathfrak Z(v_k) = \overline{\mathop{\mathrm{span}}} \{ T_f v_k : f\in B(\Sigma) \}\simeq \mathrm L^2(\Sigma, \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{v_k,v_k}),\] sowie \[{\boldsymbol\mu}_{v_k,v_k}\ll {\boldsymbol\mu}_{v_{k-1},v_{k-1}},\qquad k=1,2....\] Die Hellinger–Hahn-Folge ist bis auf gegenseitige Absolutstetigkeit dieser Maße eindeutig bestimmt. Sei nun \(\rho_k(\xi)\) die Dichtefunktion von \({\boldsymbol\mu}_{v_k,v_k}\) bezüglich \({\boldsymbol\mu}_{v_{k-1},v_{k-1}}\), \[\widetilde \rho_k(\xi) = \prod_{j=1}^k \rho_j(\xi)\] also die Dichtefunktion von \({\boldsymbol\mu}_{v_k,v_k}\) bezüglich des dominanten Maßes \(\nu:={\boldsymbol\mu}_{v_0,v_0}\). Sei weiter \[\mathfrak m(\xi) = \min \{ k : \widetilde\rho_k(\xi) = 0 \} \qquad \text{ (oder $\mathfrak m(\xi)=\aleph_0$ wenn $\widetilde \rho_k(\xi)\ne0$ f\"ur alle $k$) }\] und \(\Sigma_n = \{ \xi\in\Sigma : \mathfrak m(\xi)=n \}\). Dann sind die Mengen \(\Sigma_n\) meßbar und disjunkt. Weiter kann ohne Einschränkung angenommen werden, daß keine dieser Mengen eine \(\nu\)-Nullmenge ist. Weiter gilt \[\mathfrak Z(v_k) \simeq \mathrm L^2(\Sigma, \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{v_k,v_k})\simeq \mathrm L^2(\Sigma, \mathrm{sign}(\widetilde\rho_k(\xi))\,\mathrm d\nu),\] der letzte Isomorphismus ist durch \[\mathrm L^2(\Sigma, \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}_{v_k,v_k})\ni f \mapsto \sqrt{\widetilde\rho_k(\xi)} f(\xi) \in \mathrm L^2(\Sigma, \mathrm{sign}(\widetilde\rho_k(\xi))\,\mathrm d\nu),\] gegeben. Da nun \(H=\bigoplus_k \mathfrak Z(v_k)\) gilt, folgt \[H = \bigoplus_k \mathfrak Z(v_k) = \bigoplus_{n\le\aleph_0} \bigoplus_{k\le n} \mathrm L^2(\Sigma_n,\,\mathrm d\nu) = \bigoplus_{n\le\aleph_0} \mathrm L^2(\Sigma_n,\,\mathrm d\nu; \ell^2(n)).\] Nach Konstruktion ist der Spektralprojektor \({\boldsymbol\mu}(E)\) gerade die Multiplikation mit der charakteristischen Funktion der Menge \(E\subset\Sigma\). ◻
Das gerade konstruierte Modell des Hilbertraums \(H\) ist durch das gegebene Spektralmaß eindeutig bestimmt. Wir werden uns im folgenden den Hilbertraum immer durch dieses kanonsiche Modell gegeben denken. Verflechtungsoperatoren zerfallen in Operatoren auf \(\mathrm L^2(\Sigma_n,\,\mathrm d\nu;\ell^2(n))\) für die einzelnen Mengen \(\Sigma_n\) und diese wiederum in Multiplikationen mit \(\mathcal L(\ell^2(n))\)-wertigen Funktionen. Für letztere benötigen wir noch eine Definition.
Definition 3.32. Sei \((\Sigma,\mathcal B(\Sigma),\nu)\) ein Maßraum, \(H\) ein Hilbertraum und \(a:\Sigma \to \mathcal L(H)\) eine Funktion. Dann heißt \(a\) schwach meßbar , falls für alle Paare \(u,v\in H\) \[\Sigma\ni \xi \mapsto {\pmb(a(\xi)u,v\pmb)}\] eine \(\mathcal B(\Sigma)\)-\(\mathcal B(\mathbb C)\)-meßbare Funktion ist.
Weiterhin ist eine Funktion \(f : \Sigma \to H\) für einen separablen Hilbertraum \(H\) genau dann \(\mathcal B(\Sigma)\)-\(\mathcal B(H)\)-meßbar, wenn sie stark meßbar ist, also wenn eine Folge \(f_N\) borelmeßarer Funktionen mit endlichem Wertebereich existiert und \(f_N(\xi)\to f(\xi)\) in \(H\) fast überall gilt; und letzteres genau dann, wenn sie schwach meßbar ist, also wenn für alle \(v\in H\) \[\Sigma\ni\xi \mapsto {\pmb(f(\xi),v\pmb)}\] \(\mathcal B(\Sigma)\)-\(\mathcal B(\mathbb C)\)-meßbar ist. Für einen Beweis nutzt man die Darstellung \(f(\xi) = \sum_k {\pmb(f(\xi),\mathrm e_k\pmb)} \mathrm e_k\). Ist \(f\) meßbar, dann ist die skalare Funktion \(\xi\mapsto {\pmb(f(\xi),\mathrm e_k\pmb)}\) ebenfalls meßbar und kann damit durch Treppenfunktionen approximiert werden. Damit liefern endliche Summen eine Folge endlich-wertiger Funktionen, die punktweise fast überall gegen \(f\) konvergiert. Also folgt starke Meßbarkeit. Borelmeßbarkeit folgt, da punktweise Grenzwerte borelmeßbarer Funktionen wieder borelmeßbar sind.
Satz 3.33 (Symmetriezerlegung von Verflechtungsoperatoren). [Satz!Symmetriezerlegungen] Sei \(\pi: G\to \mathcal L(H)\) eine unitäre Darstellung der lokalkompakten abelschen Gruppe \(G\) in einem separablen Hilbertraum \(H\). Sei weiter \(H\simeq \bigoplus_n \mathrm L^2(\Sigma_n,\,\mathrm d\nu;\ell^2(n))\) das zu \(\pi\) gehörende kanonische Modell. Dann sind äquivalent
\(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\).
Es existieren (bis auf Nullfunktionen eindeutig bestimmte) beschränkte schwach meßbare Funktionen \[a_n : \Sigma_{n} \to \mathcal L(\ell^2(n)),\] so daß \(A:H\to H\) unter dem kanonischen Isomorphismus auf jedem der Räume \(\mathrm L^2(\Sigma_{n},\,\mathrm d\nu; \ell^2(n))\) der Multiplikation mit \(a_n\) entspricht.
Proof. Es genügt, den Fall \(\mathfrak m(\xi) = n\) für alle \(\xi\) zu betrachten; die Verallgemeinerung auf den allgemeinen Fall entspricht der Zerlegung von \(A\) mittels \({\boldsymbol\mu}(\Sigma_n)\) in eine direkte Summe und einer Renormalisation der Maße. Wir fixieren zuerst die Notation. Es sei \(\mathbf e_k\) die Standardbasis des \(\ell^2(n)\). Dann ist \(\eta_k : \Sigma\ni\xi \mapsto \mathbf e_k\) ein Element von \(\mathrm L^2(\Sigma,\,\mathrm d\nu;\ell^2(n))\). Die so konstruierten Funktionen \(\eta_k\) sind normiert und paarweise orthogonal. Weiter ist jedes \(f\in \mathrm L^2(\Sigma,\,\mathrm d\nu;\ell^2(n))\) eindeutig in der Form \[\label{eq:3.4.23:Fdec} f(\xi) = \sum_{k} f_k(\xi) \eta_k(\xi), \qquad \|f\|^2= \sum_k \int_\Sigma |f_k(\xi)|^2\,\mathrm d\nu(\xi)\] darstellbar.
Schritt 1. Zerlegung von Verflechtungsoperatoren. Sei \(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\). Dann existieren quadratintegrierbare Funktionen \(a_{k,l} (\xi)\) mit \[(A\eta_k)(\xi) = \sum_l a_{k,l}(\xi) \eta_l(\xi).\] Da \(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\) gilt, kommutiert \(A\) mit allen Spektralprojektoren und somit gilt für jede meßbare Funktion \(g\in B(\Sigma)\) \[A (g\eta_k) = g(\xi) \sum_l a_{k,l}(\xi) \eta_l(\xi)\] und damit für alle endlichen Summen \(v =\sum_{k} \alpha_k \mathrm e_k\in\ell^2(n)\) und den auf diesen definierten Operator \(a(\xi) v = \sum_{k,l} \alpha_k a_{k,l}(\xi) \mathrm e_l\) wegen \[A g(\xi)v = \sum_{k,l} g(\xi)\alpha_k a_{k,l}(\xi) \eta_l(\xi)\] die Abschätzung \[\int_\Sigma |g(\xi)|^2\sum_{l} \big| \sum_k \alpha_k a_{k,l}(\xi)\big|^2 \,\mathrm d\nu(\xi) \le \|A\|^2 \left(\int_\Sigma |g(\xi)|^2 \,\mathrm d\nu(\xi) \right) \sum_k |\alpha_k|^2\] Da \(g\) beliebig war und die endlichen Summen dicht in \(\ell^2(n)\) liegen, folgt \[\| a(\xi) v \| \le \|A\| \|v\|\] für fast alle \(\xi\) und \(a(\xi)\) ist stetig zu einem Operator in \(\mathcal L(\ell^2(n))\) fortsetzbar. Da die Funktionen \(a_{k,l}(\xi)\) meßbar sind, ist die Funktion \(\xi \mapsto a(\xi)\) nach Konstruktion schwach meßbar. Hat nun allgemeiner \(f\) die Form [eq:3.4.23:Fdec] als endliche Summe, so folgt \[( Af )(\xi) = \sum_k f_k(\xi) (A\eta_k) (\xi) = \sum_k f_k(\xi) a(\xi) \eta_k(\xi) = a(\xi) \sum_k f_k(\xi) \eta_k(\xi)\] und mit stetiger Fortsetzung für alle \(f\in\mathrm L^2(\Sigma,\,\mathrm d\nu;\ell^2(n))\).
Schritt 2. Sei nun \(a : \Sigma\to \mathcal L(\ell^2(n))\) beschränkt und schwach meßbar. Dann bestimmt dieses \(a\) einen Operator \(A\) auf \(\mathrm L^2(\Sigma,\,\mathrm d\nu;\ell^2(n))\). Sei dazu \(f=\sum_k f_k\eta_k\). Dann gilt (da \(a(\xi)\) beschränkter Operator ist) für fast alle \(\xi\) \[a(\xi) f(\xi) = \sum_{k} f_k(\xi) a(\xi) \mathrm e_k.\] Weiter ist nach Voraussetzung \(a(\xi)\mathrm e_k\) schwach meßbar, jede endliche Summe \(g_N(\xi) = \sum_{k<N} f_k(\xi) a(\xi)\mathrm e_k\) also stark meßbar und \[\begin{gathered} \int_\Sigma \| g_N(\xi) \|^2 \,\mathrm d\nu(\xi) = \int_\Sigma \| a(\xi) \sum_{k<N} f_k(\xi)\eta_k(\xi) \|^2 \,\mathrm d\nu(\xi) \\ \le \|a \|_\infty^2 \int \| \sum_{k<N} f_k(\xi) \eta_k\|^2 \,\mathrm d\nu(\xi) \le \|a\|_\infty^2 \|f\|^2\end{gathered}\] fast überall. Analog sieht man, daß \(g_N\) Cauchyfolge in \(\mathrm L^2(\Sigma,\,\mathrm d\nu;\ell^2(n))\) ist und der Grenzwert \(g\) linear von \(f\) abhängt. Bezeichnet man \(g\) mit \(Af\), so gilt \[\|Af \|\le \|a\|_\infty \|f\|.\] Weiter kommutiert \(A\) nach Konstruktion mit allen Spektralprojektoren.
Schritt 3. Wir zeigen \(\|A\|=\|a\|_\infty\). Sei dazu \(v_k\) eine dichte Teilfolge in der Einheitskugel von \(\ell^2(n)\) und \(f\in\mathrm L^1(\Sigma,\,\mathrm d\nu)\). Dann existieren \(g,h\in\mathrm L^2(\Sigma,\,\mathrm d\nu)\) mit \(f=gh\) und \(\|g\|_2^2=\|h\|_2^2 = \|f\|_1\). Sei weiter für gegebenes \(k,l\) \(\psi= g v_k\) und \(\phi=\overline h v_l\). Dann gilt \[\left| \int_\Sigma f(\xi) {\pmb(a(\xi) v_k, v_l\pmb)} \,\mathrm d\nu(\xi) \right| = |{\pmb(A\psi,\phi\pmb)}| \le \|A\|\, \|\psi\|\, \|\phi\| = \|A\| \, \|v_k\|\, \|v_l\| \, \int |f(\xi)|\,\mathrm d\nu(\xi)\] und da das Dual zu \(\mathrm L^1(\Sigma,\,\mathrm d\nu)\) gerade der \(\mathrm L^\infty(\Sigma,\,\mathrm d\nu)\) ist, folgt \[|{\pmb(a(\xi)v_k,v_l\pmb)} | \le \|v_k\| \,\|v_l\| \, \|A\|\] und damit die Ungleichung \(\|a\|_\infty \le \|A\|\). ◻
3.34. Es gilt wiederum in voller Analogie eine Zweiraumvariante des Satzes. Sind \(\pi_1\) und \(\pi_2\) unitäre Darstellungen der Gruppe \(G\) in Hilberträumen \(H_1\) und \(H_2\) und ist \(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi_1,\pi_2)\). Dann kann man \(A\) wiederum zerlegen. Sind die zu \(\pi_1\) und \(\pi_2\) zugehörenden kanonischen Modelle gegeben durch die Zerlegungen \(\Sigma_n^{(1)}\) und \(\Sigma_n^{(2)}\) von \(\widehat G\) und die dominanten Maße \(\nu_1\) und \(\nu_2\), so existieren beschränkte meßbare Funktionen \[a_{n,m} : \Sigma_n^{(1)}\cap\Sigma_m^{(2)} \to \mathcal L(\ell^2(n),\ell^2(m)),\] so daß \(A\) im kanonischen Modell in Abbildungen \[\mathrm L^2(\Sigma_n^{(1)}\cap\Sigma_m^{(2)} , \,\mathrm d\nu_1, \ell^2(n)) \to \mathrm L^2(\Sigma_n^{(1)}\cap\Sigma_m^{(2)} , \,\mathrm d\nu_2, \ell^2(m))\] zerfällt und jeweils der Multiplikation mit \(a_{n,m}\) entspicht. Der Beweis ist analog.
Beispiel 3.35. Für Anwendungen des Satzes Satz 3.33 wird die unitäre Abbildung eines Hilbertraumes \(H\) in sein kanonisches Modell in expliziter Form benötigt. Wie wir schon gesehen haben, ist sie für die linksreguläre Darstellung von \(G\) in \(\mathrm L^2(G)\) gerade durch die Fouriertransformation gegeben. Wir wollen im folgenden ein zweites Beispiel im Detail diskutieren und betrachten dazu die Aktion eines Gitters \(\Lambda\) auf \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\). Dies führt zur sogenannten Floquet25–Bloch26-Zerlegung des Raumes \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) und zur Charakterisierung periodischer Operatoren auf diesem Raum.
Sei also im folgenden \(\Lambda\subset\mathbb R^n\) ein Gitter und \(\Lambda^\circ = \{ \xi\in \mathbb R^n : \forall_{x\in\Lambda} \, \xi\cdot x \in\mathbb Z\}\) das zugehörige duale Gitter. Weiter sei \(\Xi = \mathbb R^n/\Lambda^\circ = \widehat\Lambda\) die zu \(\Lambda\) duale Gruppe und \(\Omega\subset\mathbb R^n\) eine Translationszelle des Gitters \(\Lambda\). Als kanonische Wahl bietet sich dafür die Wigner27–Seitz28-Zelle \[\Omega = \{ x\in\mathbb R^n : |x| < \mathop{\mathrm{dist}}(x, \Lambda\setminus\{0\}) \}\] an. Sei nun \(f\in\mathrm C_c(\mathbb R^n)\). Dann kann zu \(\xi\in\Xi\) die Reihe \[\label{eq:3.4:FloquetBloch} f_\xi(x) = \sum_{y\in\Lambda} f(x-y) \mathrm e^{2\pi\mathrm i\xi \cdot y}\] betrachtet werden. Diese ist für jedes \(x\) eine endliche Summe und erfüllt \[\label{eq:3.4.27} f_\xi(x+z) = \sum_{y\in\Lambda} f(x+z-y) \mathrm e^{2\pi\mathrm i\xi \cdot y} = \sum_{y\in\Lambda} f(x-y) \mathrm e^{2\pi\mathrm i\xi \cdot (y+z)} = f_\xi(x) \mathrm e^{2\pi\mathrm i\xi\cdot z}\] für alle \(z\in\Lambda\) sowie \[\begin{aligned} \frac1{{\boldsymbol{|}\Xi\boldsymbol{|}}} \int_\Xi \int_\Omega | f_\xi(x) |^2 \,\mathrm dx \,\mathrm d\xi&=\frac1{{\boldsymbol{|}\Xi\boldsymbol{|}}}\sum_{y,z\in\Lambda} \int_\Xi \mathrm e^{2\pi\mathrm i\xi\cdot(y-z)} \,\mathrm d\xi \int_\Omega f(x-y) \overline{f(x- z)} \,\mathrm dx \notag\\ & = \sum_{y\in\Lambda} \int_\Omega |f(x-y)|^2 \,\mathrm dy = \int_{\mathbb R^n} |f(x)|^2 \,\mathrm dx,\end{aligned}\] da die \(\mathrm e^{2\pi\mathrm i\xi\cdot y}\) Funktionen zu \(y\in\Lambda\) eine Orthogonalbasis von \(\Xi\) bilden. Damit ergibt sich eine Isometrie von \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) in \(\mathrm L^2(\Xi,\widetilde{\,\mathrm d\xi}; \mathrm L^2(\Omega))\simeq \mathrm L^2(\Xi\times\Omega,\widetilde{\,\mathrm d\xi}\otimes\,\mathrm dx)\) mit dem normierten Maß \(\widetilde{\,\mathrm d\xi} = {\boldsymbol{|}\Xi\boldsymbol{|}}^{-1} \,\mathrm d\xi\). Diese ist surjektiv. Angenommen, \(g\in \mathrm L^2(\Xi\times\Omega,\widetilde{\,\mathrm d\xi}\otimes\,\mathrm dx)\) erfüllt \(g\perp f_\xi\) für alle \(f\in\mathrm L^2(\mathbb R^n)\). Dann folgt \[\begin{aligned} 0 &= \frac1{{\boldsymbol{|}\Xi\boldsymbol{|}}} \int_\Xi \int_\Omega g(\xi,x) \overline{f_\xi(x)} \,\mathrm dx\,\mathrm d\xi = \frac1{{\boldsymbol{|}\Xi\boldsymbol{|}}} \sum_{y\in\Lambda} \int_\Xi \int_\Omega g(\xi,x) \overline{f(x-y)} \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\xi\cdot y}\,\mathrm dx\,\mathrm d\xi\notag\\ &= \sum_{y\in\Lambda} \int_{\Omega-y} \left(\frac1{{\boldsymbol{|}\Xi\boldsymbol{|}}} \int_\Xi g(\xi,x+y) \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\xi\cdot y} \,\mathrm d\xi \right) \overline{f(x)} \,\mathrm dx\notag\\ &= \sum_{y\in\Lambda} \int_{\Omega-y} \widehat g(y,x+y) \overline{f(x)} \,\mathrm dx = \int_{\mathbb R^n} \widetilde g(x) \overline{f(x)}\,\mathrm dx\end{aligned}\] für \(\widetilde g(x) = \widehat g(y,x+y)\) für \(x\in \Omega-y\). Nun ist aber mit der Parsevalidentität \[\int_{\mathbb R^n} |\widetilde g(x)|^2 \,\mathrm dx = \sum_{y\in\Lambda} \int_{\Omega} |\widehat g(y,x)|^2 \,\mathrm dx = \frac1{{\boldsymbol{|}\Xi\boldsymbol{|}}} \int_\Xi \int_\Omega |g(x)|^2 \,\mathrm dx\] und somit folgt \(\widetilde g=0\) und damit auch \(g=0\) und die angegebene Isometrie ist ein Isomorphismus \[\mathrm L^2(\mathbb R^n) = \mathrm L^2(\Xi,\widetilde{\,\mathrm d\xi}; \mathrm L^2(\Omega)).\] Aus der Rechnung folgt insbesondere die Inversionsformel \[f(x) = \frac1{{\boldsymbol{|}\Xi\boldsymbol{|}}} \int_\Xi \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\xi\cdot y} f_\xi(x+y) \,\mathrm d\xi,\qquad x\in \Omega-y,\quad y\in\Lambda\] der Floquet–Bloch-Transformation [eq:3.4:FloquetBloch].
Proposition 3.2 (Floquet–Bloch-Zerlegung). Sei \(\Lambda\subset\mathbb R^n\) ein Gitter, \(\Xi=\mathbb R^n/\Lambda^\circ\) die zu \(\Lambda\) duale Gruppe und \(\Omega\) eine Translationszelle von \(\Lambda\). Dann gilt \(\mathrm L^2(\mathbb R^n) \simeq \mathrm L^2(\Xi\times\Omega)\) mit der Floquet–Bloch-Transformation \[f_\xi(x) = \sum_{y\in\Lambda} f(x-y) \mathrm e^{2\pi\mathrm i\xi \cdot y},\qquad x\in\Omega,\quad \xi\in\Xi,\] mit der Inversen \[f(x) = \frac1{{\boldsymbol{|}\Xi\boldsymbol{|}}} \int_\Xi \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\xi\cdot y} f_\xi(x+y) \,\mathrm d\xi,\qquad x\in \Omega-y,\quad y\in\Lambda\] als Isomorphismus.
Weiter entspricht die Translation um \(y\in\Lambda\) in \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) auf dem \(\mathrm L^2(\Xi\times \Omega)\) der Multiplikation mit \(\xi\mapsto\mathrm e^{2\pi\mathrm i\xi\cdot y}\) und die so erhaltene Darstellung ist das gesuchte kanonische Modell.
Satz 3.1 (Floquet–Bloch-Zerlegung von Operatoren). Sei \(\Lambda\subset\mathbb R^n\) ein Gitter, \(\Xi=\mathbb R^n/\Lambda^\circ\) die zu \(\Lambda\) duale Gruppe und \(\Omega\) eine Translationszelle von \(\Lambda\). Dann sind äquivalent:
Der Operator \(A\in\mathcal L(\mathrm L^2(\mathbb R^n))\) kommutiert mit allen Gittertranslationen des Gitters \(\Lambda\).
Es existiert eine beschränkte schwach meßbare Funktion \[a : \Xi \to \mathcal L(\mathrm L^2(\Omega)),\] so daß \[g=Af \qquad\Longleftrightarrow\qquad g_\xi = a(\xi) f_\xi \quad \text{fast \"uberall in $\xi\in\Xi$}\] für die Floquet–Bloch-Transformierten \(f_\xi\) und \(g_\xi\) der Funktionen \(f,g\in\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) gilt.
Anwendungen findet die Floquet–Bloch-Zerlegung insbesondere in der Festkörperphysik, also dem Studium von Schrödingeroperatoren mit periodischem Potential. Dazu ist Satz Satz 3.33 auf den \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) sowie den Definitions-/Formbereich des Operators (z.B. die Sobolevräume \(\mathrm H^2(\mathbb R^n)\) und \(\mathrm H^1(\mathbb R^n)\)) anzuwenden. Wir werden dies beispielhaft in der Übung diskutieren.
In diesem Kapitel betrachten wir kompakte, aber dafür im allgemeinen nichtabelsche, Gruppen \(G\). Diese erlauben ebenso wie lokalkompakte abelsche Gruppen eine komplette Beschreibung aller irreduziblen unitären Darstellungen sowie eine zugeordnete (nichtkommutative) harmonische Analysis. Es sei daran erinnert, daß kompakte Gruppen immer unimodular sind.
4.1. Sei \(\pi : G \to \mathcal L(H)\) eine zyklische unitäre Darstellung der kompakten Gruppe \(G\) mit zyklischem Vektor \(u\in H\), \(\|u\|=1\). Dann definiert \[{\pmb(v,w\pmb)}_\pi = \int_G {\pmb(v,\pi(x) u\pmb)} \,{\pmb(\pi(x) u,w\pmb)} \,\mathrm dx\] ein neues, von \(\pi\) abhängendes, Innenprodukt auf \(H\). Es gilt \[\label{eq:4.1.2} 0\le {\pmb(v,v\pmb)}_\pi = \int_G | {\pmb(\pi(x)v,u\pmb)} |^2 \,\mathrm dx \le \|v\|\] sowie \({\pmb(v,v\pmb)}_\pi=0\) genau dann, wenn \({\pmb(v,\pi(x)u\pmb)}=0\) für alle \(x\) und damit genau dann, wenn \(v=0\). Bezüglich dieses Innenproduktes ist \(\pi\) unitär, \[\begin{aligned} \label{eq:4.1.3} {\pmb(\pi(y)v,w\pmb)}_\pi &= \int_G {\pmb(\pi(y)v,\pi(x)u\pmb)} \,{\pmb(\pi(x)u,w\pmb)} \,\mathrm dx= \int_G {\pmb(v,\pi(y^{-1}x)u\pmb)} \,{\pmb(\pi(x)u,w\pmb)} \,\mathrm dx\notag \\&= \int_G {\pmb(v,\pi(x)u\pmb)} \,{\pmb(\pi(yx)u,w\pmb)} \,\mathrm dx = {\pmb(v,\pi(y^{-1})w\pmb)}_\pi.\end{aligned}\] Damit liefert der Satz von Fréchet–Riesz die Existenz eines positiven selbstadjungierten Operators \(A_\pi\in \mathcal L(H)\) mit \[{\pmb(A_\pi v,w\pmb)} = {\pmb(v,w\pmb)}_\pi\] für alle \(v,w\in H\), also \[\label{eq:Api-def} A_\pi v = \int_G {\pmb(v,\pi(x) u\pmb)} \pi(x) u \,\mathrm dx.\]
Lemma 4.2. Sei \(\pi\) zyklische unitäre Darstellung der kompakten Gruppe \(G\) mit zyklischem Vektor \(u\) und \(A_\pi\) definiert durch [eq:Api-def]. Dann ist der Operator \(A_\pi\) positiv, selbstadjungiert und kompakt und erfüllt \(\ker A_\pi=\{0\}\) und \(A_\pi\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\).
Proof. Positivität und Selbstadjungiertheit ergeben sich direkt aus obiger Konstruktion. Ist \(v\in\ker A_\pi\), so gilt \(0={\pmb(A_\pi v,v\pmb)}={\pmb(v,v\pmb)}_\pi\) und damit \(v=0\). Weiterhin gilt \[\begin{aligned} A_\pi \pi(y) v &= \int_G {\pmb(\pi(y)v,\pi(x) u\pmb)} \pi(x) u \,\mathrm dx = \int_G {\pmb(v,\pi(y^{-1}x) u\pmb)} \pi(x) u \,\mathrm dx \notag\\ &= \int_G {\pmb(v,\pi(x) u\pmb)} \pi(yx) u \,\mathrm dx = \pi(y)A_\pi v\end{aligned}\] und damit \(A_\pi\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\). Es bleibt die Kompaktheit zu zeigen. Da \(G\) kompakt ist, ist \(x\mapsto \pi(x) u\) gleichmäßig stetig. Also existieren zu gegebenem \(\varepsilon>0\) disjunkte meßbare Mengen \(E_1,\ldots, E_n\subset G\) mit \(\bigcup_j E_j=G\) und Punkte \(x_j\in E_j\) mit \(\|\pi(x)u - \pi(x_j)u\|<\frac12 \varepsilon\) für alle \(x\in E_j\). Also gilt \[\begin{gathered} \| {\pmb(v,\pi(x)u\pmb)}\pi(x) u - {\pmb(v,\pi(x_j)u\pmb)}\pi(x_j)u\|\\ \le \| {\pmb(v,(\pi(x)-\pi(x_j)u\pmb)} \pi(x)u\| + \|{\pmb(v,\pi(x_j)u\pmb)} (\pi(x)-\pi(x_j))u\| < \varepsilon\|v\|\end{gathered}\] für \(x\in E_j\) und damit \(\|A_\pi v - A^{(\varepsilon)} v \|<\varepsilon\|v\|\) für \[A^{(\varepsilon)} v = \sum_{j=1}^n {\boldsymbol{|}E_j\boldsymbol{|}} {\pmb(v,\pi(x_j)u\pmb)} \pi(x_j)u = \sum_{j=1}^n \int_{E_j} {\pmb(v,\pi(x_j)u\pmb)} \pi(x_j)u \,\mathrm dx.\] Da das Bild von \(A^{(\varepsilon)}\) endlichdimensional ist, ist \(A^{(\varepsilon)}\) kompakt und damit als Normgrenzwert kompakter Operatoren auch \(A_\pi\). ◻
Korollar 4.3. Sei \(\pi:G\to\mathcal L(H)\) irreduzible unitäre Darstellung der kompakten Gruppe \(G\). Dann gilt \(\dim H<\aleph_0\).
Proof. Sei \(A_\pi\) definiert durch [eq:Api-def]. Da \(A_\pi\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\setminus\{0\}\) gilt, impliziert Schur’s Lemma Satz 2.16 die Existenz eines \(c\in\mathbb C\setminus\{0\}\) mit \(A_\pi=cI\). Da \(A_\pi\) aber kompakt ist, folgt die Kompaktheit der Identität und somit \(\dim H<\aleph_0\). ◻
Satz 4.4 (vollständige Reduzibilität). Sei \(\pi:G\to\mathcal L(H)\) unitäre Darstellung einer kompakten Gruppe \(G\) in einen Hilbertraum \(H\). Dann existiert eine Zerlegung \[H =\bigoplus_{j\in J} H_j,\qquad \dim H_j<\aleph_0,\] des Hilbertraumes \(H\) in endlichdimensionale \(\pi\)-invariante Teilräume, auf welchen \(\pi\) irreduzibel ist.
Proof. Nach Satz Satz 2.20 existiert eine Zerlegung von \(H\) in eine direkte Summe von Teilräumen, auf welchen \(\pi\) zyklisch ist. Es genügt damit zu zeigen, daß jede zyklische Darstellung in endlichdimensionale irreduzible zerfällt. Sei also im folgenden \(\pi\) zyklisch auf \(H\) und \(A_\pi\) der in [eq:Api-def] definierte Operator. Dieser ist selbstadjungiert, kompakt und besitzt einen trivialen Nullraum. Damit existiert eine Zerlegung von \(H\) in endlichdimensionale Eigenunterräume \(\widetilde H_j\) \[H = \bigoplus_j \widetilde H_j,\qquad A_\pi = \lambda_j I \;\text{auf $\widetilde H_j$},\] und zugehörige Eigenprojektoren \(\widetilde P_j = f_j(A_\pi)\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\). Also ist jeder der Unterräume \(\widetilde H_j\) invariant unter \(\pi\).
Da mit jedem invarianten Teilraum von \(\widetilde H_j\) auch sein orthogonales Komplement invariant ist, ist jeder dieser endlichdimensionalen invarianten Teilräume direkte Summe minimaler invarianter Teilräume. Auf diesen ist \(\pi\) nach Definition irreduzibel. ◻
4.5. Wir führen einige Bezeichnungen ein. Es sei \(\widehat G\) die Menge der Äquivalenzklassen irreduzibler unitärer Darstellungen. Zu jeder irreduziblen Darstellung \(\xi: G \to \mathcal L(H_\xi)\) bezeichne \([\xi]\in\widehat G\) die zugehörige Äquivalenzklasse und \(d_\xi = \dim H_\xi\) die Dimension der Darstellung.
Die Zerlegung in invariante Teilräume aus Satz Satz 4.4 ist nicht eindeutig. Zu einer gegebenen unitären Darstellung \(\pi : G \to \mathcal L(H)\) und einem \(\pi\)-invarianten Unterraum \(V\subset H\) bezeichne \[\pi^V (x) = \pi(x) |_V, \qquad \pi^V : G \to \mathcal L(V)\] die Einschränkung von \(\pi\) auf den Teilraum \(V\) sowie zu gegebenem \([\xi]\in\widehat G\) \[\mathop{\mathrm{Inv}}(\pi :\xi) = \overline{\mathop{\mathrm{span}}}\left( \bigcup \{ V\subset H \;|\; \text{$V$ invarianter Teilraum und $\pi^{V} \sim \xi$} \}\right)\] der Aufspann aller Teilräume, auf denen \(\pi\) zu \(\xi\) äquivalent ist. Die Räume \(\mathop{\mathrm{Inv}}(\pi:\xi)\) sind kanonisch und unabhängig von der im Satz Satz 4.4 konstruierten Zerlegung. Das ergibt sich aus folgender Proposition. Der Beweis beruht auf Schur’s Lemma Korollar 2.17.
Proposition 4.6. Sei \(\pi:G\to\mathcal L(H)\) unitäre Darstellung der kompakten Gruppe \(G\) und seien \([\xi],[\xi_1],[\xi_2]\in\widehat G\). Dann gilt
\(\mathop{\mathrm{Inv}}(\pi:\xi_1) \perp \mathop{\mathrm{Inv}}(\pi:\xi_2)\) für \([\xi_1]\ne[\xi_2]\).
Ist \(\{0\}\ne U\subset \mathop{\mathrm{Inv}}(\pi:\xi)\) minimal invariant, so gilt \(\pi^U \sim \xi\).
Proof. [1] Seien \(V\) und \(W\) invariante Teilräume von \(H\) mit \(\pi^V\sim\xi_1\) und \(\pi^W\sim\xi_2\). Sei \(P\) der Orthogonalprojektor auf \(V\). Dann ist \(P\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\) und somit \(P|_W\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi^W,\pi^V)\) und damit wegen der Irreduzibilität und Nichtäquivalenz beider Darstellungen \(P|_W=0\). Also folgt \(W\perp V\) und somit nach Konstruktion \(\mathop{\mathrm{Inv}}(\pi:\xi_1)\perp\mathop{\mathrm{Inv}}(\pi:\xi_2)\). \(\bullet\)ergibt sich direkt aus [1], da \(U\) in einem der \(\mathop{\mathrm{Inv}}(\pi,\xi')\) enthalten sein muß. ◻
Korollar 4.7. Sei \(\pi:G\to\mathcal L(H)\) unitäre Darstellung der kompakten Gruppe \(G\). Dann gilt \[H = \bigoplus_{[\xi]\in\widehat G} \mathop{\mathrm{Inv}}(\pi:\xi),\qquad\qquad \mathop{\mathrm{Inv}}(\pi:\xi) \simeq \bigoplus_{0\le n<\mathop{\mathrm{mult}}(\pi:\xi)} \mathbb C^{d_\xi},\] wobei \(\mathop{\mathrm{mult}}(\pi:\xi)\) die Vielfachheit von \(\xi\) in \(\pi\) bezeichne und \(\pi\) auf jedem der Summanden \(\mathbb C^{d_\xi}\) durch Matrixmultiplikation mit \(\xi(x)\in\mathrm U(d_\xi)\) agiere.
Proof. Sei \(H=\bigoplus_{j\in J} H_j\) die Zerlegung aus Satz Satz 4.4. Dann impliziert Proposition Proposition 4.6 \[\mathop{\mathrm{Inv}}(\pi:\xi) = \bigoplus_{j : \pi^{H_j}\sim\xi} H_j\] und somit die Behauptung. Die Vielfachheit \(\mathop{\mathrm{mult}}(\pi:\xi)\) zählt die Summanden in dieser Summe und entspricht der Hilbertdimension von \(\mathop{\mathrm{Inv}}(\pi:\xi)\) falls diese nicht endlich ist und dem Quotienten \(\dim\mathop{\mathrm{Inv}}(\pi:\xi) / d_\xi\) im endlichen Fall. ◻
4.8. Sei \(\pi:G\to\mathcal L(H)\) unitäre Darstellung. Dann werden die Funktionen \[\phi_{u,v}(x) = {\pmb(\pi(x)u,v\pmb)}\] als Matrixelemente der Darstellung \(\pi\) bezeichnet. Ist \(\{\mathbf e_j\}\) eine fest gewählte Orthonormalbasis von \(H\), so ergibt sich die Darstellung von \(\pi\) als Matrix bezüglich dieser Basis, \[\label{eq:4:matrixkoeff} \pi_{i,j}(x) = {\pmb(\pi(x) \mathbf e_j,\mathbf e_i\pmb)} = \phi_{\mathbf e_j,\mathbf e_i}(x).\] Im folgenden bezeichne \(\mathcal E_\pi = \{ \phi_{u,v} : u,v \in H\} = \mathop{\mathrm{span}}\{\pi_{i,j} \}\subset \mathrm C(G)\) die lineare Hülle der Matrixkoeffizienten von \(\pi\).
Proposition 4.9. Die Menge \(\mathcal E_\pi\) hängt nur von der Äquivalenzklasse von \(\pi\) ab. Sie ist invariant unter Links- und Rechtstranslationen und bildet ein (nicht notwendigerweise abgeschlossenes) zweiseitiges Ideal in der Faltungsalgebra \(\mathrm L^1(G)\).
Proof. Ist \(\pi\sim\pi'\) und \(T\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi,\pi')\) unitär, so gilt \(\phi_{u,v}(x)={\pmb(\pi(x)u,v\pmb)}={\pmb(\pi'(x)Tu,Tv\pmb)} = \phi_{Tu,Tv}(x)\) und somit \(\mathcal E_\pi=\mathcal E_{\pi'}\). Weiter gilt \[L_y \phi_{u,v}(x) = \phi_{u,v}(y^{-1}x) = {\pmb(\pi(y^{-1}x)u,v\pmb)} = {\pmb(\pi(x)u,\pi(y)v\pmb)} = \phi_{u,\pi(y)v}(x)\] und \(\mathcal E_\pi\) ist linksinvariant. Analog folgt \(R_y\phi_{u,v}=\phi_{\pi(y)u,v}\) und damit die Rechtsinvarianz. Die Idealeigenschaften folgen analog mit \(f\star \phi_{u,v} = \phi_{u,\pi(\overline f)v}\) und \(\phi_{u,v}\star f=\phi_{\pi(\overline f^\sharp)u,v}\). ◻
Es ist natürlich, die Räume \(\mathcal E_\pi\) als Teilräume des Hilbertraumes \(\mathrm L^2(G)\) (versehen mit dem linksinvarianten Haarmaß der Gruppe \(G\)) zu verstehen.
Proposition 4.10 (Schur-Orthogonalität). Seien \(\xi\) und \(\xi'\) irreduzible unitäre Darstellungen der kompakten Gruppe \(G\) in Hilberträumen \(H\) und \(H'\) sowie \(\mathcal E_\xi,\mathcal E_{\xi'}\subset \mathrm L^2(G)\) die zugehörigen Räume der Matrixelemente. Dann gilt
\(\mathcal E_\xi\perp\mathcal E_{\xi'}\) für \([\xi]\ne[\xi']\).
Ist \(\{\mathbf e_j\}\) eine Orthonormalbasis von \(H\) und seien \(\xi_{i,j}(x)\) definiert durch [eq:4:matrixkoeff]. Dann bilden die Funktionen \[x\mapsto \sqrt{d_\xi}\; \xi_{i,j} (x)\] für \(1\le i,j\le d_\xi\) eine Orthonormalbasis von \(\mathcal E_\xi\). Insbesondere gilt \(\dim \mathcal E_\xi = d_\xi^2\).
Proof. Sei \(A\in\mathcal L(H,H')\) und \[\widetilde A = \int_G \xi'(x^{-1})A\xi(x) \,\mathrm dx.\] Dann gilt \[\widetilde A\xi(y) = \int_G \xi'(x^{-1})A\xi(xy) \,\mathrm dx = \int_G \xi'(yx^{-1})A\xi(x) \,\mathrm dx = \xi'(y) \widetilde A\] und somit \(\widetilde A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\xi,\xi')\). Zum Beweis der Schur-Orthogonalität nutzen wir eine spezielle Wahl von \(A\). Sei dazu \(v\in H\) und \(v'\in H'\). Sei weiter \(A u = {\pmb(u,v\pmb)} v'\), so daß für beliebige \(u\in H\) und \(u'\in H'\) \[\begin{aligned} {\pmb(\widetilde Au,u'\pmb)} &= \int_G {\pmb(A\xi(x) u,\xi'(x) u'\pmb)} \,\mathrm dx = \int_G {\pmb(\xi(x) u,v\pmb)}{\pmb(v',\xi'(x) u'\pmb)} \,\mathrm dx \notag\\&= \int_G \phi_{u,v}(x) \overline{\phi'_{u',v'}(x)}\,\mathrm dx.\end{aligned}\] Angenommen, \([\xi]\ne[\xi']\). Dann folgt aus dem Lemma von Schur \(\widetilde A=0\) und somit \(\mathcal E_\xi\perp\mathcal E_{\xi'}\). Ist andererseits \(\xi=\xi'\), so gilt \(\widetilde A=cI\) für ein \(c\in\mathbb C\) und damit für die spezielle Wahl \(u=\mathbf e_j\), \(u'=\mathbf e_{j'}\), \(v=\mathbf e_i\) und \(v'=\mathbf e_{i'}\) \[\int_G \xi_{i,j}(x) \overline{\xi_{i',j'}(x)}\,\mathrm dx = c {\pmb(\mathbf e_j,\mathbf e_{j'}\pmb)} = c \delta_{j,j'}\] und es bleibt die Bestimmung der Konstanten \(c\). Dazu nutzen wir \[c d_\xi = \mathop{\mathrm{tr}}\widetilde A = \int_G \mathop{\mathrm{tr}}(\xi(x^{-1})A\xi(x) ) \,\mathrm dx = \mathop{\mathrm{tr}}A = \delta_{i,i'}\] und erhalten \[\label{eq:4:schur-orth} \int_G \xi_{i,j}(x) \overline{\xi_{i',j'}(x)}\,\mathrm dx =\frac1{d_\xi} \delta_{i,i'} \delta_{j,j'}.\] Also bilden die Funktionen \(\sqrt{d_\xi}\, \xi_{i,j}\) ein Orthonormalsystem. Da die \(\mathbf e_j\) eine Basis von \(H\) bilden, gilt offensichtlich \(\dim \mathcal E_\xi \le (\dim H)^2 = d_\xi^2\) und das gefundene Orthonormalsystem ist vollständig. ◻
Die Räume \(\mathcal E_\xi\) sind sowohl unter Links- als auch unter Rechtstranslationen invariant. Die gerade konstruierte Orthonormalbasis erlaubt dafür eine einfache Basisdarstellung.
Lemma 4.11. Es gilt \[L_y \xi_{i,j}(x) = {\pmb(\xi(y^{-1}x)\mathbf e_j,\mathbf e_i\pmb)} = \sum_{k=1}^{d_\xi} {\pmb(\xi(x)\mathbf e_j,\mathbf e_k\pmb)} {\pmb(\xi(y^{-1})\mathbf e_k, \mathbf e_i\pmb)} = \sum_{k=1}^{d_\xi} \xi_{i,k}(y^{-1}) \xi_{k,j}(x)\] sowie \[R_y \xi_{i,j}(x) = {\pmb(\xi(xy)\mathbf e_j,\mathbf e_i\pmb)} = \sum_{k=1}^{d_\xi} {\pmb(\xi(y)\mathbf e_j,\mathbf e_k\pmb)} {\pmb(\xi(x) \mathbf e_k, \mathbf e_i\pmb)} = \sum_{k=1}^{d_\xi} \xi_{i,k}(x) \xi_{k,j}(y).\]
Sei im folgenden \[\mathcal E= \mathop{\mathrm{span}}\bigcup_{[\xi]\in\widehat G} \mathcal E_\xi\] die Menge der (endlichen) Linearkombinationen von Matrixelementen. Die Funktionen aus \(\mathcal E\) kann man als Verallgemeinerung der trigonometrischen Polynome auf die Gruppe \(G\) auffassen.
Lemma 4.12. Die Menge \(\mathcal E\) ist eine punktetrennende \(*\)-Unteralgebra von \(\mathrm C(G)\) und damit dicht in \(\mathrm C(G)\) und \(\mathrm L^p(G)\), \(1\le p<\infty\).
Proof. Die Menge \(\mathcal E\) ist punktetrennend auf \(G\), da nach dem Satz von Gelfand–Raikov die irreduziblen Darstellungen von \(G\) punktetrennend sind. Es genügt die Algebrastruktur nachzuweisen. Wir beginnen mit der komplexen Konjugation. Sei \([\xi]\in \widehat G\) und \[\xi : G \to \mathrm U(d_\xi),\] eine irreduzible unitäre Darstellung dieser Klasse auf dem \(\mathbb C^{d_\xi}\), so ist \(\overline\xi\) definiert durch \(\overline\xi_{i,j}(x) = \overline{\xi_{i,j}(x)}\) für alle \(x\in G\) ebenso eine irreduzible unitäre Darstellung (Übung). Diese wird oft als kontragrediente Darstellung zu \(\xi\) bezeichnet. Also ist zu jedem \(f\in\mathcal E\) auch \(\overline f\in\mathcal E\).
Seien nun \([\xi],[\xi']\in\widehat G\) zwei irreduzible Darstellungen und \(\xi_{i,j}\) und \(\xi'_{k,l}\) Matrixkoeffizienten. Wir konstruieren eine Darstellung, so daß \(x\to \xi_{i,j}(x)\xi_{k,l}(x)\) ein Matrixelement dieser Darstellung ist. Sei dazu \[\xi : G \to \mathrm U(d_\xi),\qquad\qquad \xi' : G \to \mathrm U(d_{\xi'})\] und wir definieren uns auf \(\mathbb C^{d_\xi d_{\xi'}} \simeq \mathbb C^{d_\xi\times d_{\xi'}}\) eine Darstellung \(\xi\otimes\xi'\) vermittels \[(\xi\otimes\xi')(x) T = \xi(x) T \overline{\xi}'(x^{-1}),\qquad T\in \mathbb C^{d_\xi\times d_{\xi'}}.\] Diese ist unitär bezüglich der Hilbert–Schmidt-Norm auf dem Raum der Matrizen, \[\begin{aligned} \| (\xi\otimes\xi')(x) T \|_{\rm HS}^2&=\| \xi(x) T \overline\xi'(x^{-1})\|^2_{\rm HS} = \mathop{\mathrm{tr}}( \xi(x) T \overline\xi'(x^{-1}) \overline\xi'(x) T^* \xi(x^{-1} )) \notag\\&= \mathop{\mathrm{tr}}(TT^*) = \|T\|_{\rm HS}^2.\end{aligned}\] Weiter gilt mit \(\mathbf e_{j,k}\) der Matrix mit \((j,k)\)-Eintrag \(1\) und allen anderen Einträgen \(0\) \[{\pmb((\xi\otimes\xi')(x) \mathbf e_{j,l},\mathbf e_{i,k}\pmb)} = \xi_{i,j}(x) \xi_{k,l}(x).\] Da die Darstellung \(\xi\otimes \xi'\) selbst direkte Summe irreduzibler Darstellungen ist, handelt es sich bei \(x\mapsto \xi_{i,j}(x) \xi_{k,l}(x)\) um eine endliche Linearkombination von Matrixkoeffizienten irreduzibler Darstellungen und damit um ein Element von \(\mathcal E\). Also ist \(\mathcal E\) eine \(*\)-Unteralgebra von \(\mathrm C(G)\). Mit dem Satz von Stone–Weierstraß ist damit \(\mathcal E\) dicht in \(\mathrm C(G)\) und somit auch in \(\mathrm L^p(G)\) für alle \(1\le p<\infty\). ◻
Es gilt \[\mathrm L^2(G) = \bigoplus_{[\xi]\in\widehat G} \mathcal E_\xi.\]
Für \(f\in\mathrm L^2(G)\) und \([\xi]\in\widehat G\) bezeichne \[\widehat f(\xi) = \int_G f(x) \xi(x)^* \,\mathrm dx.\] Dann gilt \[f(x) = \sum_{[\xi]\in\widehat G} d_\xi \mathop{\mathrm{tr}}(\widehat f(\xi) \xi(x) )\] als Orthogonalreihe und damit insbesondere die Plancherelidentität \[\|f\|_2^2 = \sum_{[\xi]\in\widehat G} d_\xi \|\widehat f(\xi)\|_{\rm HS}^2.\]
Proof. [1] folgt direkt aus Lemma Lemma 4.12 in Kombination mit der Schur-Orthogonalität. \(\bullet\)folgt analog, da die Projektion eines Elementes \(f\in\mathrm L^2(G)\) auf \(\mathcal E_\xi\) durch die Funktion \[\label{eq:4:proj-exi} d_\xi \sum_{i,j=1}^{d_\xi} \int_G f(y) \overline{\xi_{i,j}(y)} \,\mathrm dy \; \xi_{i,j}(x) = d_\xi \sum_{i,j=1}^{d_\xi} (\widehat f(\xi))_{j,i} \xi_{i,j}(x) = d_\xi \mathop{\mathrm{tr}}(\widehat f(\xi) \xi(x))\] gegeben ist. Die Plancherelidentität ergibt sich direkt aus der Orthogonalreihendarstellung. ◻
Korollar 4.14 (Charaktere). Seien \([\xi],[\eta]\in\widehat G\).
Sei \(\chi_\xi(x)=\mathop{\mathrm{tr}}\xi(x)\) der Charakter von \(\xi\). Dann gilt für alle \(x,y\in G\) die Identität \[\label{eq:4:char0id} \chi_\xi(xy)=\chi_\xi(yx).\] Gilt umgekehrt für ein \(f\in\mathcal E_\xi\) die Identität \(f(xy)=f(yx)\), so folgt \(d_\xi f(x)=f(1) \chi_\xi(x)\).
Es gilt \(\xi\sim\eta\) genau dann, wenn \(\chi_\xi(x) = \chi_\eta(x)\) für alle \(x\in G\).
Die Projektion auf \(\mathcal E_\xi\) ist durch die Faltung mit dem Charakter \(\chi_\xi(x)\) \[P_{\mathcal E_\xi} f(x) = d_\xi (f\star \chi_\xi)(x),\qquad f\in\mathrm L^2(G),\] gegeben.
Proof. [1] Da die Spur auf Kommutatoren verschwindet, gilt \(\chi_\xi(xy) = \mathop{\mathrm{tr}}(\xi(x)\xi(y))=\mathop{\mathrm{tr}}(\xi(y)\xi(x))=\chi_\xi(yx)\). Sei nun \(f\in\mathcal E_\xi\) mit \(f(xy)=f(yx)\). Dann gilt \[\begin{aligned} \widehat f(\xi)\xi(x)&= \int_Gf(y) \xi(y^{-1}x) \,\mathrm dy= \int_Gf(xy) \xi(y^{-1}) \,\mathrm dy= \int_Gf(yx) \xi(y^{-1}) \,\mathrm dy\notag\\ &= \int_Gf(y) \xi(xy^{-1}) \,\mathrm dy= \xi(x) \widehat f(\xi)\end{aligned}\] und damit wegen der Irreduzibilität von \(\xi\) schon \(\widehat f(\xi)=cI\). Also gilt \(f(x)=c\chi_\xi(x)\) und da \(\chi_\xi(1)=d_\xi\ne0\) folgt die Behauptung. \(\bullet\)folgt direkt aus [1] mit \(\mathcal E_\xi=\mathcal E_\eta\) für \(\xi\sim\eta\). \(\bullet\)Die Projektion auf \(\mathcal E_\xi\) berechnet sich wegen [eq:4:proj-exi] zu \[P_{\mathcal E_\xi} f(x) = d_\xi \mathop{\mathrm{tr}}(\widehat f(\xi) \xi(x)) = d_\xi \int_G f(y) \mathop{\mathrm{tr}}(\xi(y^{-1}x)) \,\mathrm dy = d_\xi (f\star \chi_\xi)(x).\] ◻
Die matrixwertige Funktion \(\widehat f(\xi)\) auf den irreduziblen Darstellungen von \(G\) wird als (nichtkommutative) Fouriertransformierte von \(f\) bezeichnet. Die Fouriertransformation besitzt analoge Eigenschaften zu der auf abelschen Gruppen.
Proposition 4.15 (Eigenschaften der Fouriertransformation).
Die Zuordnung \(f\mapsto \widehat f\) ist linear.
Es gilt \(\widehat{f\star g}(\xi)=\widehat g(\xi)\widehat f(\xi)\) sowie \(\widehat{f^\star}(\xi)=\widehat f(\xi)^*\).
Es gilt \(\widehat{L_y f}(\xi) = \widehat f(\xi) \xi(y^{-1})\) sowie \(\widehat{R_y f}(\xi) = \xi(y) \widehat f(\xi)\).
Beispiel 4.16. Es bezeichne \(\mathbb H\) die Menge der Quaternionen , \[\mathbb H = \{ \underline x = x_0 + \mathbf i x_1 + \mathbf j x_2 + \mathbf k x_3 \;|\; x_i\in\mathbb R\}\] verstanden als \(\mathbb R\)-Algebra mit der Multiplikation definiert durch \[\mathbf i^2 = \mathbf j^2 = \mathbf k^2 = \mathbf i \mathbf j \mathbf k = -1.\] Mit der Involution \(\underline x^* = x_0 - \mathbf i x_1 - \mathbf j x_2 - \mathbf k x_3\) und \(\underline x^* \underline x = x_0^2 + x_1^2 + x_2^2 + x_3^2 = \underline x\underline x^* =|\underline x|^2\) als Norm folgt die Existenz inverser Elemente \(\underline x^{-1} = |\underline x|^{-2} \underline x^*\) für alle \(\underline x\ne0\). Damit wird \(\mathbb H\) zu einem Schiefkörper. Wir bezeichnen weiter \(x_0=\mathop{\mathrm{Sc}}\underline x\) als Skalarteil von \(\underline x\). Die \(3\)-Sphäre \[\mathbb S^3 = \{ \underline x \in\mathbb H \;|\; |\underline x|=1 \}\] wird damit zu einer (Lie-) Gruppe. Das Haarmaß dieser Gruppe ist durch das Oberflächenmaß der Sphäre \(\mathbb S^3\subset\mathbb R^4\) gegeben. Um die irreduziblen Darstellungen dieser Gruppe zu bestimmen, betrachten wir Polynome aus \(\mathbb C[x_0,\ldots,x_3]\) eingeschränkt auf die Sphäre und die rechtsreguläre Darstellung von \(\mathbb S^3\) auf diesen, \[(R_{\underline z} p) (\underline x) = p(\underline x\underline z^{-1}),\qquad p\in\mathbb C[x_0,\ldots,x_3].\] Da die Quaternionenmultiplikation \(\mathbb R\)-linear ist, ist für jedes homogene Polynom \(p\) vom Grad \(n\) auch \(R_{\underline z}p\) homogen und von diesem Grad. Damit ergibt sich für jedes \(n\) eine endlichdimensionale Darstellung auf den homogenen Polynomen vom Grad \(n\). Diese zerfällt in irreduzible Darstellungen, allerdings gibt es von jedem Grad bis auf Äquivalenz höchstens eine. Dazu beobachten wir, daß der Charakter einer auf homogenen Polynomen vom Grad \(n\) agierenden irreduziblen Darstellung selbst ein homogenes Polynom vom Grad \(n\) ist. Weiterhin sind Charaktere \(\mathrm L^2\)-orthogonal und erfüllen [eq:4:char0id]. Da zu \(\underline x,\underline x'\in\mathbb S^3\) genau dann ein \(\underline z\in\mathbb S^3\) mit \(\underline x'=\underline z\underline x\underline z^{*}\) existiert, wenn \(\mathop{\mathrm{Sc}}\underline x=\mathop{\mathrm{Sc}}\underline x'\) gilt, kann man die Charaktere als Funktionen von \(\mathop{\mathrm{Sc}}\underline x\) auffassen. Diese sind polynomial (als Polynom in den Koeffizienten von \(\underline x = x_0 + x_1 \mathbf i\), also in \(x_0\) und \(x_1=\pm \sqrt{1-x_0^2}\), mit bezüglich \(x_1\) gerader Symmetrie). Es gilt also für die Charaktere \(\chi_\xi(\mathop{\mathrm{Sc}}\underline x)=\mathop{\mathrm{tr}}\xi(\underline x)\), \(\chi_\eta(\mathop{\mathrm{Sc}}\underline x)=\mathop{\mathrm{tr}}\eta(\underline x)\) zweier irreduzibler Darstellungen von \(\mathbb S^3\) wegen [eq:4:schur-orth] \[{\pmb(\chi_\xi,\chi_\eta\pmb)}_{\mathrm L^2(\mathbb S^3)} = \frac2\pi \int_{-1}^1 \chi_\xi(t) \chi_{\eta}(t) \sqrt{1-t^2} \,\mathrm dt = \begin{cases} 0 ,\qquad & [\xi]\ne[\eta], \\ 1 ,& [\xi]=[\eta], \end{cases}\] was zu einer eindeutig bestimmten Familie von Orthogonalpolynomen führt. Diese werden als Gegenbauerpolynome 31 bezeichnet. Die Matrixkoeffizienten der zugehörigen Darstellungen heißen Kugelfunktionen . Da Polynome eingeschränkt auf \(\mathbb S^3\) dicht im \(\mathrm L^2(\mathbb S^3)\) sind, ist jede irreduzible Darstellung bis auf Äquivalenz von dieser Form.
Sei \(\pi : G \to \mathcal L(H)\) unitäre Darstellung der kompakten Gruppe \(G\) in einem Hilbertraum \(H\). Ziel ist es wiederum, alle Operatoren \(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\) zu beschreiben. Als motivierendes Beispiel betrachten wir wiederum linksinvariante Operatoren, also Operatoren, welche mit Linkstranslationen kommutieren.
Lemma 4.17. Sei \(A:\mathrm L^2(G)\to\mathrm L^2(G)\) beschränkt und gelte für alle \(x\in G\) die Kommutatoridentität \(AL_x=L_xA\). Dann existiert eine Folge von Matrizen \(a(\xi) \in \mathbb C^{d_\xi\times d_\xi}\) mit \[\label{eq:4.3.1} A f(x) = \sum_{[\xi]\in\widehat G} d_\xi \mathop{\mathrm{tr}}\big( \xi(x) a(\xi) \widehat f(\xi) \big)\] sowie \[\|a\|_{\ell^\infty(\widehat G)} = \sup_{[\xi]\in\widehat G} \| a(\xi)\|_{\rm op} =\|A\|.\]
Proof. Da die Matrixkoeffizienten \(\xi_{i,j}(x)\) eine Orthogonalbasis bilden, genügt es, \(A\) komponentenweise auf \(\xi\) anzuwenden. Sei dazu \[\sigma_A(x,\xi) = \xi(x)^* (A\xi)(x).\] Dann gilt für jedes \(y\in G\) \[\begin{aligned} \sigma_A(y^{-1}x,\xi) &= \xi(x)^* \xi(y) L_y (A\xi)(x) = \xi(x)^* \xi(y) (A\xi(y^{-1})\xi)(x)\notag\\& = \xi(x)^* \xi(y) \xi(y^{-1})(A\xi)(x)=\sigma_A(x,\xi)\end{aligned}\] und \(\sigma_A(x,\xi)\) ist von \(x\) unabhängig. Sei nun \(a(\xi)=\sigma_A(1,\xi)\). Dann gilt nach Konstruktion [eq:4.3.1] sowie \(\|a(\xi)\|_{\rm op} = \|A(\xi)\|_{\mathcal E_\xi\to\mathcal E_\xi}\le \|A\|\). ◻
4.18. Für den allgemeinen Fall erinnern wir zuerst an das in Korollar Korollar 4.7 angegebene kanonische Modell unitärer Darstellungen. Vorerst etwas Notation. Im weiteren Verlauf der Vorlesung nutzen wir folgende (nicht ganz literaturkonforme) Variante des Hilbertraumtensorprodukts. Wir schreiben für zwei Hilberträume \(H_1\) und \(H_2\) \[H_1 \widehat \otimes H_2 = \{ T : H_2 \to H_1\;|\; \text{$T$ Hilbert-Schmidt} \}\] aufgefaßt als Hilbertraum bezüglich des Spurinnenproduktes. Weiter sei zu \(\phi\in H_1\) und \(\psi\in H_2\) \[\phi\otimes\psi (v) = {\pmb(v,\psi\pmb)}\phi,\qquad v\in H_2,\] der zugeordnete Rang-1-Operator. Die Tensorprodukte \(\phi\otimes\psi\) sind dicht in \(H_1\widehat\otimes H_2\). Ist einer der Räume endlichdimensional, so gilt \(H_1\widehat\otimes H_2 = \mathop{\mathrm{span}}\{ \phi\otimes\psi : \phi\in H_1, \psi\in H_2\}=:H_1\otimes H_2\). Für Operatoren \(A\in \mathcal L(H_1)\) und \(B\in\mathcal L(H_2)\) sei \(A\otimes B\) der Operator auf \(H_1\widehat\otimes H_2\), welcher auf den Rang-1-Operatoren \(\phi\otimes\psi\) durch \[(A\otimes B)(\phi\otimes\psi) = (A\phi)\otimes (B\psi)\] agiert.
Sei nun \(\pi : G \to \mathcal L(H)\) gegeben. Ordnet man dann jeder irreduziblen Darstellung \(\xi\in\widehat G\) die Vielfachheit \(\mathfrak m(\xi) = \mathop{\mathrm{mult}}(\pi:\xi)\) zu, dann existiert ein bis auf unitäre Äquivalenz eindeutig bestimmter Isomorphismus \[H \simeq \bigoplus_{[\xi]\in\widehat G} \mathbb C^{d_\xi}\otimes \ell^2(\mathfrak m(\xi)).\] Bezeichnet man den Isomorphismus mit \(\kappa\) und versteht \((\kappa v)(\xi)\in \mathbb C^{d_\xi}\otimes \ell^2(\mathfrak m(\xi))\simeq (\ell^2(\mathfrak m(\xi))^{d_\xi}\) als Vektor mit \(d_\xi\) Komponenten aus \(\ell^2(\mathfrak m(\xi))\), so gilt für jedes \(v\in H\) \[(\kappa \pi(x) v)(\xi) = \xi(x) (\kappa v)(\xi) = (\xi(x)\otimes I) (\kappa v)(\xi)\] als Matrixmultiplikation. Zwei Darstellungen \(\pi_1\) und \(\pi_2\) sind genau dann unitär äquivalent, wenn ihre Vielfachheiten übereinstimmen, also \(\mathfrak m_1(\xi)=\mathfrak m_2(\xi)\) gilt.
Satz 4.19. Sei \(\pi : G\to \mathcal L(H)\) unitäre Darstellung einer kompakten Gruppe \(G\) in einem Hilbertraum \(H\) und \(H\simeq \bigoplus_{[\xi]} \mathbb C^{d_\xi}\otimes \ell^2(\mathfrak m(\xi))\) das zugehörige kanonische Modell. Dann sind äquivalent
\(A\in\mathop{\mathrm{Com}}(\pi)\).
Es existiert eine Familie \(a(\xi) \in \mathcal L(\ell^2(\mathfrak m(\xi)))\), so daß \(A:H\to H\) unter dem kanonischen Isomorphismus für jedes \(\xi\) der Abbildung \[( \kappa A v)(\xi) = (I \otimes a(\xi)) (\kappa v)(\xi)\] entspricht.
4.20. Im folgenden soll die linksreguläre Darstellung von \(\mathrm{SO}(n)\) auf \(\mathrm L^2(\mathbb S^{n-1})\) \[( L_A f )(x) = f(A^{-1} x) ,\qquad\qquad A\in\mathrm{SO}(n), \quad x\in \mathbb S^{n-1}\subset\mathbb R^n,\] betrachtet werden. Nach Satz Satz 4.4 zerfällt diese in irreduzible Darstellungen. Zur Konstruktion dieser nutzen wir eine ähnliche Idee wie im Beispiel Beispiel 4.16 und betrachten Polynome \[\begin{split} \Pi_k = \{ f : \mathbb S^{n-1}\to \mathbb C\;|\; \text{$f$ ist Einschr\"ankung\qquad }\\\text{ eines Polynoms $\mathbb R^n\to\mathbb C$ vom Grad $k$}\}. \end{split}\] Dann gilt \(L_A :\Pi_k\to\Pi_k\) für jedes \(A\in\mathrm{SO}(n)\).
Proposition 4.1. Sei \(\wp\in\mathbb S^{n-1}\) fixiert (der Nordpol der Sphäre) und bezeichne \[\mathcal I_\wp = \{ A\in \mathrm{SO}(n) \;|\; A\wp=\wp \}\] den Stabilisator von \(\wp\). Dann gilt
\(\mathcal I_\wp \simeq \mathrm{SO}(n-1)\);
\(\mathrm{SO}(n) / \mathcal I_\wp = \mathbb S^{n-1}\) mit \([1]_{\mathcal I_\wp}=\wp\);
\(\mathcal I_\wp \backslash \mathrm{SO}(n) / \mathcal I_\wp \simeq [-1,1]\),
zu zwei Punkten \(x,y\in\mathbb S^{n-1}\) mit \(x\cdot\wp = y\cdot\wp\) existiert ein \(A\in\mathcal I_\wp\) mit \(Ax=y\).
Wir versehen \(\mathcal I_\wp\) mit dem normierten Haarmaß. Weiter sei für eine Funktion \(f\in\Pi_k\) \[\widetilde f = \int_{\mathcal I_\wp} L_A f \,\mathrm dA \in \Pi_k,\qquad \widetilde f(x) =\int_{\mathcal I_\wp} f(A^{-1}x)\,\mathrm dA,\] die zugeordnete zonale Funktion. Diese erfüllt \[\widetilde f(Ax) = \widetilde f(x) ,\qquad A\in\mathcal I_\wp.\] Solche Funktionen sind innerhalb von \(\Pi_k\) im wesentlichen eindeutig bestimmt.
Lemma 4.21 (Zonale Kugelfunktionen). Zu jedem \(k\in\mathbb N_0\) existiert ein eindeutig bestimmtes \(\mathcal Y_k\in \Pi_k\) mit \(\mathcal Y_k\perp\Pi_l\), \(l<k\), \[\begin{aligned} &\mathcal Y_k(\wp)=1,\\ \intertext{sowie} & \mathcal Y_k(Ax)=\mathcal Y_k(x),\qquad \text{f\"ur alle}\; A\in\mathcal I_\wp.\end{aligned}\]
Proof. Angenommen, für ein \(l\) wäre \(\Pi_{l+1} \subset \Pi_l\). Dann wäre \(\Pi_{l+2} = x_1 \Pi_{l+1} + \cdots + x_n \Pi_{l+1} +\mathbb C\subset x_1 \Pi_l + \cdots +x_n \Pi_l +\mathbb C\subset \Pi_{l+1}\subset \Pi_l\) und somit \(\Pi = \bigcup_l \Pi_l\) endlichdimensional. Andererseits ist \(\Pi\) nach Stone-Weierstraß dicht in \(\mathrm C(\mathbb S^{n-1})\). Widerspruch. Damit ist \(\Pi_k \ominus \Pi_{k-1}\) für \(k\ge1\) nichttrivial und wir finden ein Element \(f\) mit \(f(\wp)=1\). Die zugeordnete Funktion \(\mathcal Y_k=\widetilde f\) erfüllt das gesuchte.
Es bleibt die Eindeutigkeit zu zeigen. Dazu sei zuerst \(p_k\in\mathrm C[-1,1]\) durch \(p_k(x\cdot\wp)=\mathcal Y_k(x)\) definiert. Schränkt man \(\mathcal Y_k\) auf den Schnitt von \(\mathbb S^{n-1}\) mit einer durch \(\wp\) gehenden Ebene ein, so ist \(\mathcal Y_k\) ein Polynom vom Grad \(k\) in den Variablen \(t=x\cdot \wp\) und \(\theta = x\cdot \wp^\perp = \pm \sqrt{1-t^2}\). Weiter ist \(\mathcal Y_k\) gerade in \(\theta\) und somit \(p_k\) ein Polynom in \(t\) und \((1-t^2)\). Also ist \(p_k\) ein Polynom vom Grad \(k\).
Auf Grund der \(\mathrm L^2\)-Orthogonalität erfüllt die Folge der so konstruierten \(p_k\) für \(k\ne l\) \[\label{eq:4:gegenbauerorth} \int_{-1}^1 p_k(t) p_l(t) (1-t^2)^{(n-3)/2} \,\mathrm dt = 0.\] Als Folge von Orthogonalpolynomen sind die \(p_k\) aber mit der Normierung \(p_k(1)=1\) eindeutig bestimmt. ◻
Die Orthogonalpolynome \(p_k\) mit [eq:4:gegenbauerorth] und geeigneter Normierung werden als Gegenbauerpolynome zum Gewicht \(\alpha=(n-2)/2\) bezeichnet. Diese, sowie die Funktionen \(\mathcal Y_k\), sind nach Konstruktion reellwertig. Da \(\mathcal Y_k\) auf \(\Pi_{k-1}\) orthogonal ist, handelt es sich um die Einschränkung eines homogenen Polynoms vom Grad \(k\).
Korollar 4.22. Sei \(y=A^{-1}\wp\in\mathbb S^{n-1}\) und \(\mathcal I_y=A^{-1}\mathcal I_\wp A\) der Stabilisator von \(y\). Dann gilt \[\int_{\mathcal I_y} \mathcal Y_k(Bx) \,\mathrm dB = { \mathcal Y_k(y) } \mathcal Y_k(Ax).\]
Proof. Die linke Seite ist zonal bezüglich des Punktes \(y=A^{-1}\wp\) und damit ein skalares Vielfaches von \(\mathcal Y_k(Ax)\). Weiter stimmen die linke und die rechte Seite für \(x=y\) überein. ◻
Korollar 4.23 (Laplace32 -Reihen). Es gilt \[\mathrm L^2(\mathbb S^{n-1}) = \bigoplus_{k\in\mathbb N_0} \mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1}) ,\qquad \mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1}) = \mathop{\mathrm{span}}\{ L_A\mathcal Y_k\;|\; A\in\mathrm{SO}(n)\}\] als direkte Summe minimaler invarianter Unterräume der Dimension \[\mathfrak n(k,n-1) =\dim \mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1}).\] Auf jedem der Unterräume \(\mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1})\) agiert \(\mathrm{SO}(n)\) irreduzibel.
Proof. Die Räume \(\mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1})\) sind nach Konstruktion paarweise orthogonal und da die Konstruktion von \(\mathcal Y_k\) unabhängig vom Ausgangselement in \(\Pi_k\ominus\Pi_{k-1}\) ist, gilt \(\mathcal Y^{k}(\mathbb S^{n-1}) = \Pi_k \ominus \Pi_{k-1}\). Weiterhin sind Polynome dicht in \(\mathrm L^2(\mathbb S^{n-1})\). ◻
Korollar 4.24. Angenommen, ein Operator \(T\in\mathcal L(\mathrm L^2(\mathbb S^{n-1}))\) erfüllt \(TL_A=L_AT\) für alle \(A\in\mathrm{SO}(n)\). Dann existieren Zahlen \(\lambda_k\), \(k\in\mathbb N_0\), so daß \[T f = \lambda_k f, \qquad\text{f\"ur alle}\; f \in\mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1})\] gilt.
Proof. Anwendung des Schur-Lemmas Satz 2.16. ◻
Lemma 4.25 (Funk33–Hecke34-Theorem). Sei \(h\in\mathrm C[-1,1]\). Dann gilt für jedes \(f\in\mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1})\) \[\int_{\mathbb S^{n-1}} h(x\cdot y) {f(x)} \,\mathrm dx = c_k {\boldsymbol{|}\mathbb S^{n-2}\boldsymbol{|}} f(y)\] mit \[\label{eq:4:3:12} c_k = \int_{-1}^1 h(t) p_k(t) (1-t^2)^{(n-3)/2} \,\mathrm dt.\]
Proof. Wir betrachten vorerst nur Polynome \(h\) und den Spezialfall \(f=\mathcal Y_k\). Jedes solche \(h\) ist eindeutig in der Form \[h(t) = \sum_{l=0}^m \alpha_l p_l(t),\qquad \alpha_k = \frac{ \int_{-1}^1 h(t) p_l(t) (1-t^2)^{(n-3)/2} \,\mathrm dt}{ \int_{-1}^1 |p_l(t)|^2 (1-t^2)^{(n-3)/2} \,\mathrm dt}\] mit Koeffizienten \(\alpha_l\in\mathbb C\) und Gegenbauerpolynomen \(p_l\) zum Gewicht \((n-2)/2\) darstellbar. Weiterhin gehört \(x\mapsto p_l(x\cdot y)\) für \(l\ne k\) und jedes \(y\in\mathbb S^{n-1}\) zu \(\mathcal Y^l(\mathbb S^{n-1})\) und es folgt \[\begin{split} & \int_{\mathbb S^{n-1}} h(x\cdot y) {\mathcal Y_k(x)} \,\mathrm dx = \alpha_k \int_{\mathbb S^{n-1}} p_k(x\cdot y) {\mathcal Y_k(x)} \,\mathrm dx\\ &\quad = \alpha_k \int_{\mathcal I_y} \int_{\mathbb S^{n-1}} p_k(x\cdot A y) {\mathcal Y_k(x)} \,\mathrm dx \,\mathrm dA = \alpha_k \int_{\mathbb S^{n-1}} p_k(x\cdot y) \int_{\mathcal I_y} {\mathcal Y_k(A x)} \,\mathrm dA \,\mathrm dx \\ &\quad = \alpha_k {\boldsymbol{|}\mathbb S^{n-2}\boldsymbol{|}} {\mathcal Y_k(y)} \int_{-1}^1 |p_k(t)|^2 (1-t^2)^{(n-3)/2} \,\mathrm dt = c_k {\boldsymbol{|}\mathbb S^{n-2}\boldsymbol{|}} {\mathcal Y_k(y)} \end{split}\] und \(c_k\) ergibt sich aus [eq:4:3:12]. Stetige Fortsetzung liefert die Behauptung für alle stetigen \(h\). Weiter gilt \[\int_{\mathbb S^{n-1}} h(x\cdot y) \mathcal Y_k(Ax) \,\mathrm dx = \int_{\mathbb S^{n-1}} h(x\cdot A y) \mathcal Y_k(x) \,\mathrm dx = c_k {\boldsymbol{|}\mathbb S^{n-2}\boldsymbol{|}} {\mathcal Y_k(A y)}\] und mit Linearität folgt die Behauptung für alle \(f\in\mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1})\). ◻
Korollar 4.26. Es gilt \[{\pmb(L_A\mathcal Y_k,\mathcal Y_k\pmb)} = \int_{\mathbb S^{n-1}} \mathcal Y_k(A^{-1}x) \mathcal Y_k(x) \,\mathrm dx = \mathcal Y_k(A\wp) \,\|\mathcal Y_k\|_{2}^2\] für alle \(A\in\mathrm{SO}(n)\) und \(k\in\mathbb N_0\).
Beispiel 4.27 (Wahl von Orthogonalbasen in \(\mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1})\)). Die Wahl einer Basis von \(\mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1})\) ist nicht kanonisch. Einerseits kann man für jedes \(k\) eine Auswahl \(A_1,\ldots, A_{\mathfrak n(k,n-1)} \in \mathrm{SO}(n)\) treffen, so daß die Funktionen \[\mathcal Y_{k}(A_j x),\qquad j=1,\ldots, \mathfrak n(k,n-1)\] ein vollständiges Orthogonalsystem von \(\mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1})\) bilden. Da die Auswahl von \(k\) abhängt, ist dies aber für praktische Rechnungen eher unhandlich. Andererseits gilt \(\mathbb S^{n-1} = [-1,1]\times \mathbb S^{n-2}\) (modulo Nullmengen), der erste Faktor entspricht dabei für jedes \(x\in\mathbb S^{n-1}\) dem Innenprodukt \(x\cdot\wp\) und der zweite bestimmt Koordinaten auf den Schnitten \(x\cdot\wp = \rm{const}\). Das kann man iterativ fortsetzen und man erhält eine iterative Konstruktion einer Orthogonalbasis.
Wir geben nur den ersten Schritt. Der Raum \(\mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1})\) ist invariant unter den Rotationen der Gruppe \(\mathcal I_\wp\simeq\mathrm{SO(n-1)}\) und zerfällt damit in eine direkte Summe minimal invarianter Teilräume, \[\mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1}) = \bigoplus_{\ell} \mathcal Y^{k,\ell} (\mathbb S^{n-1}), \qquad \mathcal Y^{k,\ell}(\mathbb S^{n-1}) = \mathop{\mathrm{span}}\{ L_A \mathcal Y_{k,\ell} \;:\; A\in\mathcal I_\wp \},\] für geeignete Funktionen \(\mathcal Y_{k,\ell}\in\mathcal Y^k(\mathbb S^{n-1})\). Bei richtiger Indizierung gilt \(\mathcal Y_{k,\ell}|_{\mathbb S^{n-2}} \in \mathcal Y^\ell(\mathbb S^{n-2})\) und aufgrund von Schur’s Lemma gibt es eine eindeutig bestimmte Funktion \(p_{k,\ell} \in \mathrm C[-1,1]\) mit \[\mathcal Y_{k,\ell} (x) = p_{k,\ell}(x\cdot\wp) \mathcal Y_{k,\ell} (x-(x\cdot\wp)\wp),\] wobei \(\mathcal Y_{k,\ell}\) als homogen vom Grad \(\ell\) auf den \(\mathbb R^{n-1}\) fortgesetzt zu denken ist. Die auftretenden Funktionen \(p_{k,\ell}(t)\) sind dabei Polynome vom Grad \(k-\ell\) in den Variablen \(t\) und \(\sqrt{1-t^2}\). Zur Konstruktion einer Orthogonalbasis durchlaufen die Funktionen \(\mathcal Y_{k,\ell} (x-(x\cdot\wp)\wp)\) eine Orthogonalbasis von \(\mathcal Y^\ell(\mathbb S^{n-2})\). Insbesondere folgt \[\mathfrak n(k,n-1)=1+\mathfrak n(1,n-2)+\cdots+\mathfrak n(k,n-2)\] und zusammen mit \(\mathfrak n(0,1)=1\) und \(\mathfrak n(k,1) = 2\) für \(k\ge1\) sind alle auftretenden Dimensionen berechenbar. Per Induktion folgt \[\mathfrak n(k,n-1) = \binom{n+k-1}{n-1} -\binom{n+k-3}{n-1},\qquad n\ge 1, k\ge 0.\]
Für den speziellen Fall \(n=3\) ist man dabei nach einem Schritt fertig, die Standardwahl einer solchen Basis ist in Kugelkoordinaten \(x=(\sin(\theta), \cos(\theta)\sin(\phi), \cos(\theta)\cos(\phi))\) durch die Funktionen \[\mathcal Y^{(2)}_{k,0}(x)= P_k(\sin\theta),\] sowie \[\mathcal Y^{(2)}_{k,\ell}(x)= P_{k,\ell} (\sin\theta) \mathrm e^{\mathrm i\ell \phi},\qquad\text{und}\qquad \mathcal Y^{(2)}_{k,-\ell}(x)= P_{k,\ell} (\sin\theta) \mathrm e^{-\mathrm i\ell \phi},\] für \(\ell=0,\ldots,k-1\) gegeben. Dabei bezeichnet \(P_k(t)\) das \(k\)-te Legendrepolynom und \(P_{k,\ell}(t)\) assoziierte Legendrefunktionen .
Beispiel 4.28. Der Laplace–Beltrami-Operator auf \(\mathbb S^{n-1}\), kommutiert mit der Aktion der Gruppe \(\mathrm{SO}(n-1)\). Damit sind Kugelfunktionen Eigenfunktionen, es gilt \[\Delta_{\mathbb S^2} f = -k (k+n-2) f,\qquad \text{f\"ur alle}\; f\in\mathcal Y^{k}(\mathbb S^{n-1}).\] Der Beweis erfolgt durch Nachrechnen und impliziert unter anderem, daß die Funktionen \(|x|^{k} f(x/|x|)\) harmonische Polynome auf dem \(\mathbb R^n\) sind.
Beispiel 4.29 (Funk-Transformation). Für stetige Funktionen \(f\in\mathrm C(\mathbb S^{n-1})\) definieren wir die Funktransformation
\[\mathfrak Ff(x) = \frac1{{\boldsymbol{|}\mathbb S^{n-2}\boldsymbol{|}}} \int_{x^\perp \cap \mathbb S^{n-1}} f(y) \,\mathrm dy\] als Integrale über die Sphären \(x^\perp\cap\mathbb S^{n-1} = \{ y\in\mathbb S^{n-1} \;|\; x\cdot y=0\} \simeq \mathbb S^{n-2}\) versehen mit dem \(n-2\)-dimensionalen Lebesguemaß. Diese bestimmt eine stetige Funktion \(\mathfrak Ff\in \mathrm C(\mathbb S^{n-1})\). Die Funktransformation bildet alle ungeraden Funktionen auf Null ab, es stellt sich die Frage, ob man gerade Funktionen aus ihren Bildern rekonstruieren kann. Da \(\mathfrak F\) mit der Aktion der Gruppe \(\mathrm{SO}(n)\) kommutiert, existieren Zahlen \(\lambda_k\in\mathbb C\) mit \[\mathfrak F f = \lambda_k f,\qquad \text{f\"ur alle }\, f\in\mathcal Y^{k}(\mathbb S^{n-1}).\] Diese sind durch spezielle Wahl von \(f\) berechenbar, es gilt \[\lambda_k = \mathfrak F\mathcal Y_k (\wp ) = p_k(0) \; \begin{cases} \ne0,\qquad &k=2\ell,\\=0,& k=2\ell+1.\end{cases}\] Damit sind gerade Funktionen aus ihrer Funktransformation rekonstruierbar. Im Falle \(n=3\) gilt \(P_{2\ell}(0)=(-1)^\ell \frac{(2\ell)!}{(\ell!2^\ell)^2} \sim (-1)^\ell (\pi\ell)^{-1/2}\) und die stetige Fortsetzung von \(\mathfrak F\) bildet gerade Funktionen aus \(\mathrm L^2(\mathbb S^2)\) bijektiv auf gerade Sobolevfunktionen aus \(\mathrm H^{1/2} (\mathbb S^2)\) ab.
Definition 5.1. Sei \(S\) ein Vektorraum über \(\mathbb R\) und \(\gamma : S\times S\to \mathbb R\) eine Bilinearform. Dann heißt \(\gamma\) symplektisch , falls
\(\gamma\) antisymmetrisch ist, \(\gamma(u,v)=-\gamma(v,u)\) für alle \(u,v\in S\); und
\(\gamma\) nichtentartet ist, also aus \(\gamma(u,v)=0\) für alle \(v\in S\) stets \(u=0\) folgt.
Ein Vektorraum \(S\) mit einer symplektischen Form \(\gamma\) heißt symplektischer Vektorraum. Ein lineare Abbildung \(A\in\mathcal L(S_1,S_2)\) zwischen zwei symplektischen Vektorräumen heißt symplektisch , falls \[\gamma_2(Au,Av) = \gamma_1(u,v)\] für alle \(u,v\in S_1\) gilt.
Beispiel 5.2. Ein (sehr allgemeines) Beispiel ist das folgende. Sei \(V\) ein endlichdimensionaler Vektorraum über \(\mathbb R\) und \(V'\) sein Dual. Dann definiert \[\label{eq:5:sympl} \gamma((x,\xi),(y,\eta)) =\langle\eta,x\rangle- \langle\xi,y\rangle\] eine symplektische Form auf dem Produktraum \(S=V\times V'\).
Proposition 5.3. Sei \(S\) ein endlichdimensionaler symplektischer Vektorraum. Dann ist \(\dim S=2n\) und es existiert ein symplektischer Isomorphismus von \(S\) auf \(\mathbb R^{2n}=\mathbb R^n\times\mathbb R^n\) versehen mit der symplektischen Form [eq:5:sympl].
Proof. Der Beweis beruht auf der Konstruktion einer symplektischen Basis in \(S\). Sei dazu \(e_1\ne0\) ein Vektor. Da \(\gamma\) nichtentartet ist, existiert insbesondere ein \(\varepsilon_1\in S\) mit \(\gamma(\varepsilon_1,e_1)=1\). Da \(\gamma(\varepsilon_1,\varepsilon_1)=0\) gilt, ist \(S_1=\mathop{\mathrm{span}}\{e_1,\varepsilon_1\}\) zweidimensional. Sei nun \[S_0 = \{ v\in S : \gamma(u,v)=0 \;\text{f\"ur $u\in S_1$}\}\] das symplektische Komplement von \(S_1\). Dann gilt \(S_1\cap S_0=\{0\}\), da jedes \(\alpha e_1+\beta \varepsilon_1\in S_0\cap S_1\) \[0= \gamma(\varepsilon_1, \alpha e_1+\beta \varepsilon_1) = \alpha,\qquad 0= \gamma(e_1,\alpha e_1+\beta \varepsilon_1) = -\beta\] erfüllt, und \(S = S_1 + S_0\), da für jedes \(v\in S\) \[v+\gamma(e_1,v)\varepsilon_1 - \gamma(\varepsilon_1,v)e_1\in S_0\] gilt. Weiterhin ist die Einschränkung von \(\gamma\) auf \(S_0\) wiederum symplektisch. Angenommen, ein \(w\in S_0\) erfüllt \(\gamma(v,w)=0\) für alle \(v\in S_0\). Das impliziert mit Linearität \(\gamma(u+v,w)=0\) für alle \(u\in S_1\) und alle \(v\in S_0\) und damit \(w=0\).
Da \(\dim S_0 = \dim S - 2\) gilt, liefert das Verfahren nach endlich vielen Schritten den trivialen Vektorraum und wir haben eine Basis \(\{ e_1,\ldots, e_n,\varepsilon_1,\ldots, \varepsilon_n\}\) von \(S\) mit \[\gamma(\varepsilon_k,e_\ell) = - \gamma(e_{\ell},\varepsilon_k) = \delta_{k,\ell},\qquad \gamma(e_k,e_\ell)=\gamma(\varepsilon_k,\varepsilon_\ell)=0\] für alle \(k,\ell = 1,\ldots, n\). ◻
Lemma 5.4. Sei \(S\) ein symplektischer Vektorraum. Dann definiert \[(u,s) \boxplus (v,t) = (u+v, s+t + \textstyle\frac12 \gamma(u,v))\] eine Gruppenstruktur auf \(\mathbb H(S) = S\times \mathbb R\) mit neutralem Element \((0,0)\) und Inversenbildung \(\boxminus(u,s)=(-u,-s)\).
Proof. Erfolgt durch Nachrechnen, die Assoziativität folgt aus \[\begin{aligned} ( (u,r)\boxplus(v,s) )\boxplus (w,t) &= (u+v+w, (r+s +\textstyle\frac12 \gamma(u,v))+t +\textstyle\frac12 \gamma(u+v,w) ) \notag\\ & = ( u+v+w, r+s+t + \textstyle\frac12\gamma(u,v)+\textstyle\frac12\gamma(u,w)+\textstyle\frac12\gamma(v,w)) \notag\\ &= (u+v+r, r+(s+t+\textstyle\frac12\gamma(v,w)) +\textstyle\frac12 \gamma(u,v+w) \notag\\ &= (u,r) \boxplus ((v,s)\boxplus(w,t));\end{aligned}\] während die Eigenschaften des neutralen Elements offensichtlich sind. Die Inversion folgt aus \[(u,s) \boxplus (-u,-s) = (u-u, s-s+\textstyle\frac12\gamma(u,-u))=(0,0)\] unter Ausnutzung von \(\gamma(u,u)=0\). ◻
Die so konstruierte Gruppe wird als zu \(S\) zugeordnete Heisenberggruppe 35 bezeichnet. Das kanonische Modell endlichdimensionaler symplektischer Vektorräume liefert die Familie der (symmetrischen) Heisenberggruppen \(\mathbb H_n\) \[\mathbb H_n = \{ (x,\xi,\tau) \;|\; x,\xi\in\mathbb R^n,\; \tau \in\mathbb R\}\] mit der Operation \[(x,\xi,\tau)\boxplus (y,\eta,\sigma) = (x+y, \xi+ \eta, \tau+\sigma + \textstyle\frac12(x\cdot \eta-y\cdot\xi) ),\] dem neutralen Element \(0=(0,0,0)\) und dem Inversen \(\boxminus (x,\xi,\tau) = ( -x, -\xi, - \tau )\). Versehen mit der Topologie des \(\mathbb R^{2n+1}\) handelt es sich um eine lokalkompakte topologische Gruppe. Sie ist unimodular und das Haarmaß durch das Lebesguemaß gegeben.
5.5. Auf dem \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) betrachten wir die beiden Darstellungen \[\mathbb R^n \ni y \mapsto T_y \in \mathcal L(\mathrm L^2(\mathbb R^n)),\qquad T_y f(x) = f(x-y),\] und \[\mathbb R^n \ni \eta \mapsto M_\eta \in \mathcal L(\mathrm L^2(\mathbb R^n)),\qquad M_\eta f(x) = \mathrm e^{-2\pi\mathrm ix\cdot\eta} f(x),\] des \(\mathbb R^n\). Diese erfüllen die Kommutatorrelation \[T_y M_\eta f = \mathrm e^{2\pi\mathrm iy\cdot\eta} M_\eta T_y f,\] kommutieren also bis auf den skalaren Phasenfaktor \(\mathrm e^{2\pi\mathrm iy\cdot\eta}\). Die Struktur der Heisenberggruppe ist so gewählt, daß eine Darstellung exstiert, welche sowohl die Translationen als auch die Modulationen enthält. Wie man leicht nachrechnen kann, ist \(\rho : \mathbb H_n \to \mathcal L(\mathrm L^2(\mathbb R^n))\) mit \[\rho(x,\xi,\tau) f = \mathrm e^{2\pi\mathrm i\tau+\pi\mathrm ix\cdot\xi} M_\xi T_x f\] eine unitäre Darstellung von \(\mathbb H_n\) in \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\), \[\begin{aligned} \rho(x,\xi,\tau) \rho(y,\eta,\sigma) f &= \mathrm e^{2\pi\mathrm i\tau+\pi\mathrm ix\cdot\xi } M_\xi T_x \mathrm e^{2\pi\mathrm i\sigma+\pi\mathrm iy\cdot\eta} M_\eta T_y f\notag\\ & = \mathrm e^{2\pi\mathrm i(\tau+\sigma +x\cdot\eta) +\pi\mathrm ix\cdot\xi +\pi\mathrm iy\cdot\eta } M_{\xi+\eta} T_{x+y} f \notag\\ & = \mathrm e^{2\pi\mathrm i(\tau+\sigma +\frac12 (x\cdot\eta-y\cdot\xi)) + \pi\mathrm i(x+y)\cdot(\xi+\eta) } M_{\xi+\eta} T_{x+y} f \notag\\ &= \rho((x,\xi,\tau)\boxplus(y,\eta,\sigma)) f\end{aligned}\] mit \(\rho(x,0,0)=T_x\) und \(\rho(0,\xi,0)=M_\xi\).
Im folgenden sollen alle irreduziblen Darstellungen der Heisenberggruppe konstruiert werden. Wir folgen dabei nicht dem Originalbeweis von Stone und von Neumann sondern den Arbeiten von Mackey36 (die sich auf viele andere Gruppen verallgemeinern lassen). Die Konstruktion basiert auf der Hellinger–Hahn-Zerlegung von Spektralmaßen sowie folgendem elementaren Lemma.
Lemma 5.6. Sei \(\mu\) ein positives endliches Radonmaß auf einer Gruppe \(G\) und gelte \(L_y \mu\ll \mu\) für alle \(y\in G\). Dann ist \(\mu\) absolutstetig bezüglich des Haarmaßes von \(G\).
Proof. Die folgende Beweisidee geht auf L. Loomis37 zurück. Sei o.B.d.A. \(\mu\ne0\). Sei \(E\subset G\) eine Borelmenge. Dann ist \[(L_y\mu)(E) = \int_G 1_E(x) \,\mathrm d\mu(y^{-1}x) = \int_G 1_E(yx) \,\mathrm d\mu(x) = \int_G 1_{y^{-1}E}(x)\,\mathrm d\mu(x) = \mu(y^{-1}E)\] und, da \(\{ (x,y) \in G\times G : xy\in E \}\) borelsch ist, auch mit dem Satz von Fubini \[\int_G \mu(yE) \,\mathrm dy = \int_G \int_G 1_{E}(y^{-1} x) \,\mathrm d\mu(x) \,\mathrm dy = \int_G \int_G 1_{E^{-1}}(x^{-1} y) \,\mathrm d\mu(x) \,\mathrm dy = {\boldsymbol{|}E^{-1}\boldsymbol{|}} \,\mu(G).\] Somit ist \(E\) (und \(E^{-1}\)) genau dann eine Nullmenge bezüglich des Haarmaßes, wenn \((L_y\mu)(E)\) für fast alle \(y\) Null ist. Nach Voraussetzung sind das aber gerade \(\mu\)-Nullmengen. ◻
5.7. Ist \(\pi : \mathbb H_n \to \mathcal L(H)\) eine unitäre Darstellung der Heisenberggruppe \(\mathbb H_n\) in einem separablen Hilbertraum \(H\), so liefert die Einschränkung von \(\pi\) auf das Zentrum \(N=\{(0,0,\tau)\}\lhd\mathbb H_n\) eine unitäre Darstellung von \(\mathbb R\) in \(H\). Also existiert ein Spektralmaß \({\boldsymbol\mu}\) auf \(\mathbb R\), so daß \[\pi(0,0,\tau)=\int_{\mathbb R} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\lambda\tau} \,\mathrm d{\boldsymbol\mu}(\lambda)\] gilt. Da \(\pi(x,\xi,\sigma) \pi(0,0,\tau)= \pi(0,0,\tau)\pi(x,\xi,\sigma)\) gilt, folgt \(\pi(x,\xi,\sigma){\boldsymbol\mu}(E)={\boldsymbol\mu}(E)\pi(x,\xi,\sigma)\) für jede Borelmenge \(E\subset\mathbb R\). Ist \(\pi\) irreduzibel, so impliziert das \(\mathop{\mathrm{supp}}{\boldsymbol\mu}=\{\lambda\}\) für ein \(\lambda\in\mathbb R\).
Darstellungen zu verschiedenen \(\lambda\) sind nicht äquivalent. Im folgenden konstruieren wir zu jedem \(\lambda\in\mathbb R\) alle irreduziblen Darstellung mit \(\pi(0,0,\tau)=\mathrm e^{2\pi\mathrm i\lambda\tau} I\).
Satz 5.8 (Stone–von Neumann). Sei \(\pi : \mathbb H_n \to \mathcal L(H)\) eine irreduzible unitäre Darstellung der Heisenberggruppe \(\mathbb H_n\). Dann gilt bis auf unitäre Äquivalenz entweder
\(H=\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) und es existiert ein \(\lambda\ne0\) mit \[\pi(x,\xi,\tau) f = \mathrm e^{2\pi\mathrm i\lambda \tau+\pi\mathrm i\lambda x\cdot\xi} M_{ \xi} T_{\lambda x} f;\] oder
\(H=\mathbb C\) und es existieren \(b,\beta\in\mathbb R^n\), so daß \(\pi(x,\xi,\tau)=\mathrm e^{2\pi\mathrm i(b\cdot x+\beta\cdot \xi)}\).
Proof. Erster Fall: \(\lambda=0\). Da in diesem Fall \(\pi(x,\xi,\tau)=\pi(x,\xi,0)\pi(0,0,\tau)=\pi(x,\xi,0)\) gilt und \(\pi(x,\xi,0)\pi(y,\eta,0)=\pi(x+y,\xi+\eta,\frac12( x\cdot\eta-y\cdot\xi))=\pi(y,\eta,0)\pi(x,\xi,0)\) kommutiert, handelt es sich um eine irreduzible Darstellung des \(\mathbb R^{2n}\) und es folgt \(\dim H=1\) sowie \(\pi(x,\xi,\tau)=\mathrm e^{2\pi\mathrm i(b\cdot x+\beta\cdot \xi)}\) für \(b,\beta\in\mathbb R^n\).
Zweiter Fall: \(\lambda\ne0\). Es sei \({\boldsymbol\nu}\) das Spektralmaß der Darstellung \(\xi \mapsto \pi(0,-\xi,0)\), \(\xi\in\mathbb R^n\). Dann gilt \[\pi(0,\xi,0) = \int_{\mathbb R^n} \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\xi\cdot \beta} \,\mathrm d{\boldsymbol\nu}(\beta)\] und wegen \[\begin{aligned} \pi(0,\xi,0)\pi(y,\eta,\sigma)&=\pi(y,\xi+\eta,\sigma - \frac12y\cdot\xi) = \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\lambda y\cdot\xi} \pi(y,\xi+\eta,\sigma+\frac12 y\cdot\xi)\notag\\ &=\mathrm e^{-2\pi\mathrm i\lambda y\cdot\xi} \pi(y,\eta,\sigma)\pi(0,\xi,0)\end{aligned}\] folgt \[\begin{aligned} \pi(-y,-\eta,-\sigma)\pi(0,\xi,0)\pi(y,\eta,\sigma)&= \int_{\mathbb R^n} \mathrm e^{- 2\pi\mathrm i\xi\cdot (\beta+ \lambda y)} \,\mathrm d{\boldsymbol\nu}(\beta) = \int_{\mathbb R^n} \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\xi\cdot \beta} \,\mathrm d{\boldsymbol\nu}(\beta-\lambda y) \end{aligned}\] und damit \({\boldsymbol\nu}_{u,u}(\beta - \lambda y) = {\boldsymbol\nu}_{\pi(y,\eta,\sigma) u,\pi(y,\eta,\sigma) u}(\beta)\).
Wir ersetzen \(H\) durch das kanonische Modell bezüglich des Spektralmaßes \({\boldsymbol\nu}\), \[H\simeq \bigoplus_k \mathrm L^2(\Sigma_k,\,\mathrm d\nu;\ell^2(k)),\] wobei \(\Sigma_k=\{\beta\in\mathbb R^n \;:\; \mathfrak m(\beta)=k\}\), \(\mathfrak m\) die spektrale Vielfachheit und \(\nu={\boldsymbol\nu}_{u,u}\) das dominante Maß ist. Nach obiger Rechnung gilt \[\nu (\cdot-\lambda y)\ll \nu,\qquad \text{f\"ur alle $y\in\mathbb R^n$}.\] Damit existiert nach Lemma Lemma 5.6 eine Dichtefunktion von \(\nu\) bezüglich des Lebesguemaßes, gilt \(\mathfrak m(\beta)=\mathrm{const}\) und insbesondere auch \(\mathop{\mathrm{supp}}\nu=\mathbb R^n\); wir können das kanonische Modell also durch \[H\simeq \mathrm L^2(\mathbb R^n;\ell^2(k)) = \bigoplus \mathrm L^2(\mathbb R^n)\] ersetzen. Weiter agiert \(\pi(0,\xi,0)\) auf \(f\in\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) durch Multiplikation, \[\pi(0,\xi,0)f(\beta)= \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\xi\cdot \beta} f(\beta),\] und \(\pi(y,0,0)\) durch Translation um \(\lambda y\), \[\pi(y,0,0)f(\beta)= f(\beta-\lambda y).\] Also agiert \(\pi\) auf jedem einzelnen Summanden des kanonischen Modells. Wegen Irreduzibilität folgt \(\mathfrak m = 1\) und somit \(H=\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) sowie \[\pi(x,\xi,\tau) f = \pi(0,0,\tau+\textstyle\frac12 x\cdot \xi)\pi(0,\xi,0) \pi(x,0,0) = \mathrm e^{2\pi\mathrm i\lambda\tau +\pi\mathrm i\lambda x\cdot\xi} M_\xi T_{\lambda x} f\] und damit die Behauptung. ◻
5.9. Die endlichdimensionalen Darstellungen sind eher uninterressant und werden im folgenden keine Rolle spielen. Für die unendlichdimensionalen Darstellungen der Heisenberggruppe schreiben wir \[\rho_\lambda(x,\xi,\tau) = \mathrm e^{2\pi\mathrm i\lambda \tau + \pi\mathrm i\lambda x\cdot\xi} M_{\xi} T_{\lambda x} ,\qquad \lambda\in\mathbb R\setminus\{0\}.\] Diese werden als Schrödingerdarstellungen 38 von \(\mathbb H_n\) bezeichnet. Der Parameter \(\lambda\) entspricht dem Planckschen Wirkungsquantum der Quantenmechanik. Im folgenden werden wir Variablen in \(\mathbb H_n\) mit Großbuchstaben bezeichnen und schreiben somit kurz \(\rho_\lambda(X)\) für \(\rho_\lambda(x,\xi,\tau)\).
Bevor wir weitere Aussagen beweisen, fassen wir zuerst einige wichtige Formeln zusammen.
Da die Schrödingerdarstellungen irreduzibel sind, gilt für jedes feste \(\lambda\in\mathbb R\setminus\{0\}\) und jede Nichtnullfunktion \(f\in\mathrm L^2(\mathbb R^n)\), \(f\ne 0\), \[\mathrm L^2(\mathbb R^{n}) = \overline{\mathop{\mathrm{span}}}\{ \rho_\lambda(X) f : X\in\mathbb H_n \}.\]
Weiter ist für jedes \(f\in\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) mit \(\|f\|_2=1\) die Funktion \[V_f(X) = {\pmb(\rho_\lambda(X) f,f\pmb)}\] von positivem Typ auf \(\mathbb H_n\) und normiert. Sie wird als quadratische Fourier–Wigner-Verteilung 39 von \(f\) zum Parameter \(\lambda\) bezeichnet. Wir beschränken uns auf den Fall \(\lambda=1\). Einsetzen der Definition der Schrödingerdarstellung liefert dann für \(X=(x,\xi,\tau)\) \[\begin{aligned} V_f(x,\xi,\tau) &= {\pmb(\rho(x,\xi,\tau)f,f\pmb)} = \mathrm e^{2\pi\mathrm i\tau} \int_{\mathbb R^n} \mathrm e^{ \pi\mathrm i( x-2y)\cdot\xi} f(y- x) \overline{f(y)} \,\mathrm dy\notag\\ &= \mathrm e^{2\pi\mathrm i\tau} \int_{\mathbb R^n} \mathrm e^{- 2 \pi\mathrm iy\cdot\xi} f\left(y-\frac { x}2\right) \overline{f\left(y+\frac { x}2\right)} \,\mathrm dy,\end{aligned}\] die \(\tau\)-Abhängigkeit wird oft ignoriert und stattdessen \(\mathcal V_f(x,\xi)=V_f(x,\xi,0)\) betrachtet. Eng dazu verwand sind die Matrixkoeffizienten der Darstellung, \[V_{f,g}(X) = {\pmb(\rho(X) f,g\pmb)},\qquad f,g\in\mathrm L^2(\mathbb R^{2n}),\] mit expliziter Form \[V_{f,g}(x,\xi,\tau) = {\pmb(\rho(x,\xi,\tau)f,g\pmb)} = \mathrm e^{2\pi\mathrm i\tau} \int_{\mathbb R^n} \mathrm e^{- 2 \pi\mathrm iy\cdot\xi} f\left(y-\frac{ x}2\right) \overline{g\left(y+\frac{ x}2\right)} \,\mathrm dy.\] Wiederum beschränkt man sich oft auf den Fall \(\tau=0\) und definiert \(\mathcal V_{f,g}(x,\xi) = V_{f,g}(x,\xi,0)\). In diesem Fall gilt die Moyal-Identität 40 \[{\pmb(\mathcal V_{f_1,g_1},\mathcal V_{f_2,g_2}\pmb)}_{\mathrm L^2(\mathbb R^{2n})} = {\pmb(f_1,f_2\pmb)}_{\mathrm L^2(\mathbb R^n)}\, \overline{ {\pmb(g_1,g_2\pmb)} }_{\mathrm L^2(\mathbb R^n)}\] (welche direkt aus der Plancherel-Identität der Fouriertransformation folgt) sowie die Abschätzung \[\| \mathcal V_{f,g}\|_\infty \le \|f\|_2 \|g\|_2.\] Die stetige Fortsetzung \(\mathcal V : \mathrm L^2(\mathbb R^n) \widehat\otimes \mathrm L^2(\mathbb R^n) \to \mathrm L^2(\mathbb R^{2n})\) ist unitär und wird als Fourier–Wigner-Transformation bezeichnet.
Sei \(F\in\mathrm L^1(\mathbb H_n)\). Dann liefert die zugeordnete integrierte Darstellung den Operator \[\rho_\lambda(F) = \int_{\mathbb H_n} F(X) \rho_\lambda(X) \,\mathrm dX = \iiint F(x,\xi,\tau) \mathrm e^{2\pi\mathrm i\lambda\tau+\pi\mathrm i\lambda x\cdot\xi} M_{\xi}T_{\lambda x} \,\mathrm dx\,\mathrm d\xi\,\mathrm d\tau.\] Es gilt \(\rho_\lambda(F)\in\mathcal L(\mathrm L^2(\mathbb R^n))\) mit \(\|\rho_\lambda(F)\|\le \|F\|_1\). Verwandt dazu ist die nichtkommutative Fouriertransformation, wir definieren \[\widehat F(\rho_\lambda) = \int_{\mathbb H_n} F(X) \rho_\lambda(\boxminus X)\,\mathrm dX\] und geben wiederum der Vollständigkeit halber eine explizite Formel dafür an. Es gilt für \(F\in\mathrm L^1(\mathbb H_n)\) und \(\phi\in\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) \[\begin{aligned} \widehat F(\rho_\lambda) \phi(x) &= \iiint F(y,\eta,\sigma) \rho_\lambda(-y,-\eta,-\sigma)\phi(x) \,\mathrm dy\,\mathrm d\eta\,\mathrm d\sigma\\\notag &=\iiint F(y,\eta,\sigma) \mathrm e^{-2\pi\mathrm i\lambda\sigma+\pi\mathrm i\lambda y\cdot\eta+2\pi\mathrm ix\cdot\eta } \phi(x+\lambda y) \,\mathrm dy\,\mathrm d\eta\,\mathrm d\sigma\\\notag &= |\lambda|^{-n}\iiint F(\lambda^{-1}(y-x),\eta,\sigma) \mathrm e^{\pi\mathrm i(x+y)\cdot \eta - 2\pi\mathrm i\lambda\sigma }\phi(y) \,\mathrm dy\,\mathrm d\eta\,\mathrm d\sigma\end{aligned}\] und \(\widehat F(\rho_\lambda)\) ist ein Integraloperator mit Integralkern \[|\lambda|^{-n} \iint F(\lambda^{-1}(y-x),\eta,\sigma) \mathrm e^{\pi\mathrm i(x+y)\cdot \eta - 2\pi\mathrm i\lambda\sigma } \,\mathrm d\eta\,\mathrm d\sigma.\]
Für das folgende benötigen wir den Schwartzraum \(\mathcal S(\mathbb H_n)\) auf der Heisenberggruppe; wir bezeichnen eine Funktion \(\mathbb H_n\to\mathbb C\) als Schwartzfunktion, falls sie als Funktion auf \(\mathbb R^{2n+1}\) Schwartz ist.
Satz 5.10 (Plancherel-Identität). Sei \(F\in\mathcal S(\mathbb H_n)\). Dann ist \(\widehat F(\rho_\lambda)\) Hilbert–Schmidt für alle \(\lambda\ne0\), es gilt die Inversionsformel \[\label{eq:5.2:FInv} F(X) = \int_{\mathbb R\setminus\{0\}}|\lambda|^n \mathop{\mathrm{tr}}\big(\widehat F(\rho_\lambda) \rho_\lambda(X) \big) \,\mathrm d\lambda,\] sowie \[\label{eq:5.2:FPlan} \| F\|_2^2 = \int_{\mathbb R\setminus\{0\}} \|\widehat F(\rho_\lambda)\|_{\rm HS}^2\; |\lambda|^{n} \,\mathrm d\lambda.\] Die stetige Fortsetzung der Fouriertransformation liefert einen isometrischen Isomorphismus \[\mathrm L^2(\mathbb H_n) \simeq \mathrm L^2(\mathbb R\setminus\{0\} , |\lambda|^n \,\mathrm d\lambda; \mathrm L^2(\mathbb R^n)\widehat\otimes \mathrm L^2(\mathbb R^n)).\]
Proof. Ist \(F\in\mathcal S(\mathbb H_n)\) eine Schwartzfunktion, so ist der Integralkern des Operators \(\widehat F(\rho_\lambda)\) ein Schwartzfunktion auf \(\mathbb R^{2n}\), der Operator \(\widehat F(\rho_\lambda)\) ein Spurklasseoperator. Wir berechnen zuerst den Operator \(\widehat F(\rho_\lambda)\rho_\lambda\); es gilt \[\begin{aligned} \widehat F(\rho_\lambda)\rho_\lambda(X) = \int_{\mathbb H_n} F(Y) \rho_\lambda((\boxminus Y)\boxplus X) \,\mathrm dY = \int_{\mathbb H_n} F(X\boxplus Z) \rho_\lambda(\boxminus Z) \,\mathrm dZ = \widehat G(\rho_\lambda)\end{aligned}\] mit der Substitution \(Z=(\boxminus X)\boxplus Y\), also \(\boxminus Z = (\boxminus Y)\boxplus X\) und für die neue Funktion \(G(Z)=F(X\boxplus Z)\). Für Schwartzfunktionen \(F\) besitzt dieser ebenso eine Schwartzfunktion als Integralkern und es gilt \[\begin{aligned} \mathop{\mathrm{tr}}\big( \widehat F(\rho_\lambda)\rho_\lambda(X) \big) &= |\lambda|^{-n} \iiint F(x,\xi+\eta,\tau+\sigma+\textstyle\frac12 x\cdot\eta) \mathrm e^{2\pi\mathrm iy\cdot \eta - 2\pi\mathrm i\lambda\sigma } \,\mathrm d\eta\,\mathrm d\sigma \,\mathrm dy\notag\\ &= |\lambda|^{-n} \iiint F(x,\eta,\sigma) \mathrm e^{2\pi\mathrm iy\cdot ( \eta-\xi) - 2\pi\mathrm i\lambda(\sigma -\tau)+\pi\mathrm ix\cdot(\eta-\xi)} \,\mathrm d\eta\,\mathrm d\sigma \,\mathrm dy\notag\\ &= |\lambda|^{-n} \iint F(x,\eta,\sigma) \mathrm e^{ - 2\pi\mathrm i\lambda(\sigma -\tau)+\pi\mathrm ix\cdot(\eta-\xi)} \delta(\eta-\xi) \,\mathrm d\eta\,\mathrm d\sigma \notag\\ &= |\lambda|^{-n} \int F(x,\xi,\sigma) \mathrm e^{ - 2\pi\mathrm i\lambda(\sigma -\tau)} \,\mathrm d\sigma \end{aligned}\] mit \(X=(x,\xi,\tau)\) und unter Ausnutzung der Fourierschen Inversionsformel sowie \[\iint F(x,\xi,\sigma) \mathrm e^{ - 2\pi\mathrm i\lambda(\sigma -\tau)} \,\mathrm d\sigma \,\mathrm d\lambda = F(x,\xi,\tau).\] Zusammengefaßt ergibt das [eq:5.2:FInv]. Weiterhin folgt aus dem Satz von Plancherel für die Fouriertransformation des \(\mathbb R^n\) \[\begin{aligned} \| \widehat F(\rho_\lambda)\|_{\rm HS}^2 &= |\lambda|^{-2n} \iint \left| \iint F(\lambda^{-1}(y-x),\eta,\sigma) \mathrm e^{\pi\mathrm i(x+y)\cdot \eta - 2\pi\mathrm i\lambda\sigma } \,\mathrm d\eta\,\mathrm d\sigma \right|^2 \,\mathrm dx\,\mathrm dy\notag\\ &= |\lambda|^{-2n} \iint \left| \mathcal F_{2,3} F (\lambda^{-1}(y-x),-\textstyle\frac12(x+y),\lambda) \right|^2 \,\mathrm dx\,\mathrm dy\notag\\ &= |\lambda|^{-n} \iint \left| \mathcal F_{3} F (x,\eta,\lambda) \right|^2 \,\mathrm dx\,\mathrm d\eta\end{aligned}\] mit \(\mathcal F_{2,3}\) der Fouriertransformation in der \(2\)-ten und \(3\)-ten Komponenten und damit die Identität [eq:5.2:FPlan]. ◻
5.11. Bis jetzt haben wir die Darstellungen von \(\mathbb H_n\) im Hilbertraum \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) realisiert. Es gibt gute Gründe den Hilbertraum zu wechseln und statt dessen die Heisenberggruppe auf dem Bargmannraum 41 \[\mathcal H (\mathbb C^n) = \left\{ f \in \mathfrak A(\mathbb C^n) \;\bigg|\; \int_{\mathbb C^n} |f(z)|^2 \mathrm e^{-\pi |z|^2} \,\mathrm dz < \infty \right\}\] agieren zu lassen. Dabei bezeichnet \(\mathfrak A(\mathbb C^n)\) die Menge der auf ganz \(\mathbb C^n\) analytischen Funktionen und \(\,\mathrm dz=\,\mathrm dx\,\mathrm dy\), \(z=x+\mathrm iy\), das Lebesguemaß auf \(\mathbb C^n\). Weiter sei \(z\cdot w = \sum_{j=1}^n z_j w_j\) für \(z,w\in\mathbb C^n\) die holomorphe Fortsetzung des Innenprodukts auf \(\mathbb R^n\) auf ganz \(\mathbb C^n\). Einen ersten Zusammenhang zur Schrödingerdarstellung \(\rho_1\) liefert die Bargmanntransformation . Sei dazu \[\phi_0 (x) = 2^{n/4} \mathrm e^{-\pi x^2}\] die normierte Gaussfunktion, \(\|\phi_0\|_2=1\). Dann ist \(\mathrm L^2(\mathbb R^n) \ni f \mapsto \mathcal V_{f,\phi_0}\in\mathrm L^2(\mathbb R^{2n})\) auf Grund der Moyalidentität eine Isometrie. Wegen \[\begin{aligned} \mathcal V_{f,\phi_0}(x,\xi) &= 2^{n/4} \int \mathrm e^{-2\pi \mathrm iy\cdot\xi} f\left(y-\frac x2\right) \mathrm e^{-\pi (y+\frac x2)^2} \,\mathrm dy %\notag\\& =2^{n/4} \int \mathrm e^{-2\pi \mathrm iy\cdot\xi - \pi \mathrm ix\cdot\xi} f(y) \mathrm e^{-\pi (y+ x)^2} \,\mathrm dy \notag\\ &= 2^{n/4} \mathrm e^{-\frac\pi2 (x^2+\xi^2)} \int f(y) \mathrm e^{-\pi y^2 - \frac\pi2 (x+\mathrm i\xi)^2 - 2\pi y\cdot (x+\mathrm i\xi) } \,\mathrm dy\end{aligned}\] und der lokal-gleichmäßigen Konvergenz bezüglich \(x+\mathrm i\xi\) und der damit offenkundigen Analytizität des Integrals ist \[\mathcal B f (z) = \mathrm e^{\frac\pi2 |z|^2} \mathcal V_{f,\phi_0}(x,\xi),\qquad z=x+\mathrm i\xi,\] eine Isometrie von \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) in \(\mathcal H(\mathbb C^n)\). Wir werden noch zeigen, daß diese surjektiv ist. Die Schrödingerdarstellung kann dadurch auf den Bargmannraum übertragen werden, es gilt mit \(X=(x,\xi,0)\) und \(Y=(y,\eta,\sigma)\) \[\begin{aligned} \mathcal B(\rho(Y)f)(z) &= \mathrm e^{\frac\pi2 |z|^2} \mathcal V_{\rho(Y) f,\phi_0}(x,\xi) = \mathrm e^{\frac\pi2 |z|^2} {\pmb(\rho(X)\rho(Y)f,\phi_0\pmb)}_{L^2}\notag\\ & = \mathrm e^{\frac\pi2 ( |z|^2 - |z+w|^2)} \mathrm e^{2\pi\mathrm i\sigma} \mathcal B f(z+w) \notag\\ &=\mathrm e^{2\pi\mathrm i\sigma - \frac\pi2 |w|^2- \pi z\cdot \overline{w}} \mathcal B f(z+w) ,\end{aligned}\] mit \(z=x+\mathrm i\xi\) und \(w=y+\mathrm i\eta\). Will man wiederum allgemeine Schrödingerdarstellungen zu \(\lambda\in\mathbb R\setminus\{0\}\) betrachten, so wählt man für \(\lambda>0\) den Bargmannraum aller ganzen Funktionen auf \(\mathbb C^n\) mit \[\int_{\mathbb C^n} |f(z)|^2 \mathrm e^{-\pi \lambda |z|^2} \,\mathrm dz < \infty\] und für \(\lambda<0\) den Raum aller antiholomorphen Funktionen auf \(\mathbb C^n\) mit derselben Schranke. Im folgenden betrachten wir nur den Fall \(\lambda=1\).
Der Bargmannraum besitzt als Hilbertraum analytischer Funktionen einige bemerkenswerte Eigenschaften. So ist die Punktauswertung stetig und der Raum mit einem reproduzierenden Kern ausgestattet. Das erlaubt insbesondere die effektive Berechnung von Operatoren.
Proposition 5.12 (Eigenschaften des Bargmannraums).
Die Funktionen \[\zeta_\alpha(z) =\sqrt{ \frac{\pi^{|\alpha|}}{\alpha!}} z^\alpha\] bilden eine Orthonormalbasis von \(\mathcal H(\mathbb C^n)\).
Für jedes \(f\in\mathcal H(\mathbb C^n)\) konvergiert die Taylorreihe in \(\mathcal H(\mathbb C^n)\) und es gilt die punktweise Abschätzung \[|f(z)| \le \mathrm e^{\frac\pi 2|z|^2} \|f\|_{\mathcal H(\mathbb C^n)},\qquad z\in\mathbb C^n.\]
Für jedes \(z\in\mathbb C^n\) ist die Abbildung \(\mathcal H(\mathbb C^n)\ni f\mapsto f(z)\in\mathbb C\) ein stetiges lineares Funktional auf \(\mathcal H(\mathbb C^n)\). Dieses wird durch \(E_z(w) = \mathrm e^{\pi w \cdot \overline z}\) dargestellt, \[f(z) = {\pmb(f,E_z\pmb)}_{\mathcal H} = \int_{\mathbb C^n} \mathrm e^{\pi \overline w\cdot z} f(w) \mathrm e^{- \pi |w|^2} \,\mathrm dw,\] und es gilt \(\|E_z\|_{\mathcal H}=\mathrm e^{\frac\pi 2|z|^2}\).
Proof. [1] folgt durch Nachrechnen. Es gilt für \(\alpha\ne\beta\) \[\begin{aligned} \sqrt{\frac{\alpha!\beta!}{\pi^{|\alpha|+|\beta|}}} {\pmb(\zeta_\alpha,\zeta_\beta\pmb)}_{\mathcal H} &= \int_{\mathbb C^n} z^\alpha \overline z^\beta \mathrm e^{-\pi|z|^2} \,\mathrm dz = \prod_{j=1}^n \int_\mathbb Cz_j^{\alpha_j} \overline z_j^{\beta_j} \mathrm e^{-\pi|z_j|^2} \,\mathrm dz_j\notag\\ &= \prod_{j=1}^n \int_0^\infty\int_0^{2\pi} r^{\alpha_j+\beta_j+1} \mathrm e^{\mathrm i\theta (\alpha_j-\beta_j)} \mathrm e^{-\pi r^2} \,\mathrm dr\,\mathrm d\theta = 0\end{aligned}\] unter Nutzung von Polarkoordinaten in jeder Kopie von \(\mathbb C\). Analog folgt für \(\alpha=\beta\) \[\frac{\alpha!}{\pi^{|\alpha|}} \|\zeta_\alpha\|_{\mathcal H}^2 = (2\pi)^n \prod_{j=1}^n \int_0^\infty r^{2\alpha_j+1} \mathrm e^{-\pi r^2} \,\mathrm dr = \prod_{j=1}^n \int_0^\infty \left(\frac s\pi \right)^{\alpha_j} \mathrm e^{-s} \,\mathrm ds = \frac{\alpha!}{\pi^{|\alpha|}}\] und damit die Orthonormalität. Es gilt mehr, sei \(B_R=\{ z\in\mathbb C^n \;:\; |z|<R \}\) und \[c_{R,\alpha} = \pi^{-|\alpha|} \prod_{j=1}^n \int_0^R s^{\alpha_j} \mathrm e^{-s} \,\mathrm ds.\] Dann ist nach obiger Rechnung die Familie \(c_{R,\alpha}^{-1/2} z^\alpha\) ein Orthonormalsystem in \(\mathrm L^2(B_R, \mathrm e^{-\pi|z|^2}\,\mathrm dz)\), die zugeordneten Orthogonalreihen entsprechen wiederum Taylorreihen. Für jedes \(f\in\mathcal H(\mathbb C^n)\) konvergiert die Taylorreihe \(f(z) = \sum_\alpha a_\alpha z^\alpha\) gleichmäßig auf \(B_R\) gegen \(f\) und somit insbesondere in \(\mathrm L^2(B_R,\mathrm e^{-\pi|z|^2}\,\mathrm dz)\). Also folgt mit der Parsevalidentität für solche \(f\) \[\int_{B_R} |f(z)|^2 \mathrm e^{-\pi|z|^2}\,\mathrm dz = \sum_{\alpha} c_{R,\alpha} |a_\alpha|^2.\] Für \(R\to\infty\) konvergiert die linke Seite gegen \(\|f\|_{\mathcal H}\) und die rechte Seite mit \(c_{R,\alpha}\to \pi^{-|\alpha|}\alpha!\) und dem Satz über monotone Konvergenz gegen \[\int_{\mathbb C^n} |f(z)|^2 \mathrm e^{-\pi|z|^2}\,\mathrm dz = \sum_{\alpha} \frac{\alpha!}{\pi^{|\alpha|}} |a_\alpha|^2 = \sum_{\alpha} |{\pmb(f,\zeta_\alpha\pmb)}_{\mathcal H}|^2.\] Damit ist \(\zeta_\alpha\) Orthonormalbasis. \(\bullet\)die Konvergenz der Taylorreihen ergibt sich direkt aus dem soeben bewiesenen. Für die punktweise Abschätzung nutzen wir Cauchy–Schwarz \[\begin{aligned} |f(z)| &\le \sum_{\alpha} |{\pmb(f,\zeta_\alpha\pmb)}_{\mathcal H}|\,|\zeta_\alpha(z)| \le \left(\sum_\alpha |{\pmb(f,\zeta_\alpha\pmb)}_{\mathcal H}|^2\right)^{1/2} \left(\sum_\alpha \frac{\pi^{|\alpha|}}{\alpha!}|z^{\alpha}|^2\right)^{1/2}\notag \\ & = \|f\|_{\mathcal H} \, \left(\sum_{k=0}^\infty \frac{\pi^{k}}{k!} \sum_{|\alpha|=k} \frac{k!}{\alpha!} \prod_{j=1}^n z_j^{\alpha_j} \overline z_j^{\alpha_j}\right)^{1/2} =\|f\|_{\mathcal H} \,\mathrm e^{\frac\pi 2 |z|^2}\end{aligned}\] unter Ausnutzung des multinomischen Lehrsatzes \[\left(\sum_{j=1}^n x_j\right)^k = \sum_{|\alpha|=k} \frac{k!}{\alpha_1!\cdots \alpha_n!} \prod_{j=1}^n x_j^{\alpha_j} = \sum_{|\alpha|=k} \frac{k!}{\alpha!} x^\alpha.\] \(\bullet\)folgt aus [2] bis auf die Bestimmung des reproduzierenden Kerns \(E_z\). Diesen erhält man durch Entwicklung bezüglich der Basis, \[\begin{aligned} E_z(w) &= \sum_\alpha {\pmb(E_z,\zeta_\alpha\pmb)} \zeta_\alpha = \sum_\alpha \overline{\zeta_\alpha(z)} \zeta_\alpha(w) = \sum_{\alpha} \frac{\pi^{|\alpha|}}{\alpha!} \overline z^\alpha w^\alpha \notag \\ & = \sum_{k=0}^\infty \frac{\pi^k}{k!} \sum_{|\alpha|=k} \frac{k!}{\alpha!} \overline z^\alpha w^\alpha = \sum_{k=0}^\infty \frac{\pi^k}{k!} \left(\sum_{j=1}^n \overline z_j w_j\right)^k = \mathrm e^{\pi \overline z \cdot w}\end{aligned}\] analog zu obiger Rechnung unter Punkt [2]. Weiterhin gilt \[\label{eq:EzNorm} \|E_z\|_{\mathcal H}^2 = \sum_\alpha \frac{\pi^{|\alpha|}}{\alpha!}|z^\alpha|^2 = \mathrm e^{\pi|z|^2}.\] ◻
Die Funktion \(E_z(w)\) wird als reproduzierender Kern des Hilbertraumes \(\mathcal H(\mathbb C^n)\) bezeichnet. Er entspricht auch dem Integralkern des Orthogonalprojektors \(\mathrm L^2(\mathbb C^n, \mathrm e^{-\pi|z|^2}\,\mathrm dz) \to \mathcal H(\mathbb C^n)\). In \(\mathcal H(\mathbb C^n)\) besitzt jeder beschränkte Operator einen analytischen Integralkern:
Proposition 5.13 (Kernsatz). Sei \(T:\mathcal H(\mathbb C^n)\to\mathcal H(\mathbb C^n)\) stetiger linearer Operator und \(K_T(z,\overline w) = T E_w(z)\). Dann ist \(K_T\) analytisch auf \(\mathbb C^{2n}\) und es gilt
\(K_T(\cdot,w), K_T(z,\cdot)\in \mathcal H(\mathbb C^n)\) für alle \(z,w\in\mathbb C^n\);
\(|K_T(z,w)| \le \mathrm e^{(\pi/2) (|z|^2+|w|^2)} \|T\|\);
es gilt \[Tf(z) = \int_{\mathbb C^n} K_T(z,\overline w) f(w) \mathrm e^{-\pi |w|^2} \,\mathrm dw\] für alle \(f\in\mathcal H(\mathbb C^n)\) und \(z\in\mathbb C^n\);
\(T\) ist durch die Funktion \(K_T(z,\overline z) = {\pmb(TE_z,E_z\pmb)}\) eindeutig bestimmt.
Proof. Nach Proposition Proposition 5.12 (3) gilt \(Tf(z) = {\pmb(Tf,E_z\pmb)}_{\mathcal H} = {\pmb(f,T^* E_z\pmb)}_{\mathcal H}\) und damit \[Tf(z) = \int_{\mathbb C^n} f(w) \overline{T^* E_z(w)} \mathrm e^{-\pi|w|^2} \,\mathrm dw.\] Weiterhin gilt \[\overline{T^* E_z(w)} = \overline{{\pmb(T^*E_z,E_w\pmb)}_{\mathcal H}} = {\pmb(TE_w,E_z\pmb)}_{\mathcal H} = TE_w(z) = K_T(z,\overline w)\] und (3) ist gezeigt. Weiterhin ist \(K_T(z,w)\) nach Konstruktion holomorph in \(z\) und (da \(E_w(z)\) antiholomorph in \(w\) ist) auch in \(w\), Hartogs’ Theorem impliziert damit Holomorphie auf \(\mathbb C^{2n}\). Ebenso folgt (1). Die Abschätzung (2) folgt aus [eq:EzNorm] und der Ungleichung von Cauchy–Schwarz \[|K_T(z,w)| = |{\pmb(TE_w,E_z\pmb)}|\le \|T\|\, \|E_w\|\,\|E_z\| \le \|T\| \, \mathrm e^{\frac\pi2 (|z|^2+|w|^2)}.\] Holomorphie impliziert (4), genauer: Sei \(K_T(z,\overline w) = G(u,v)\) mit \(u=\frac12 (z+\overline w)\) und \(v=-\frac{\mathrm i}2 (z-\overline w)\). Dann ist \(G\) ganz auf \(\mathbb C^{2n}\) und durch die Werte für reelle \(u\), \(v\) eindeutig (z.B. durch seine Taylorreihe) bestimmt. Nun sind aber \(u\) und \(v\) genau dann reell, wenn \(z=w\). ◻
5.14. Die Heisenberggruppe \(\mathbb H_n\) agiert auf \(\mathcal H(\mathbb C^n)\) durch \[\beta(Y) f (z) = \mathrm e^{2\pi\mathrm i\sigma - \frac\pi2 |w|^2-\pi z\cdot \overline{w}} f(z+w) ,\qquad w=y+\mathrm i\eta, \quad Y=(y,\eta,\sigma)\in\mathbb H_n.\] Damit ergibt sich speziell für den reproduzierenden Kern \(E_0(z)=1=\mathcal B\phi_0\) \[\beta(Y) E_{0} (z) = \mathrm e^{2\pi\mathrm i\sigma - \frac\pi2 |w|^2- \pi z\cdot \overline{w}} E_{0}(z+w) = \mathrm e^{2\pi\mathrm i\sigma - \frac\pi2 |w|^2 - \pi z\cdot \overline{w}} = \mathrm e^{2\pi\mathrm i\sigma - \frac\pi2 |w|^2 } E_{-w}(z).\] Insbesondere folgt, daß alle \(E_w\) im Bild der Bargmanntranformation \(\mathcal B\) sind. Damit folgt insbesondere die Irreduzibilität von \(\beta\) auf \(\mathcal H(\mathbb C^n)\) sowie die Surjektivität der Bargmanntransformation.
5.15. Zurück zur Bargmanntransformation. Diese kann kurz mit dem Bargmannkern
\[\label{eq:5:Bargmannkern} B(z,x) = 2^{ n/4} \mathrm e^{-2\pi x\cdot z - \pi x^2 - \frac\pi2 z^2}\] als \[\mathcal B f(z) = \int_{\mathbb R^n} B(z,x) f(x) \,\mathrm dx\] geschrieben werden. Da sie unitär ist, ergibt sich als Inversionsformel für \(F\in\mathcal H(\mathbb C^n)\) mit \(|F(z)|\le C \mathrm e^{\delta |z|^2}\) für ein \(\delta<\pi/2\) \[\mathcal B^{-1} F(x)= \int_{\mathbb C^n} B(\overline z,x) F(z) \mathrm e^{-\pi|z|^2}\,\mathrm dz.\] Für allgemeines \(F\in\mathcal H(\mathbb C^n)\) ist die Inversionsformel schwach zu verstehen, \[\mathcal B^{-1} F(x)= \lim_{k\to\infty} \int_{\mathbb C^n} B(\overline z,x) F_k(z) \mathrm e^{-\pi|z|^2}\,\mathrm dz, \qquad F_k(z)=\sum_{|\alpha|\le k} {\pmb(F,\zeta_\alpha\pmb)}_{\mathcal H} \, \zeta_\alpha(z).\]
Die Bargmanntransformation ist interessant zur Untersuchung von Differentialoperatoren. Dazu betrachten wir auf \(\mathcal H(\mathbb C^n)\) die Operatoren \[A_j f (z) =\frac1\pi \frac{\partial}{\partial z_j} f(z),\qquad A_j^* f(z) = z_j f(z).\] Wegen \(\sqrt{\pi}A_j \zeta_\alpha = \sqrt{\alpha_j} \zeta_{\alpha-e_j}\) und \(\sqrt{\pi}A_j^*\zeta_\alpha =\sqrt{\alpha_j+1} \zeta_{\alpha+e_j}\) mit \(e_j\) dem Multiindex mit einer \(1\) an Position \(j\) und sonst Null werden diese auch als Vernichtungs- und Erzeugungsoperatoren bezeichnet. Sie sind formal zueinander adjungiert, \[\begin{aligned} \int_{\mathbb C^n} \left( \frac{\partial}{\partial z_j} f(z) \right) \overline{g(z)} \mathrm e^{-\pi z\cdot\overline z} \,\mathrm dz &= - \int_{\mathbb C^n} f(z) \left( \frac{\partial}{\partial z_j} \overline{g(z)} \mathrm e^{-\pi z\cdot \overline z} \right) \,\mathrm dz \notag \\ &= \pi \int_{\mathbb C^n} f(z) \overline{z_j g(z)} \mathrm e^{-\pi z\cdot\overline z} \,\mathrm dz,\end{aligned}\] wobei wir die Cauchy–Riemannschen Differentialgleichungen in der Form \(\partial_{z_j} \overline{g(z)}=0\) und \(\partial_{z_j} \mathrm e^{-\pi z\cdot\overline z}=-\pi \overline{z_j}\) genutzt haben. Da weiterhin \([A_j,A_j^*]=A_jA_j^*-A_j^*A_j=\frac1\pi I\) gilt, folgt für \(f\in\mathcal H(\mathbb C^n)\) mit \(z_j \partial_{z_j}f \in\mathcal H(\mathbb C^n)\) \[\|f\|_{\mathcal H}^2 = \pi {\pmb([A_j,A_j^*] f,f\pmb)}_{\mathcal H} =\pi {\pmb( A_j A_j^* f- A_j^*A_j f,f\pmb)}_{\mathcal H} = \pi \|A_j^* f\|_{\mathcal H}^2 - \pi \| A_j f\|_{\mathcal H}^2\] und somit \[\|A_j^* f\|_{\mathcal H}^2 =\frac1\pi \|f\|_{\mathcal H}^2 + \| A_j f\|_{\mathcal H}^2.\] Damit besitzen \(A_j\) und \(A_j^*\) den gemeinsamen Definitionsbereich \[\{f\in\mathcal H(\mathbb C^n)\;:\; \partial_j f\in\mathcal H(\mathbb C^n)\}=\{f\in\mathcal H(\mathbb C^n)\;:\; z_j f\in\mathcal H(\mathbb C^n)\}\] und sind versehen mit diesem zueinander adjungiert. Weiterhin gilt \[\begin{aligned} A_j \circ \mathcal B f &= - \mathcal B \circ \left( x_j-\frac1{2\pi} \frac\partial{ \partial x_j} \right) f , \\ \qquad A_j^* \circ \mathcal B f &= - \mathcal B \circ\left( x_j+\frac1{2\pi} \frac\partial{\partial x_j}\right) f\end{aligned}\] für alle \(f\in\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) mit \(x_j f, \partial_j f \in \mathrm L^2(\mathbb R^n)\). Damit entsprechen Differentialoperatoren mit polynomialen Koeffizienten auf dem \(\mathbb R^n\) wiederum Differentialoperatoren mit polynomialen Koeffizienten auf \(\mathbb C^n\).
Beispiel 5.16. Eine einfache Anwendung des gerade gezeigten ist die Konstruktion der Hermitefunktionen . Diese sind als \[h_\alpha = \mathcal B^{-1} \zeta_\alpha\] definiert und bilden damit eine Orthonormalbasis des \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\). Es gilt \(h_0(x) = 2^{n/4} \mathrm e^{-\pi x^2}\) sowie \[h_\alpha (x) = 2^{\frac n4} (-1)^{|\alpha|} \sqrt{\frac{\pi^{|\alpha|}}{\alpha!}} \prod_{j=1}^n \left(x_j - \frac1{2\pi} \frac\partial{\partial x_j}\right)^{\alpha_j} \mathrm e^{-\pi x_j^2} .\] Damit gilt für den Bargmannkern \[B(z,x) = \sum_{\alpha} h_\alpha(x) \zeta_\alpha(z).\] Da die Basisfunktionen \(\zeta_\alpha\) die Identität \[A_j^*A_j \zeta_\alpha (z) = \sqrt{\frac{\alpha_j}\pi} A_j^* \zeta_{\alpha-e_j} (z) = \frac{\alpha_j}{\pi} \zeta_\alpha(z)\] für \(|\alpha|\ge 1\) sowie \(A_j^*A_j\zeta_0 (z) = 0\) erfüllen, sind die Hermitefunktionen \(h_\alpha\) insbesondere Eigenfunktionen des Operators \[\begin{aligned} \label{eq:HarmOsc} \sum_{j=1}^n \left(x_j - \frac1{2\pi} \frac\partial{\partial x_j}\right) \circ \left( x_j + \frac1{2\pi} \frac\partial{ \partial x_j}\right) &= \sum_{j=1}^n \left( x_j^2 - \frac1{4\pi^2} \frac{\partial^2}{\partial x_j^2} - \frac1{2\pi}\right) \notag\\&= |x|^2 - \frac1{4\pi} \Delta - \frac{n}{2\pi}\end{aligned}\] zum Eigenwert \[\sum_{j=1}^n \frac{\alpha_j}{\pi} = \frac{|\alpha|}{\pi}.\] Der Operator [eq:HarmOsc] wird (bis auf Normierung und mit dem offensichtlichen Definitionsbereich) als harmonischer Oszillator bezeichnet.
5.17. Zum Schluß soll der gerade entwickelte Formalismus genutzt werden, um noch Funktionen des \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) sowie Operatoren auf \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) genauer zu analysieren. Ein erster Schritt sind Phasenraumdarstellungen; diese ordnen (Paaren von) Funktionen auf \(\mathbb R^n\) eine Funktion auf \(\mathbb R^{2n}\) zu. Die erste ist uns schon begegnet:
Die Fourier–Wigner-Verteilung zweier Funktionen entsprach Matrixkoeffizienten der Schrödingerdarstellung. Es gilt \[\mathcal V(f,g) (x,\xi) = \int_{\mathbb R^n} \mathrm e^{-2\pi\mathrm iy\cdot\xi} f\left(y-\frac x2\right)\overline{g\left(y+\frac x2\right)} \,\mathrm dy.\] Die Zuordnung \(\mathcal V\) ist sesquilinear, erfüllt die Moyalidentität und liefert damit eine unitäre Abbildung \(\mathcal V : \mathrm L^2(\mathbb R^n)\widehat\otimes\mathrm L^2(\mathbb R^n)\to \mathrm L^2(\mathbb R^{2n})\).
5.18. Die Wignerverteilung entspricht der symplektischen Fouriertransformation der Fourier–Wigner-Verteilung. Genauer, es gilt \[\mathcal W(f,g) (x,\xi)= \int_{\mathbb R^n} \mathrm e^{-2\pi\mathrm iy\cdot\xi} f\left(x-\frac y2\right)\overline{g\left(x+\frac y2\right)} \,\mathrm dy.\] Die zugeordnete quadratische Wignerverteilung \(\mathcal Wf(x,\xi)=\mathcal W(f,f)(x,\xi)\) ist reellwertig, aus \(\mathcal Wf=\mathcal Wg\) folgt \(f=cg\) für ein \(c\in\mathbb C\) mit \(|c|=1\) und sie erfüllt \[\int_{\mathbb R^n} \mathcal Wf(x,\xi) \,\mathrm d\xi = |f(x)|^2\qquad \text{f\"ur fast alle $x\in\mathbb R^n$},\] sowie (wegen \(\mathcal W \widehat f(\xi,x)=\mathcal Wf(x,-\xi)\)) \[\int_{\mathbb R^n} \mathcal Wf(x,\xi) \,\mathrm dx = |\widehat f(\xi)|^2\qquad \text{f\"ur fast alle $\xi\in\mathbb R^n$}.\] Damit kann man sich \(\mathcal Wf\) als eine Art Dichtefunktion vorstellen, welche die Verteilung von \(f\) auf Orte und Frequenzen beschreibt. Die Vorstellung hat allerdings ein Problem, \(\mathcal Wf\) ist im allgemeinen nicht positiv! Für ungerade \(f\ne0\) ist \(\mathcal Wf(0,0)=-2^n \|f\|_2^2<0\).
Satz 5.19 (Hudson42). Angenommen, \(f\in\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) mit \(f\ne0\) erfüllt \(\mathcal Wf(x,\xi)\ge0\) für alle \(x\) und \(\xi\). Dann gilt \[f(x) = \mathrm e^{-x\cdot Ax + b\cdot x + c }\] für eine selbstadjungierte Matrix \(A\in\mathrm{GL}(n,\mathbb C)\), mit \(\Re A = \frac12 (A+A^*)\) positiv definit, einen Vektor \(b\in\mathbb C^n\) und eine Zahl \(c\in\mathbb C\).
Proof. Für \(z\in\mathbb C^n\) sei \(\psi_z(x) = \exp(-\pi x^2 -2\pi\mathrm ix\cdot z)\). Dann gilt \[\mathcal W \psi_z (x,\xi) = 2^{n/2} \mathrm e^{-2\pi x^2 - 2\pi (\xi+\Re z)^2 +4\pi x\cdot (\Im z)} > 0,\] so daß wegen \(\mathcal Wf\ge0\) (und nicht identisch verschwindend) sowie der Moyalidentität \[|{\pmb(\psi_z,f\pmb)}|^2 = \iint \mathcal W\psi_z (x,\xi) \mathcal Wf(x,\xi) \,\mathrm dx\,\mathrm d\xi >0\] für alle \(z\in\mathbb C^n\) gilt. Damit ist aber \[G(z) = {\pmb(\psi_z,f\pmb)} = \int_{\mathbb R^n} \overline{f(x) } \mathrm e^{-\pi x^2 -2\pi \mathrm ix\cdot z} \,\mathrm dx\] eine nirgends verschwindende ganze Funktion des \(\mathbb C^n\). Es gibt also eine ganze Funktion \(H(z)\), \[H(z) = \log G(0) +\int_0^z \frac{G'(t)}{G(t)} \,\mathrm dt\] (Integration z.B. über den Strahl von \(0\) nach \(z\)) mit \(G(z)=\mathrm e^{H(z)}\). Da aber \[|G(z)| = |{\pmb(\psi_z,f\pmb)}| \le \|f\|_2\|\psi_z\|_2 \le C \mathrm e^{\pi (\Im z)^2}\] gilt, folgt \(\Re H(z) \le C' + \pi |z|^2\). Sei nun \(H(z)=\sum_\alpha a_\alpha z^\alpha\) die Potenzreihendarstellung zu \(H\) und für festes \(r\) und \(\theta=(\theta_1,\ldots \theta_n)\) durch \(z(\theta)=(r\mathrm e^{\mathrm i\theta_1},\ldots, r\mathrm e^{\mathrm i\theta_n})\). Dann gilt \[\Re H(z(\theta)) = \frac12 \sum_\alpha r^{|\alpha|}( a_\alpha \mathrm e^{\mathrm i\alpha \theta} + \overline{a_\alpha} r^{-\mathrm i\alpha\theta})\] und somit (da die rechte Seite ja eine Fourierreihe ist) \[\begin{aligned} \Re a_0 &= \frac1{(2\pi)^n} \int_{[0,2\pi]^n} \Re H(z(\theta)) \,\mathrm d\theta,\\ a_\alpha r^{|\alpha|} &= \frac2{(2\pi)^n} \int_{[0,2\pi]^n} \mathrm e^{-\mathrm i\alpha\theta} \Re H(z(\theta)) \,\mathrm d\theta,\qquad \alpha\ne0.\end{aligned}\] Also gilt \[\begin{aligned} |a_\alpha| r^{|\alpha|} +2\Re a_0 &\le \frac2{(2\pi)^n} \int_{[0,2\pi]^n} |\Re H(z(\theta))| + \Re H(z(\theta)) \,\mathrm d\theta \notag\\ &= \frac{4}{(2\pi)^n} \int_{[0,2\pi]^n} \max(\Re H(z(\theta)) , 0 )\,\mathrm d\theta \le 4 (C' + \pi r^2)\end{aligned}\] und für \(|\alpha|>2\) muß \(a_\alpha=0\) gelten. Damit ist \(H(z)\) ein quadratisches Polynom; die weiteren Bedingungen ergeben sich aus \(f\in\mathrm L^2\) sowie \(G|_{\mathbb R^n} =\mathcal F[ \overline f \mathrm e^{-\pi \cdot ^2} ]\). ◻
Allerdings gilt eine Positivität im Mittel. Sei dazu \[\Phi_{a,b}(x,\xi) = 2^n (ab)^{-n/2} \mathrm e^{-2\pi (\frac{x^2}a+\frac{\xi^2}b )},\qquad a,b>0.\] Dann gilt die Halbgruppeneigenschaft \(\Phi_{a,b}*\Phi_{c,d}=\Phi_{a+c,b+d}\) für die Faltung auf \(\mathbb R^{2n}\). Damit folgt nun
Satz 5.20. Sei \(f\in\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) und \(a,b>0\). Dann gilt
für \(ab=1\) stets \(\mathcal Wf*\Phi_{a,b}(x,\xi) \ge0\);
für \(ab>1\) stets \(\mathcal Wf*\Phi_{a,b} (x,\xi) >0\);
und für \(ab<1\) existiert ein \(f\) mit \(\mathcal Wf*\Phi_{a,b}(0,0)<0\).
Proof. Wegen der Halbgruppeneigenschaft impliziert (1) schon (2). Für (3) genügt ein Beispiel, so gilt für \(f(x) = x_1 \mathrm e^{-\pi x^2}\) und \(ab<1\) stets \(\mathcal Wf*\Phi_{a,b}(0,0)<0\). Es bleibt (1) zu zeigen. Dazu nutzen wir den Gaußkern \(\phi_a(x) = (2a)^{n/4} \mathrm e^{-\pi a x^2}\) mit \[\Phi_{a,\frac1a} (x,\xi) = \mathcal W\phi_a(x,\xi).\] Dann gilt \[\begin{aligned} \mathcal W&f*\Phi_{a,\frac1a}(x,\xi) = \mathcal Wf * \mathcal W\phi_a (x,\xi) \notag \\ &= \iint\!\!\iint \mathrm e^{-2\pi\mathrm iz\cdot\xi} \mathrm e^{2\pi\mathrm i(z-t)\cdot\eta} f\left(x-y-\frac z2\right) \overline{f\left(x-y+\frac z2\right)}% \notag\\&\qquad\qquad\qquad\qquad\times \phi_a\left(y-\frac t2\right) \overline{\phi_a\left(y+\frac t2\right)} \,\mathrm dt \,\mathrm dz \,\mathrm d\eta \,\mathrm dy\notag\\ &=\iint \mathrm e^{-2\pi\mathrm iz\cdot\xi} f\left(x-y-\frac z2\right) \overline{f\left(x-y+\frac z2\right)} \phi_a\left(y-\frac z2\right) \overline{\phi_a\left(y+\frac z2\right)} \,\mathrm dz \,\mathrm dy\notag\\ &=\iint \mathrm e^{-2\pi\mathrm i(z-y)\cdot\xi -2 \pi\mathrm iy\cdot\xi } f\left(\frac x2 - y\right) \overline{f\left(\frac x2 + (z-y) \right)} \phi_a\left(\frac x2-(z-y)\right) \overline{\phi_a\left(\frac x2+y\right)} \,\mathrm dz \,\mathrm dy\notag\\ &= |\mathcal V(\widetilde f,\phi_a)|^2 > 0\end{aligned}\] unter Ausnutzung der Fourierschen Inversionsformel und mit der Substitution \(y\) zu \(\frac x2-\frac z2+y\). Im letzten Schritt wurde \(\widetilde f(x)= f(-x)\) sowie \(\phi_a(-x)=\phi_a(x)\) genutzt. ◻
5.21. Die Weyltransformation einer Funktion \(\sigma\in\mathrm L^2(\mathbb R^{2n})\) ist der Operator \[\sigma^w(\mathrm X,\mathrm D) f (x)= \iint \mathrm e^{2\pi\mathrm i(x-y)\cdot \xi} \sigma\left(\frac{x+y}2,\xi\right) f(y) \,\mathrm dy\,\mathrm d\xi.\] Sie erfüllt \(\|\sigma^w(\mathrm X,\mathrm D)\|_{\rm HS} = \|\sigma\|_2\) sowie \[\label{eq:5:WeylOp-QForm} {\pmb(\sigma^w(\mathrm X,\mathrm D) f,g\pmb)} = \iint \sigma(x,\xi) \mathcal W(f,g) (x,\xi) \,\mathrm dx\,\mathrm d\xi,\] speziell für \(f=g\) ist die quadratische Form des Operators \(\sigma^w(\mathrm X,\mathrm D)\) also durch \[{\pmb(\sigma^w(\mathrm X,\mathrm D) f,f\pmb)} = \iint \sigma(x,\xi) \mathcal Wf(x,\xi) \,\mathrm dx\,\mathrm d\xi\] gegeben. Weyloperatoren gehören damit zur Wignerverteilung als Phasenraumdarstellung. Man kann [eq:5:WeylOp-QForm] nutzen, um die Weyltransformation für Distributionen \(\sigma\in\mathcal S'(\mathbb R^{2n})\) zu definieren, dann allerdings für \(f,g\in\mathcal S(\mathbb R^n)\). Umgekehrt besitzt jeder (unbeschränkte) Operator, dessen Definitionsbereich die Schwartzfunktionen enthält, ein distributionelles Weylsymbol.
5.22. Eine zweite Phasenraumdarstellung erhält man durch die Bargmanntransformation . Dazu ebenso ein zugehöriger Operator. Wir erinnern, daß die Operatoren \(A_j\) und \(A_j^*\) auf \(\mathcal H(\mathbb C^n)\) über die Bargmanntransformation den Operatoren \(Z=-(x_j+\frac1{2 \pi}\partial_j)\) und \(Z^*= -(x_j-\frac1{2 \pi}\partial_j)\) auf \(\mathrm L^2(\mathbb R^n)\) entsprachen. Damit kann man jeden Differentialoperator auf dem \(\mathbb R^n\) mit polynomialen Koeffizienten in der Form \[\sum_{\alpha,\beta} a_{\alpha,\beta} (Z^*)^\beta Z^\alpha\] oder in der Form \[\sum_{\alpha,\beta} a_{\alpha,\beta} Z^\alpha (Z^*)^\beta\] schreiben. Die Summen sind jeweils endlich. Das kann man zum Ausgangspunkt nehmen um allgemeiner Polynomen \(p(z,\overline z)\) Operatoren \(p(Z,Z^*)\) dieser Form zuzuordnen. Da obige Zuordnungen beide zum Polynom \(p(z,\overline z)=\sum_{\alpha,\beta} a_{\alpha,\beta} z^\alpha \overline z^\beta\) passen, sind diese zu unterscheiden. Wir bezeichnen den ersten als Wickoperator 43 \(p(Z,Z^*)_{\rm W}\) und den zweiten als Anti-Wickoperator
\(p(Z,Z^*)_{\rm AW}\). Da wir wie oben statt Polynomen wieder allgemeine Funktionen nutzen wollen, sollen die Operatoren als Integraloperatoren dargestellt werden. Dazu nutzen wir die Bargmanntransformation und betrachten die Operatoren auf dem Bargmannraum \(\mathcal H(\mathbb C^n)\). Dann gilt für \(T_p^{\rm W} = \mathcal B\circ p(Z,Z^*)_{\rm W}\circ \mathcal B^{-1}\) und \(f\in\mathcal H(\mathbb C^n)\) \[T_p^{\rm W} f = \sum_{\alpha,\beta} \frac{a_{\alpha,\beta}}{\pi^{|\alpha+\beta|}} (A^*)^\beta A^\alpha f(z) = \sum_{\alpha,\beta} \frac{a_{\alpha,\beta}}{\pi^{|\alpha|}} z^\beta \partial_z^\alpha f(z)\] sowie analog für \(T_p^{\rm AW} = \mathcal B\circ p(Z,Z^*)_{\rm AW}\circ \mathcal B^{-1}\) \[T_p^{\rm AW} f = \sum_{\alpha,\beta} \frac{a_{\alpha,\beta}}{\pi^{|\alpha+\beta|}} A^\alpha (A^*)^\beta f(z) = \sum_{\alpha,\beta} \frac{a_{\alpha,\beta}}{\pi^{|\alpha|}} \partial_z^\alpha (z^\beta f(z)).\] Da das unhandlich aussieht nutzen wir die Darstellung mit reproduzierendem Kern \[f(z) = \int_{\mathbb C^n} \mathrm e^{\pi z\cdot\overline w} f(w) \mathrm e^{-\pi|w|^2}\,\mathrm dw\] und erhalten \[T_p^{\rm W} f = \sum_{\alpha,\beta} a_{\alpha,\beta} \int_{\mathbb C^n} z^\beta \overline w^\alpha \mathrm e^{\pi z\cdot\overline w} f(w) \mathrm e^{-\pi |w|^2} \,\mathrm dw = \int_{\mathbb C^n} p(\overline w,z) \mathrm e^{\pi z\cdot\overline w} f(w) \mathrm e^{-\pi |w|^2} \,\mathrm dw\] für Wickoperatoren sowie \[T_p^{\rm AW} f =\sum_{\alpha,\beta} a_{\alpha,\beta} \int \overline w^\alpha w^\beta \mathrm e^{\pi z\cdot\overline w} f(w) \mathrm e^{-\pi |w|^2} \,\mathrm dw =\int_{\mathbb C^n} p(\overline w,w) \mathrm e^{\pi z\cdot\overline w} f(w) \mathrm e^{-\pi |w|^2} \,\mathrm dw\] im Antiwickfall. Man sieht, daß sich die so erhaltenen Operatoren durchaus unterscheiden!
Lemma 5.23. Sei \(T : \mathcal H(\mathbb C^n) \to \mathcal H(\mathbb C^n)\) beschränkt. Dann besitzt \(T\) die Darstellung \[T f (z) = \int_{\mathbb C^n} \sigma_T^{\rm W}(\overline w,z) \mathrm e^{\pi z\cdot\overline w} f(w) \mathrm e^{-\pi |w|^2} \,\mathrm dw\] mit dem Wicksymbol \(\sigma_T^{\rm W}(\overline w,z) = \mathrm e^{-\pi z\cdot \overline w} {\pmb(TE_w,E_z\pmb)}_{\mathcal H}\). Das Wicksymbol ist ganz auf \(\mathbb C^{2n}\) und eindeutig durch seine Einschränkung \(\sigma_T^{\rm W}(\overline z,z) = \mathrm e^{-\pi |z|^2} {\pmb(TE_z,E_z\pmb)}_{\mathcal H}\) bestimmt.
Proof. Die Aussage ergibt sich direkt aus dem Kernsatz (Proposition Proposition 5.13) auf \(\mathcal H(\mathbb C^n)\). ◻
Die Aussage dieses Lemmas gilt auch für unbeschränkte Operatoren, solange die reproduzierenden Kerne \(E_z\) für alle \(z\) zum Definitionsbereich des Operators \(T\) und seines adjungierten \(T^*\) gehören. Damit gibt es eine Bijektion zwischen Operatoren und Wicksymbolen. Im Falle von Anti-Wickoperatoren ist dies anders, nicht jeder Operator besitzt ein Antiwicksymbol. Sei dazu \(p: \mathbb C^n\to\mathbb C\) beschränkt und meßbar, so kann man \(p\) den Anti-Wickoperator \[T_p^{\rm AW} f (z) = \int_{\mathbb C^n} p(\overline w,w) \mathrm e^{\pi z\cdot\overline w} f(w) \mathrm e^{-\pi |w|^2} \,\mathrm dw\] zuordnen (man schreibt \(p(\overline z,z)\) um die nicht-Holomorphie der Funktion \(p\) zu betonen). Dieser entspricht der Projektion der Funktion \(p(\overline z,z)f(z)\) auf den Teilraum \(\mathcal H(\mathbb C^n)\) der holomorphen Funktionen in \(\mathrm L^2(\mathbb C^n, \mathrm e^{-\pi|z|^2}\,\mathrm dz)\) und ist damit Beispiel eines Toeplitzoperators. Solche Operatoren besitzen eindeutig bestimmte Symbole:
Lemma 5.24. Angenommen, für zwei beschränkte meßbare Funktionen \(p_1\) und \(p_2\) gelte \(T_{p_1}^{\rm AW}=T_{p_2}^{\rm AW}\). Dann gilt \(p_1=p_2\) fast überall.
Proof. Die Zuordnung des Anti-Wickoperators ist linear. Damit genügt es zu zeigen, daß aus \(T_p^{\rm AW}=0\) schon \(p=0\) f.ü. folgt. Ersteres ist aber dazu äquivalent, daß für jedes \(f\in\mathcal H(\mathbb C^n)\) die Funktion \(pf\perp \mathcal H(\mathbb C^n)\) im Raum \(\mathrm L^2(\mathbb C^n, \mathrm e^{-\pi|z|^2}\,\mathrm dz)\) erfüllt. Das heißt aber, daß für alle Multiindizes \(\alpha\) und \(\beta\) \[\int_{\mathbb C^n} p(\overline z,z) z^\alpha \overline z^\beta \mathrm e^{-\pi|z|^2} \,\mathrm dz =0\] gelten muß. Allerdings gilt \(\overline{\mathop{\mathrm{span}}}\{z^\alpha\overline z^\beta \;:\; \alpha,\beta\in\mathbb N_0^n\} = \mathrm L^2(\mathbb C^n, \mathrm e^{-\pi|z|^2}\,\mathrm dz)\), wie aus der Konstruktion der Hermitefunktionen als Basis von \(\mathrm L^2(\mathbb R^{2n})\) folgt. Damit folgt \(p=0\) fast überall. ◻
Das gerade gezeigte Lemma gilt natürlich auch für unbeschränkte Anti-Wickoperatoren, falls \(|p(\overline z,z)|\le C \mathrm e^{\delta|z|^2}\) für ein \(\delta<\pi/2\) gilt. Damit kann man einem Operator \(T\), welcher ein Anti-Wicksymbol besitzt, dieses eindeutig zuordnen. Wir bezeichnen dies mit \(\sigma_T^{\rm AW}\). Es stellt sich die Frage, welche Operatoren Anti-Wicksymbole besitzen. Das sind recht wenige.
Satz 5.25.
Angenommen, der Operator \(T:\mathcal H(\mathbb C^n)\to\mathcal H(\mathbb C^n)\) besitzt ein Anti-Wicksymbol \(\sigma_T^{\rm AW}\). Dann gilt \[\sigma_T^{\rm W}(\overline z,z) = \int_{\mathbb C^n} \mathrm e^{-\pi |z-w|^2 } \sigma_T^{\rm AW} (\overline w,w)\,\mathrm dw\] für sein Wicksymbol.
Sei nun \(\sigma\in \mathcal S'(\mathbb R^{2n})\), \(\sigma^w(\mathrm X,\mathrm D)\) der zugeordnete Weyloperator und \(T=\mathcal B\circ \sigma^w(\mathrm X,\mathrm D)\circ \mathcal B^{-1}\). Dann besitzt \(T\) das Wicksymbol \[\sigma_T^{\rm W}(\overline z,z) = 2^n \iint \mathrm e^{-2\pi | z - (x+\mathrm i\xi)|^2} \sigma (x,\xi)\,\mathrm dx\,\mathrm d\xi.\]
Proof. Erfolgt durch Nachrechnen. Zuerst zu (1); es gilt für das Wicksymbol \(\sigma_T^{\rm W}(\overline z,z)\) nach Lemma Lemma 5.23 \[\begin{aligned} \sigma_T^{\rm W}(\overline z,z) &= \mathrm e^{-\pi |z|^2} {\pmb(T E_z,E_z\pmb)}_{\mathcal H} = \mathrm e^{-\pi |z|^2} \int_{\mathbb C^n} \int_{\mathbb C^n} \sigma_T^{\rm AW} ( \overline w,w) \mathrm e^{\pi v\cdot \overline w} \mathrm e^{\pi w\cdot\overline z} \mathrm e^{-\pi|w|^2} \,\mathrm dw \; \mathrm e^{\pi \overline v \cdot z} \mathrm e^{-\pi|v|^2} \,\mathrm dv\notag\\ &= \mathrm e^{-\pi |z|^2} \int_{\mathbb C^n} \sigma_T^{\rm AW} ( \overline w,w) \left( \int_{\mathbb C^n} \mathrm e^{\pi v\cdot \overline w} \mathrm e^{\pi \overline v \cdot z} \mathrm e^{-\pi|v|^2} \,\mathrm dv\right) \mathrm e^{\pi w\cdot\overline z} \mathrm e^{-\pi|w|^2} \,\mathrm dw \notag\\ &= \mathrm e^{-\pi |z|^2} \int_{\mathbb C^n} \sigma_T^{\rm AW} ( \overline w,w) \mathrm e^{\pi z\cdot \overline w} \mathrm e^{\pi w\cdot\overline z} \mathrm e^{-\pi|w|^2} \,\mathrm dw \notag\\ &=\int_{\mathbb C^n} \mathrm e^{-\pi |z-w|^2 } \sigma_T^{\rm AW} (\overline w,w)\,\mathrm dw,\end{aligned}\] da der Ausdruck in Klammern gerade das Innenprodukt \({\pmb(E_w,E_z\pmb)}_{\mathcal H} = E_w(z)\) darstellt. Analog ergibt sich im Falle von (2) \[\begin{aligned} \sigma_T^{\rm W}(\overline z,z) &= \mathrm e^{-\pi |z|^2} {\pmb(T E_z,E_z\pmb)}_{\mathcal H} = \mathrm e^{-\pi|z|^2} {\pmb(\sigma^w(\mathrm X,\mathrm D)\mathcal B^{-1} E_z,\mathcal B^{-1} E_z\pmb)}_{\mathrm L^2(\mathbb R^n)} \notag\\ &= \mathrm e^{-\pi|z|^2} \iint \sigma(x,\xi) \mathcal W (\mathcal B^{-1} E_z)(x,\xi) \,\mathrm dx\,\mathrm d\xi\notag\\ &= \iint \sigma(x,\xi) \mathcal W\phi_0 (x-\Re z,\xi-\Im z)\,\mathrm dx\,\mathrm d\xi\end{aligned}\] wegen \(\mathcal B^{-1} E_z = \mathrm e^{\frac\pi2 |z|^2} \rho(-\Re z,-\Im z,0) \phi_0\) für den Gaußkern \(\phi_0(x)=\mathrm e^{-\pi x^2}\) und die Schrödingerdarstellung \(\rho\) sowie der Kovarianzeigenschaft der quadratischen Wignerverteilung. Mit \[\mathcal W\phi_0 (x,\xi) = 2^{n} \mathrm e^{-2\pi (x^2+\xi^2)}\] folgt die Behauptung. ◻
Ein Operator, welcher ein Anti-Wicksymbol besitzt, besitzt damit notwendigerweise das Weylsymbol \[\sigma(x,\xi) = 2^n \int_{\mathbb C^n} \mathrm e^{-2\pi | (x+\mathrm i\xi)-z|^2} \sigma_T^{\rm AW} (\overline z,z)\,\mathrm dz,\] welches damit Einschränkung einer ganzen Funktion des \(\mathbb C^{2n}\) auf den \(\mathbb R^{2n}\) ist. Trotz allem sind Anti-Wickoperatoren schön, für diese ist \(T_p^{\rm AW}\) selbstadjungiert und positiv definit, falls \(p\) als Funktion positiv und reellwertig ist. So einfache Kriterien gelten weder für Weyl- noch für Wickoperatoren.
Es sei im folgenden \(V\) ein lokalkonvexer topologischer Vektorraum und \(K \subset V\). Ein Randpunkt \(x \in \partial K\) heißt Extremalpunkt , wenn es keine zwei Punkte \(y , z \in K \cup \partial K\) gibt, so daß \(y\ne z\) und \(x=ty+(1-t)z\) für ein \(0 < t <1\). Die Menge der Extremalpunkte von \(K\) bezeichnen wir mit \(\partial_{\rm ext} K\). Eine nichtleere Teilmenge \(B \subset K\) heißt extremal , wenn für zwei Elemente \(y,z \in K\), deren Verbindungsstrecke \(\overline{yz} = \{ t y + (1-t)z : 0 < t < 1 \}\) \[\overline{yz} \cap B \neq \varnothing\] erfüllt, bereits \(y,z\in B\) gilt. Eine kompakte extremale Teilmenge von \(K\) heißt minimale kompakte extremale Teilmenge von \(K\), wenn sie keine echten kompakten, extemalen Teilmengen enthält. Bevor wir den Satz von Krein–Milman beweisen, benötigen wir zwei Lemmata.
Lemma 6.1. Eine minimale kompakte extremale Teilmenge \(A\) von \(K\) ist einelementig.
Proof. Wir nehmen an, \(A\) enthält zwei verschiedene Punkte \(a,b\). Dann existiert nach Hahn–Banach ein \(\varphi \in V'\), so daß \(f = \Re \varphi\) verschiedene Werte auf \(a\) und \(b\) annimmt. Sei \(\rho := \min_A f\). Wegen Kompaktheit von \(A\) ist die Menge \[B:= \{ k \in A | f(k) = \rho \}\] nicht leer und es gilt \(B \neq A\), da \(f\) auf \(A\) unterschiedliche Werte annimmt. Wegen Stetigkeit von \(f\) ist \(B\) eine abgeschlossene Teilmenge der kompakten Menge \(A\) und damit selbst kompakt. Wir zeigen, daß \(B\) extremal in \(A\) (und damit auch in \(K\)) ist, was der Minimalität von \(A\) widerspricht. Seien \(y,z \in A\) mit \(\overline{yz} \cap B \neq \varnothing\). Dann gibt es ein \(t \in (0,1)\) mit \[\begin{aligned} \rho = f(ty+(1-t)z) = tf(y) + (1-t)f(z).\end{aligned}\] Nach Definition von \(B\) gilt \(f(y) \ge \rho\), \(f(z) \ge \rho\). Ist eine Ungleichheit strikt, so erhält man in der obigen Gleichung den Widerspruch \(\rho > \rho\). Also gilt \(f(z) = \rho = f(y)\) und damit \(y,z \in B\), was zeigt, daß \(B\) extremal in \(A\) ist. ◻
Lemma 6.2. Ist \(K \neq \varnothing\) kompakt, dann gibt es extremale Punkte in \(K\).
Proof. Sei \(\mathcal{A}\) die Familie aller kompakten, extremalen Teilmengen von \(K\). Diese ist wegen \(K \in \mathcal{A}\) nicht leer und mit der Mengeninklusion partiell geordnet. Sei \(\mathcal{B} \subset \mathcal{A}\) eine Kette, dann ist \(\bigcap \mathcal{B}\) eine nicht leere, kompakte, extremale Menge in \(K\), die zur Familie \(\mathcal{A}\) gehört und eine untere Schranke für \(\mathcal{B}\) ist. Nach dem Lemma von Zorn hat \(\mathcal{A}\) folglich ein minimales Element, welches nach Lemma Lemma 6.1 die Form \(\{ a \}\) für ein \(a\in K\). \(K\) hat also den Extremalpunkt \(a\). ◻
Satz 6.3 (Krein–Milman). Ist \(K\) kompakt, so gilt \(K \subset \overline{\mathop{\mathrm{conv}}} \,\partial_{\rm ext} K\).
Proof. Es sei \(K \neq \varnothing\). Dann ist nach Lemma Lemma 6.2 \(\partial_{\rm ext} K \neq \varnothing\) und folglich \(N := \overline{\mathop{\mathrm{conv}}} \partial_{\rm ext} K\) nichtleer, konvex und abgeschlossen. Wir nehmen an, daß ein \(x \in K\) existiert, welches nicht in \(N\) enthalten ist. Nach dem Trennungssatz von Hahn–Banach, Beweis in der Funktionalanalysis, existiert dann ein \(\varphi \in V'\) mit \(f(x) < \inf_N f\), wobei \(f = \Re \varphi\). Wir definieren \[B:= \{ k \in K | f(k) = \rho := \min_K f \}.\] Dann ist \(B\) (analog zum Beweis von Lemma Lemma 6.1) extremal in \(K\) sowie nicht leer und abgeschlossen, also als Teilmenge von \(K\) kompakt. Nach Lemma Lemma 6.2 existiert folglich ein Extremalpunkt \(b \in B\). Weil \(B\) extremal in \(K\) ist, ist \(b\) Extremalpunkt von \(K\) und es gilt \(b \in \partial_{\rm ext} K \subset N\). Wir erhalten \[\rho = f(b) \ge \inf_N f > f(x) \ge \min_K f = \rho.\] Ein Widerspruch. ◻
Sei im folgenden \(X\) ein kompakter Hausdorffraum, \(\mathrm C(X)\) der Raum der stetigen, komplexwertigen Funktionen auf \(X\).
Satz 6.4 (Stone-Weierstraß). Sei \(A \subset\mathrm C(X)\) eine *-Unteralgebra mit Eins, die punktetrennend auf \(X\) ist. Dann ist \(A\) dicht in \(\mathrm C(X)\).
Proof. Es bezeichne \(A^\perp\) den Annihilator von \(A\), also die Menge aller \(\mu \in \mathrm C(X)'\), so daß \(\int_X fd\mu = 0\) für alle \(f \in A\) gilt. Wir definieren\[K := \{ \mu \in A^\perp : \lVert \mu \rVert \le 1 \},\] dann ist \(K\) konvex (als Schnitt eines Unterraums mit einer Kugel) und schwach*-kompakt (nach dem Satz von Alaoglu). Ist \(K=0\), so ist \(A^\perp =0\), also \(A =\mathrm C(X)\). Wir nehmen also an, daß \(K \neq 0\) gilt. Sei \(\mu \in K\) ein extremaler Punkt, welcher nach Lemma Lemma 6.2 existiert. Dann gilt offenbar \(\lVert \mu \rVert = 1\). Weiter sei \(E\) der Träger von \(\mu\). Dieser ist als abgeschlossene Teilmenge von \(X\) kompakt und es gilt \(|\mu|(E) = 1\). \(E\) ist offenbar die kleinste Menge mit diesen beiden Eigenschaften. Wir wählen ein \(f\in A\) mit \(0 < f(x) < 1\) für alle \(x \in E\) und definieren \[d\sigma = f d\mu, \hspace{0.5cm} d\tau = (1-f)d\mu.\] Weil \(A\) eine Algebra ist, gilt \(d\sigma, d\tau \in A^\perp\). Weiter gilt wegen \(0<f<1\) auf \(E\) auch \(\lVert \tau \rVert > 0\) und \(\lVert \sigma \rVert >0\). Wir können berechnen: \[\lVert \sigma \rVert + \lVert \tau \rVert = \int_E f d|\mu| + \int_E (1-f) d|\mu| = |\mu|(E) = 1.\] Es folgt, daß \(\mu = \lVert \sigma \rVert (\sigma/ \lVert \sigma \rVert) + \lVert \tau \rVert (\tau/ \lVert \tau \rVert)\) eine konvexe Kombination von \(\sigma_1 = (\sigma/ \lVert \sigma \rVert)\) und \(\tau_1 = (\tau/ \lVert \tau \rVert)\) ist, welche beide in \(K\) enthalten sind. Da \(\mu\) Extremalpunkt ist, gilt aber \(\mu = \sigma_1\), also \(f d\mu = \lVert \sigma \rVert d\mu\) und damit \(f(x) = \lVert \sigma \rVert\) für alle \(x \in E\). Sei nun \(g \in A\) und \(g\) nehme auf \(E\) nur reelle Werte an. Hat \(g\) eine Nullstelle in \(E\), so existiert wegen Kompaktheit von \(g\) eine Konstante \(c\), so daß \(g+c >0\). Wegen \(1 \in A\) ist \(g+c \in A\). Wegen Kompaktheit von \(E\) existiert weiter eine Konstante \(\lambda \in \mathbb R\), so daß \(0 < \lambda(g+c) < 1\). Nach der obigen Rechnung folgt, daß \(\lambda(g+c)\) und damit \(g\) konstant (auf E) ist. Hätte \(E\) zwei verschiedene Elemente \(a\neq b\), so würde, da \(A\) punktetrennend ist, ein \(f \in A\) existieren mit \(f(a) \neq f(b)\). Da \(A\) *-Unteralgebra ist, sind \(\Re f, \Im f \in A\). Da aber \(\Re f (a) \neq \Re f(b)\) oder \(\Im f(a) \neq \Im f(b)\) gilt, gäbe es eine auf \(E\) nicht konstante, reellwertige Funktion in \(A\). Ein Widerspruch. Also ist \(E\) einelementig und somit \(\mu = c \delta_x\) mit \(E=\{ x \}\) und einer Konstanten \(c\). Aber mit \(1 \in A\) folgt \(0=\int_X 1 d\mu = c \delta_x(X) = c\). Ein Widerspruch zu \(\lVert \mu \rVert =1\). Also ist der Fall \(K \neq 0\) nicht möglich und der Satz bewiesen. ◻
Sei \(H\) separabler Hilbertraum und \(\boldsymbol\mu\) ein \(\mathcal L(H)\)-wertiges Spektralmaß auf einem lokalkompakten Hausdorffraum \(\Sigma\). Sei weiter zu jeder beschränkten borelmeßbaren Funktion \(f\in\mathrm B(\Sigma)\) durch der Operator \(T_f\in\mathcal L(H)\) via [eq:1.3.24] definiert. Dann gilt
Lemma 6.5. Es gibt eine (möglicherweise endliche) Folge \((u_k)\) von Vektoren \(u_k\in H\) mit \(\|u_k\|=1\), so daß \[H = \bigoplus_k \mathfrak Z(u_k) ,\qquad \mathfrak Z(u_k) = \overline{\mathop{\mathrm{span}}} \{ T_f u_k : f\in \mathrm B(\Sigma) \} %\simeq \int^\oplus_{\Sigma} \C \d\mu_{u_k,u_k}(\zeta) .\] als orthogonale direkte Summe gilt.
Proof. Man startet mit einer in \(H\) dichten Folge und normiert das erste von Null verschiedene Element. Dies liefert \(\mathfrak Z(u_1)\). Danach projiziert man die weiteren Folgenglieder auf \(\mathfrak Z(u_1)^\perp\) und wählt das erste mit von Null verschiedener Projektion. Dies normiert liefert \(\mathfrak Z(u_2)\). Da \(u_2\perp\mathfrak Z(u_1)\) gilt, folgt \(\mathfrak Z(u_2)\perp \mathfrak Z(u_1)\). Im Schritt \(k\) projiziert man auf \((\mathfrak Z(u_1)\oplus \cdots \oplus\mathfrak Z(u_{k-1}))^\perp\) und normiert wiederum die erste von Null verschiedene Projektion. Etc. Das liefert die gesuchte Folge \((u_k)\) und nach Konstrution gilt \(H=\bigoplus_k \mathfrak Z(u_k)\). ◻
Das Lemma ist der Ausgangspunkt um folgendes Theorem zu beweisen. Wir schreiben \(u\ll v\) falls \(\boldsymbol\mu_{u,u}\ll \boldsymbol\mu_{v,v}\). Gilt \(\mathfrak Z(u)\perp \mathfrak Z(v)\), so folgt \(\boldsymbol\mu_{u+v,u+v} = \boldsymbol\mu_{u,u} + \boldsymbol\mu_{v,v}\) und damit \(u \ll u+v\).
Satz 6.6 (Hellinger44–Hahn). Sei \(H\) separabel und \(\mu\) ein \(\mathcal L(H)\)-wertiges Spektralmaß. Dann existiert eine (möglicherweise endliche) Folge \((v_k)\) von Vektoren \(v_k\in H\) mit \(\|v_k\|=1\), so daß
\(H = \bigoplus_k \mathfrak Z(v_k)\);
für \(k=1,2,\ldots\) gilt \(v_{k+1}\ll v_k\).
Proof. Teil 1: Der Beweis beruht auf einer summenerhaltenden Transformation zyklischer Unterräume. Nach Lemma Lemma 6.5 existiert eine Folge \((u_k)\) mit \[H = \bigoplus_k \mathfrak Z(u_k) = \mathfrak Z(u_1) \oplus \mathfrak Z(u_2) \oplus\cdots\] und wir zeigen zuerst, daß es damit auch eine Folge \(u_{k,1}\) gibt, so daß \[H = \bigoplus_k \mathfrak Z(u_{k,1}) =\mathfrak Z(u_{1,1}) \oplus \mathfrak Z(u_{2,1}) \oplus\cdots\] gilt und \(u_{k,1}\ll u_{1,1}\) für alle \(k\) erfüllt ist. Wir erlauben dabei Nullsummanden.
Schritt 1: Rekursive Zerlegung \(\mathfrak Z(u_k) = \mathfrak Z(w_{k,1})\oplus \mathfrak Z(w_{k,2})\). Dazu sei \(w_{1,1}=u_1\) und und \(w_{1,2}=0\). Nachdem \(w_{1,1}, w_{1,2}, w_{2,1},\ldots, w_{k-1,1},w_{k-1,2}\) konstruiert sind, sei \[\tilde w_k = \sum_{\ell=1}^{k-1} {\ell^{-1}} w_{\ell,1},\qquad \tilde u_k = \tilde w_k + k^{-1} u_k.\] Nach Konstruktion ist \({\tilde w_k} \ll \tilde u_k\) sowie \(u_k\ll \tilde u_k\). Sei nun \(\rho_k\) die Dichtefunktion von \(\mu_{\tilde w_k,\tilde w_k}\) bezüglich \(\mu_{\tilde u_k,\tilde u_k}\) und \(\tilde\rho_k(\zeta) = 1\) für \(\rho_k(\zeta)=0\) und \(=0\) für \(\rho_k(\zeta)>0\). Es gilt \(\tilde\rho_k\in\mathrm L^2(\Sigma,\,\mathrm d\mu_{u_k,u_k})\) und damit erfüllen \[w_{k,1}=T_{\tilde \rho_k} u_k \in \mathfrak Z(u_k),\qquad \text{und}\qquad w_{k,2} = u_k - w_{k,1}\] nach Konstruktion \(w_{k,1}\perp w_{k,2}\) sowie \(\mathfrak Z(u_k) = \mathfrak Z(w_{k,1})\oplus \mathfrak Z(w_{k,2})\).
Schritt 2: Regularisation. Sei nun \((u_{k,1})\) definiert durch \[u_{1,1} = \sum_{k=1}^\infty k^{-1} w_{k,1} ,\qquad\text{sowie}\qquad u_{k,1} = w_{k,2}, \quad k=2,3,\ldots\] Die Reihe konvergiert in \(H\), da die Elemente paarweise orthogonal sind und \(\|w_{k,1}\| \le \|u_k\|=1\) gilt. Weiter ist nach Konstruktion \(w_{k,1}\ll u_{1,1}\). Es bleibt zu zeigen, daß auch \(w_{k,2}\ll u_{1,1}\) gilt.
Da \(u_k = w_{k,1}+w_{k,2}\) orthogonale Summe ist, folgt \(w_{k,2} \ll u_k \ll \tilde u_k\). Analog gilt wegen \(\tilde u_k =\tilde w_{k+1}+ k^{-1} w_{k,2}\) auch \(\tilde w_{k+1} \ll \tilde u_k\). Allerdings gilt hier auch die Umkehrung. Die Dichtefunktion erfüllt nach Konstruktion \[\frac{\,\mathrm d\boldsymbol \mu_{\tilde w_{k+1},\tilde w_{k+1}}}{\,\mathrm d\boldsymbol \mu_{\tilde u_k,\tilde u_k}} (\zeta) = \frac{\,\mathrm d\boldsymbol \mu_{\tilde w_{k},\tilde w_{k}}}{\,\mathrm d\boldsymbol \mu_{\tilde u_k,\tilde u_k}} (\zeta) + \tilde\rho_k (\zeta) >0\] für alle \(\zeta\in\Sigma\). Also ist \(\tilde u_k\ll \tilde w_{k+1} \ll u_{1,1}\) und \(w_{k,2}\ll u_{1,1}\) ist gezeigt.
Schritt 3: Wir streichen alle \(u_{k,1}=0\) und Normieren die verbleibenden. Wir nutzen wieder die Notation \(u_{k,1}\) für die dabei entstehende Folge. Dann ergibt sich \[H = \bigoplus_k \mathfrak Z(u_{k,1}) ,\qquad \text{sowie}\qquad \qquad u_{k,1} \ll u_{1,1}\] mit normierten Vektoren \(u_{k,1}\).
Teil 2: Für jedes \(\ell=2,3,\ldots\) wenden wir Teil 1 auf die Summe \(\bigoplus_{k\ge \ell} \mathfrak Z(u_{k,\ell-1})\) an und konstruieren auf diese Weise eine Folge \(u_{k,\ell}\) mit \[\bigoplus_{k\ge\ell} \mathfrak Z(u_{k,\ell-1}) = \bigoplus_{k\ge\ell} \mathfrak Z(u_{k,\ell}) ,\qquad \text{sowie}\qquad \qquad u_{k,\ell} \ll u_{\ell,\ell} \quad\text{f\"ur $k\ge\ell$}\] mit normierten Vektoren \(u_{k,\ell}\). Damit folgt insbesondere für \(v_k=u_{k,k}\) \[H = \bigoplus_{k} \mathfrak Z(v_k),\qquad\qquad v_k\ll v_\ell \quad\text{f\"ur $k\ge \ell$}\] und damit die Behauptung. ◻
Wir bezeichnen eine Folge \(v_k\) mit den Eigenschaften des Satzes Satz 6.6 als eine Hellinger–Hahn-Folge des Spektralmaßes \(\boldsymbol\mu\). Da für \(f\in\mathrm B(\Sigma)\) und \(u\in H\) \[\| T_f u \|^2 = \int_\Sigma |f(\zeta)|^2 \,\mathrm d\boldsymbol\mu_{u,u}(\zeta)\] gilt, sind die zyklischen Unterräume kanonisch isomorph zu \[\mathfrak Z(u) \simeq \mathrm L^2(\Sigma, \,\mathrm d\boldsymbol\mu_{u,u})\] und die Hellinger–Hahn-Zerlegung liefert einen Isomorphismus \(H \simeq \bigoplus_k \mathrm L^2(\Sigma, \,\mathrm d\boldsymbol\mu_{v_k,v_k})\) für eine bezüglich Absolutstetigkeit geordnete Folge von Maßen. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Hellinger–Hahn-Zerlegung eindeutig ist. Dazu schreiben wir \(u\sim v\), falls \(u\ll v\ll u\).
Korollar 6.7. Seien \(u_k\) und \(v_k\) zwei Hellinger–Hahn-Folgen desselben Spektralmaßes \(\boldsymbol\mu\). Dann gilt \(u_k\sim v_k\).
Proof. Es sei \(u_{k,\ell}\) die Projektion von \(u_k\) auf \(\mathfrak Z(v_\ell)\). Dann gibt es insbesondere Funktionen \(f_{k,\ell}\in\mathrm L^2(\Sigma,\,\mathrm d\mu_{v_\ell,v_\ell})\) mit \(u_{k,\ell} = T_{f_{k,\ell}} v_\ell\). Weiter gilt wegen \[u_k = \sum_{\ell} u_{k,\ell} = \sum_\ell T_{f_{k,\ell}} v_\ell\] für die Radon–Nikodým-Dichten bezüglich \(\boldsymbol\mu_{v_1,v_1}\) \[\frac{ \,\mathrm d\boldsymbol \nu_{u_k,u_k} }{\,\mathrm d\boldsymbol\nu_{v_1,v_1}}(\zeta) = \sum_{\ell} |f_{k,\ell}(\zeta)|^2 \frac{\,\mathrm d\boldsymbol\nu_{v_\ell,v_\ell}}{\,\mathrm d\boldsymbol\nu_{v_1,v_1}}(\zeta)\] als monotone (und damit konvergente) Reihe. Also existiert eine meßbare Dichtefunktion und \(u_k \ll v_1\). Wenn man die Rollen von \(u_k\) und \(v_k\) vertauscht, folgt insbesondere \(v_1\ll u_1\). Weiter gilt \(| f_{k,\ell}(\zeta) \overline{f_{k',\ell}(\zeta)} | \le \frac12 ( |f_{k,\ell}(\zeta)|^2 |f_{k',\ell}(\zeta)|^2 )\) und die Reihe \[\sum_{\ell} f_{k,\ell}(\zeta) \overline{f_{k',\ell}(\zeta)} \frac{ \,\mathrm d\boldsymbol\mu_{v_{\ell},v_{\ell}} }{\,\mathrm d\boldsymbol\mu_{v_1,v_1}}\] konvergiert nach dem Satz über die majorisierte Konvergenz gegen eine integrierbare Funktion. Wir zeigen, daß der Grenzwert fast überall gleich Null ist. Sei dazu \(E\subset\Sigma\) borel. Gliedweise Integration liefert dann \[\begin{aligned} \sum_{\ell} \int_{E} f_{k,\ell}(\zeta) \overline{f_{k',\ell}(\zeta)} \frac{ \,\mathrm d\boldsymbol\mu_{v_{\ell},v_{\ell}} }{\,\mathrm d\boldsymbol\mu_{v_1,v_1}} \,\mathrm d\boldsymbol\mu_{v_1,v_1} &= \sum_{\ell} \int_{E} f_{k,\ell}(\zeta) \overline{f_{k',\ell}(\zeta)}\,\mathrm d\boldsymbol\mu_{v_\ell,v_\ell} \notag\\ &= \sum_k {\pmb(\boldsymbol\mu(E) u_{k,\ell},u_{k',\ell}\pmb)} = {\pmb(\boldsymbol\mu(E) u_k,u_{k'}\pmb)} = 0 \end{aligned}\] unter Ausnutzung von \(\mathfrak Z(u_k)\perp \mathfrak Z(u_{k'})\).
Angenommen, wir haben schon gezeigt, daß \(u_k\ll v_k\ll u_k\) für alle \(k\le n\) gilt. Sei nun \(E\subset\Sigma\) eine Nullmenge bezüglich \(\boldsymbol\mu_{v_n,v_n}\). Angenommen, \(E\) ist keine Nullmenge bezüglich \(\boldsymbol\mu_{u_n,u_n}\), dann gilt für die Dichtefunktionen \(\rho_k\) von \(\boldsymbol\mu_{v_k,v_k}\) bezüglich \(\boldsymbol\mu_{v_1,v_1}\) und \(\sigma_k\) von \(\boldsymbol\mu_{u_k,u_k}\) bezüglich \(\boldsymbol\mu_{v_1,v_1}\) sowohl \(\rho_k(\zeta)=0\) f.ü. auf \(E\) für alle \(k\ge n\) und es existiert eine Nichtnullmenge \(E_0\subset E\) mit \(\sigma_k(\zeta) >0\) für alle \(k\le n\). Also gilt auf \(E_0\) \[\begin{aligned} & \sum_{\ell=1}^{n-1} |f_{k,\ell}(\zeta)|^2 {\rho_\ell(\zeta)} ={ \sigma_k(\zeta) }, \\ & \sum_{\ell=1}^{n-1} f_{k,\ell}(\zeta) \overline{f_{k',\ell}(\zeta)} {\rho_{\ell}(\zeta) } = 0,\qquad k\ne k', \end{aligned}\] für \(k,k'=1,2,\ldots, n\). Wir betrachten ein \(\zeta\in E_0\). Damit sind die \(n\) Vektoren \[\left( f_{k,1}(\zeta) \big( \frac{\rho_{1}(\zeta) }{\sigma_k(\zeta)} \big)^{1/2}, \ldots, f_{k,n-1}(\zeta) \big( \frac{\rho_{n-1}(\zeta) }{\sigma_k(\zeta)} \big)^{1/2} \right)^\top \in \mathbb C^{n-1}\] normiert und paarweise orthogonal. Widerspruch. ◻
Wir bezeichnen zwei Spektralmaße \(\boldsymbol\mu\) und \(\boldsymbol\nu\) auf \(\Sigma\) mit Werten in \(\mathcal L(H_1)\) und \(\mathcal L(H_2)\) als unitär äquivalent, falls es einen unitären Operator \(U : H_1\to H_2\) mit \[\boldsymbol\mu_{u,v} = \boldsymbol\nu_{Uu,Uv}\] für alle \(u,v\in H_1\) gibt.
Korollar 6.8 (Hellinger–Hahn). Die folgenden Aussagen sind äquivalent.
Zwei Spektralmaße \(\boldsymbol\mu\) und \(\boldsymbol\nu\) auf \(\Sigma\) sind unitär äquivalent.
Für zugeordnete Hellinger–Hahn Folgen \(u_k\) und \(v_k\) gilt \(u_k\sim v_k\) für alle \(k\).
Proof. Angenommen, die Spektralmaße sind unitär äquivalent. Dann ist \(w_k=Uu_k\) ebenfalls eine Hellinger–Hahn-Folge für \(\boldsymbol\nu\) und das gerade gezeigte Korollar liefert die Behauptung. Für die Rückrichtung nutzt man die nach Voraussetzung unitären Abbildungen \[U : \mathrm L^2(\Sigma,\,\mathrm d\boldsymbol\mu_{u_k,u_k})\ni f \mapsto \left(\frac{\,\mathrm d\boldsymbol\mu_{u_k,u_k}}{\,\mathrm d\boldsymbol\nu_{v_k,v_k}}\right)^{1/2} f \in \mathrm L^2(\Sigma,\,\mathrm d\boldsymbol\nu_{v_k,v_k})\] und setzt sie auf \(H_1\to H_2\) fort. Nach Konstruktion liefert dies eine Äquivalenz der Spektralmaße. ◻
Funktionentheorie mehrerer komplexer Veränderlicher unterscheidet sich vom komplex eindimensionalen Fall an mehreren zentralen Stellen. Da sie im Skript benutzt wurde, eine kurze Zusammenstellung wesentlicher Aussagen. Im folgenden sei für \(z,w\in\mathbb C^n\) durch \(z\cdot w = \sum_{j=1}^n z_j w_j\) die (in beiden Variablen holomorphe!) Fortsetzung des Euklidischen Innenproduktes bezeichnet. Dies weicht vom üblichen Gebrauch in der mathematischen Literatur ab. Weiter sei \(|z|=\sqrt{z\cdot\overline z}\) die Länge des Vektors \(z\in\mathbb C^n\).
Sei \(U\subset\mathbb C^n\) ein Gebiet. Eine Funktion \(f: \mathbb C^n\subset U \to\mathbb C\) heißt holomorph auf \(U\), falls sie auf \(U\) differenzierbar ist, es also zu jedem \(z_0\in U\) ein \(f'(z_0)\in\mathbb C^n\) mit \[f(z_0+h)-f(z_0) = f'(z_0)\cdot h + o(|h|)\] gibt. Sie heißt weiterhin analytisch auf \(U\), falls sie lokal um jeden Punkt \(z_0\in U\) durch eine konvergente Potenzreihe \[f(z) = \sum_{\alpha} c_\alpha (z-z_0)^\alpha,\qquad |z-z_0|\le r,\] mit Koeffizienten \(c_\alpha\in\mathbb C\) dargestellt werden kann.
Lemma 7.1 (Osgood45). Angenommen, \(f:\mathbb C^n\supset U \to \mathbb C\) ist stetig und besitzt in jedem Punkt in \(U\) partielle komplexe Ableitungen \(\partial_{z_j} f\), \(j=1,\ldots n\). Dann ist \(f\) ist analytisch.
Proof. Sei \(z\in U\) und seien \(r_1,\ldots,r_n>0\) Radien, so daß die abgeschlossene Polydisk \[\prod_{j=1}^n B_{r_j}(z_j) = \prod_{j=1}^n \{ \zeta_j\in\mathbb C: |\zeta_j-z_j|\le r_j \} \subset U\] in \(U\) enthalten ist. Sei weiter \(\Gamma_j = \{ \zeta_j\in\mathbb C: |\zeta_j-z_j|\le r_j \}\). Dann impliziert partielle komplexe Differenzierbarkeit partielle Holomorphie und damit die Gültigkeit der Cauchyschen Integralformel \[f(z) = \frac1{(2\pi\mathrm i)^n} \oint_{\Gamma_1} \cdots \oint_{\Gamma_n} \frac{f(\zeta)}{(\zeta_1-z_1)\cdots(\zeta_n-z_n)} \,\mathrm d\zeta_n \cdots \,\mathrm d\zeta_1.\] Da wir über eine kompakte Menge integrieren, der Integrand als stetig vorausgesetzt wurde und für \(|z_j|<|\zeta_j|\) die geometrischen Reihen \[\frac{1}{\zeta_j-z_j} = \sum_{k=0}^\infty \frac{z_j^{k}}{\zeta_j^{k+1}}\] absolut konvergieren, folgt nach Vertauschen von Integration und Summation \[f(z) = \sum_\alpha c_\alpha z^\alpha,\qquad\qquad c_\alpha = \frac1{(2\pi\mathrm i)^n} \oint_{\Gamma_1} \cdots \oint_{\Gamma_n} \frac{f(\zeta)}{\zeta_1^{\alpha_1+1} \cdots \zeta_n^{\alpha_n+1}} \,\mathrm d\zeta_n \cdots \,\mathrm d\zeta_1.\] Damit ist \(f\) analytisch. ◻
Die Stetigkeitsvoraussetzung ist dabei nicht nötig, um aus partieller Holomorphie die Holomorphie zu schließen. Das genau besagt der nachfolgend zitierte Satz von Hartogs.
Satz 7.2 (Hartogs46). Angenommen, \(f:\mathbb C^n\subset U \to \mathbb C\) ist partiell komplex differenzierbar. Dann ist \(f\) stetig.
D.h., in jedem Punkt \(\lambda\in\rho_\mathcal A(x)\) ist \(R_x(\lambda)\) in eine Potenzreihe mit Koeffizienten aus \(\mathcal A\) entwickelbar.↩︎
Israel Moissejewitsch Gelfand (Israilp1 Moiseevich Gelp1fand), 1913–2009↩︎
Stanisłav Mazur, 1905–1981↩︎
Norbert Wiener, 1894–1964↩︎
Marshall Harvey Stone, 1903–1984↩︎
Mark Aronovich Neumark (Mark Aronovich Nai0mark), 1909–1978↩︎
Für die Identität \(\sigma_\mathcal A(B)=\sigma (B)\) für alle \(B\in\mathcal A\) wird auf die Übung verwiesen. Unitale \(C^*\)-Unteralgebren von \(\mathcal L(H)\) sind spektralinvariant.↩︎
Genauer: die Verallgemeinerung nach Markov und Kakutani, welche \(\mathbb M(X)=\mathrm C(X)'\) für alle kompakten Hausdorffräume \(X\) liefert.↩︎
John von Neumann, 1903–1957↩︎
Alfred Haar, 1885–1933↩︎
Henri Cartan, 1904–2008↩︎
Issai Schur, 1875–1941↩︎
Eigentlich Filter/Netze. Die Existenz ist trivial: man nehme eine Filterbasis des Umgebungsfilters der Eins aus relativ kompakten Mengen und normiert \(1_U(x)\). Dann gilt \({\boldsymbol{|}U\boldsymbol{|}}^{-1} 1_U \stackrel*{\rightharpoonup}\delta_1\). Mit dem Lemma von Urysohn kann man die \(f_U\) auch alle stetig mit kompaktem Träger wählen.↩︎
Diese gilt für positiv semi-definite Sesquilinearformen, wie \[0\le {\pmb(f+\alpha g,f+\alpha g\pmb)}_F = {\pmb(f,f\pmb)}_F + \overline\alpha{\pmb(f,g\pmb)}_F+ \alpha{\pmb(g,f\pmb)}_F + |\alpha|^2 {\pmb(g,g\pmb)}_F = {\pmb(f,f\pmb)}_F - \frac{{\pmb(f,g\pmb)}_F}{{\pmb(g,g\pmb)}_F}\] zusammen mit der Wahl \(\alpha = -{\pmb(f,g\pmb)}_F / {\pmb(g,g\pmb)}_F\) für \({\pmb(g,g\pmb)}_F\ne0\) zeigt. Für die verbleibenden \(g\) folgt sofort \(\Re \overline\alpha{\pmb(f,g\pmb)}_F=0\) für alle \(\alpha\) und damit \({\pmb(f,g\pmb)}_F=0\).↩︎
Wegen der Beschränktheit existieren im Hilbertraum \(H_F\) schwach konvergente Teilfolgen. Im folgenden verwenden wir diese Teilfolge.↩︎
Dimitri Abramovich Raikov (Dmitrii0 Abramovich Rai0kov), 1905–1981↩︎
Letzteres nur, wenn die Umgebungsbasis der Eins auf \(G\) abzählbar ist. Sollte dies nicht der Fall sein und für \(f_n\) ein Netz genutzt werden müssen, ist dies noch zu zeigen. Eine Variante dafür ist es, den Pontrjaginschen Dualitätssatz zu verwenden, um \(\chi(f_n)\to 1\) lokal gleichmäßig auf \(\widehat G\) zu zeigen (die Topologie auf \(G\) ist die der lokal-gleichmäßigen Konvergenz der Charaktere auf \(\widehat G\), die Menge \(V=\{x\in G : |\chi(x)-1|<\varepsilon,\; \chi\in K\}\) für \(K\subset\widehat G\) kompakt also offen in \(G\) und somit \(|\chi(f_n)-1|<\varepsilon\) für alle \(f_n\) mit \(\mathop{\mathrm{supp}}f_n\subset V\)). Dazu beachte man, daß im Beweis von Lemma Lemma 3.20 Plancherel vermeidet und \(f\in\mathrm L^2(\widehat G)\) direkt gezeigt werden kann. Für die Existenzaussage in Satz Satz 3.11 kann man direkt Krein–Milman auf die schwach-* kompakte Menge \(\{ \mu \in \mathbb M_+(\widehat G) : \mu(\widehat G)\le 1\}\) anwenden. Ihr Bild unter [eq:3.2.10] ist eine kompakte konvexe Teilmenge von \(\mathcal P_{\le 1}(G)\), welche \(\partial_{\rm ext}\mathcal P_{\le 1}(G)\) enthält und somit gleich \(\mathcal P_{\le 1}(G)\).↩︎
Salomon Bochner, 1899–1982↩︎
, 1873–1950↩︎
Da \(\xi(x)\ne0\) für alle \(x\in G\) und alle \(\xi\in\widehat G\) gilt, ergibt sich \(\langle\xi,x\rangle\) auf der universellen Überlagerung von \(\widehat G\times G\) eindeutig durch stetiges Fortsetzen des komplexen Logarithmus. Auf \(\widehat G\times G\) ist \(\langle\cdot,\cdot\rangle\) eindeutig modulo \(\mathbb Z\) (und für uns interessierende praktische Anwendungen ist es eindeutig).↩︎
Lew Semjonowitsch Pontrjagin (Lev Seme0novich Pontryagin), 1908–1988, bewies den Satz für kompakte abelsche Gruppen↩︎
Egbert van Kampen, 1908–1942, verallgemeinerte den Satz auf lokalkompakte abelsche Gruppen↩︎
Analog für Netze, falls die Umgebungsbasis von \(G\) nicht abzählbar ist.↩︎
Ernst Hellinger, 1883–1950↩︎
Gaston Floquet, 1847–1920, der mit diesen Methoden (eindimensionale) Differentialoperatoren mit periodischen Koeffizienten studierte↩︎
Felix Bloch, 1905–1983, Nobelpreis für Physik 1952↩︎
Eugene Paul Wigner, 1902–1995, Nobelpreis für Physik 1963↩︎
Frederick Seitz, 1911-2008↩︎
Fritz Peter, 1899–1949↩︎
Hermann Klaus Hugo Weyl, 1885–1955↩︎
Leopold Gegenbauer, 1849–1903↩︎
Pierre-Simon Laplace; 1749–1827, verwendete als erstes Reihenentwicklungen in Kugelfunktionen↩︎
Paul Georg Funk, 1886–1969↩︎
Erich Hecke, 1887–1947↩︎
Werner Heisenberg, 1901–1976↩︎
George Mackey, 1916–2006↩︎
Lynn Harold Loomis, 1915–1994↩︎
Erwin Rudolf Josef Alexander Schrödinger, 1887–1961↩︎
Eugene Paul Wigner, 1902–1995↩︎
José Enrique Moyal, 1910–1998↩︎
Valentine Bargmann, 1908–1989; für Physiker entspricht der Bargmannraum gerade dem symmetrischen Fockraum über \(\mathbb C^n\)↩︎
Robin Lyth Hudson, 1940–↩︎
Gian-Carlo Wick, 1909–1992↩︎
Ernst David Hellinger, 1883–1950↩︎
William Fogg Osgood, 1864–1943↩︎
Friedrich Moritz Hartogs, 1874–1943↩︎