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Im folgenden sollen Operatoren betrachtet werden, welche zusätzliche Symmetrie besitzen. Das einfachste Beispiel sind translationsinvariante Operatoren auf dem . Bei diesen handelt es sich stets um Faltungen und sie werden durch die Fouriertransformation diagonalisiert. Das geht auch allgemeiner:
3.4.1 Lemma. Sei beschränkt und gelte für alle die Kommutatoridentität . Dann existiert ein mit
(3.1) |
und .
Beweis. Da gilt, folgt insbesondere für beliebige
(3.2) |
und damit für die Fouriertransformierten . Also ist für alle mit und
(3.3) |
und insbesondere unabhängig von und . Damit existiert eine meßbare Funktion mit
(3.4) |
Weiter folgt aus Plancherel . □
3.4.2. Wir wollen diese Aussage als Ausgangspunkt nehmen und allgemeiner Verflechtungsoperatoren zwischen unitären Darstellungen lokalkompakter abelscher Gruppen charakterisieren. Sei dazu eine unitäre Darstellung. Dann gilt mit Satz 3.2.2
(3.5) |
für ein Spektralmaß auf . Weiter gilt für die integrierte Darstellung zu
(3.6) |
Die Elemente von sind durch das Spektralmaß charakterisierbar.
3.4.3 Lemma. Sei eine unitäre Darstellung der lokalkompakten Gruppe und ihr zugeordnetes Spektralmaß. Dann sind äquivalent
Beweis. [12] Sei . Dann folgt für alle schon . [23] folgt analog zu Satz 1.3.3(1) wegen (3.6). [21] folgt aus dem meßbaren Funktionalkalkül zusammen mit (3.5). □
3.4.4 Korollar. Sei kompakt, eine unitäre Darstellung und gelte . Dann zerfällt in die direkte Summe
(3.7) |
für und , .
3.4.5 Beispiel. Wir betrachten eine spezielle (aber wichtige) Anwendung. Sei und . Weiter sei die Rotation des um den Winkel und . Ist nun ein unter Rotationen invarianter Operator auf . Dann gilt
(3.8) |
wobei die Unterräume gerade duch
(3.9) |
für gegeben sind.
3.4.6. Lemma 3.4.3 gilt auch für Verflechtungsoperatoren verschiedener Darstellungen. Sind und unitäre Darstellungen mit zugehörigen Spektralmaßen und auf . Dann gilt genau dann, wenn
(3.10) |
für alle Borelmengen gilt. Der Beweis erfolgt analog.
3.4.7. Ist nichtdiskret, so muß zuerst die Struktur des Spektralmaßes genauer untersucht werden. Wir beschränken uns auf den Fall, daß der Hilbertraum separabel ist. Weiter sei für jede Kardinalzahl der Folgenraum definiert. Dieser entspricht für endliches dem Raum und für dem Folgenraum . Weiter bezeichne für einen gegebenen Maßraum
(3.11) |
Dann gilt
3.4.8 Satz (kanonisches Modell). Sei separabel und ein auf einem lokalkompakten Hausdorffraum definiertes reguläres Spektralmaß. Dann existiert ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf , eine (modulo Nullfunktionen eindeutig bestimmte) meßbare Funktion
(3.12) |
(die Vielfachheit des Spektrums im Punkt ) und ein eindeutig bestimmter Isomorphismus
(3.13) |
so daß für jede Borelmenge der Spektralprojektor durch die Multiplikation mit der charakteristischen Funktion auf jeder Komponente gegeben ist.
Beweis. Der Beweis beruht auf dem Satz von Hellinger8–Hahn. Dieser liefert die Existenz einer Hellinger–Hahn-Folge , für , d.h. mit dieser Folge gilt
(3.14) |
sowie
(3.15) |
Die Hellinger–Hahn-Folge ist bis auf gegenseitige Absolutstetigkeit dieser Maße eindeutig bestimmt. Sei nun die Dichtefunktion von bezüglich ,
(3.16) |
also die Dichtefunktion von bezüglich des dominanten Maßes . Sei weiter
(3.17) |
und . Dann sind die Mengen meßbar und disjunkt. Weiter kann ohne Einschränkung angenommen werden, daß keine dieser Mengen eine -Nullmenge ist. Weiter gilt
(3.18) |
der letzte Isomorphismus ist durch
(3.19) |
gegeben. Da nun gilt, folgt
(3.20) |
Nach Konstruktion ist der Spektralprojektor gerade die Multiplikation mit der charakteristischen Funktion der Menge . □
Das gerade konstruierte Modell des Hilbertraums ist durch das gegebene Spektralmaß eindeutig bestimmt. Wir werden uns im folgenden den Hilbertraum immer durch dieses kanonsiche Modell gegeben denken. Verflechtungsoperatoren zerfallen in Operatoren auf für die einzelnen Mengen und diese wiederum in Multiplikationen mit -wertigen Funktionen. Für letztere benötigen wir noch eine Definition.
3.4.9 Definition. Sei ein Maßraum, ein Hilbertraum und eine Funktion. Dann heißt schwach meßbar, falls für alle Paare
(3.21) |
eine --meßbare Funktion ist.
Weiterhin ist eine Funktion für einen separablen Hilbertraum genau dann --meßbar, wenn sie stark meßbar ist, also wenn eine Folge borelmeßarer Funktionen mit endlichem Wertebereich existiert und in fast überall gilt; und letzteres genau dann, wenn sie schwach meßbar ist, also wenn für alle
(3.22) |
--meßbar ist. Für einen Beweis nutzt man die Darstellung . Ist meßbar, dann ist die skalare Funktion ebenfalls meßbar und kann damit durch Treppenfunktionen approximiert werden. Damit liefern endliche Summen eine Folge endlich-wertiger Funktionen, die punktweise fast überall gegen konvergiert. Also folgt starke Meßbarkeit. Borelmeßbarkeit folgt, da punktweise Grenzwerte borelmeßbarer Funktionen wieder borelmeßbar sind.
3.4.10 Satz (Symmetriezerlegung von Verflechtungsoperatoren). Sei eine unitäre Darstellung der lokalkompakten abelschen Gruppe in einem separablen Hilbertraum . Sei weiter das zu gehörende kanonische Modell. Dann sind äquivalent
Beweis. Es genügt, den Fall für alle zu betrachten; die Verallgemeinerung auf den allgemeinen Fall entspricht der Zerlegung von mittels in eine direkte Summe und einer Renormalisation der Maße. Wir fixieren zuerst die Notation. Es sei die Standardbasis des . Dann ist ein Element von . Die so konstruierten Funktionen sind normiert und paarweise orthogonal. Weiter ist jedes eindeutig in der Form
(3.24) |
darstellbar.
Schritt 1. Zerlegung von Verflechtungsoperatoren. Sei . Dann existieren quadratintegrierbare Funktionen mit
(3.25) |
Da gilt, kommutiert mit allen Spektralprojektoren und somit gilt für jede meßbare Funktion
(3.26) |
und damit für alle endlichen Summen und den auf diesen definierten Operator wegen
(3.27) |
die Abschätzung
(3.28) |
Da beliebig war und die endlichen Summen dicht in liegen, folgt
(3.29) |
für fast alle und ist stetig zu einem Operator in fortsetzbar. Da die Funktionen meßbar sind, ist die Funktion nach Konstruktion schwach meßbar. Hat nun allgemeiner die Form (3.24) als endliche Summe, so folgt
(3.30) |
und mit stetiger Fortsetzung für alle .
Schritt 2. Sei nun beschränkt und schwach meßbar. Dann bestimmt dieses einen Operator auf . Sei dazu . Dann gilt (da beschränkter Operator ist) für fast alle
(3.31) |
Weiter ist nach Voraussetzung schwach meßbar, jede endliche Summe also stark meßbar und
fast überall. Analog sieht man, daß Cauchyfolge in ist und der Grenzwert linear von abhängt. Bezeichnet man mit , so gilt
(3.33) |
Weiter kommutiert nach Konstruktion mit allen Spektralprojektoren.
Schritt 3. Wir zeigen . Sei dazu eine dichte Teilfolge in der Einheitskugel von und . Dann existieren mit und . Sei weiter für gegebenes und . Dann gilt
(3.34) |
und da das Dual zu gerade der ist, folgt
(3.35) |
und damit die Ungleichung . □
3.4.11. Es gilt wiederum in voller Analogie eine Zweiraumvariante des Satzes. Sind und unitäre Darstellungen der Gruppe in Hilberträumen und und ist . Dann kann man wiederum zerlegen. Sind die zu und zugehörenden kanonischen Modelle gegeben durch die Zerlegungen und von und die dominanten Maße und , so existieren beschränkte meßbare Funktionen
(3.36) |
so daß im kanonischen Modell in Abbildungen
(3.37) |
zerfällt und jeweils der Multiplikation mit entspicht. Der Beweis ist analog.
3.4.12 Beispiel. Für Anwendungen des Satzes 3.4.10 wird die unitäre Abbildung eines Hilbertraumes in sein kanonisches Modell in expliziter Form benötigt. Wie wir schon gesehen haben, ist sie für die linksreguläre Darstellung von in gerade durch die Fouriertransformation gegeben. Wir wollen im folgenden ein zweites Beispiel im Detail diskutieren und betrachten dazu die Aktion eines Gitters auf . Dies führt zur sogenannten Floquet9–Bloch10-Zerlegung des Raumes und zur Charakterisierung periodischer Operatoren auf diesem Raum.
Sei also im folgenden ein Gitter und das zugehörige duale Gitter. Weiter sei die zu duale Gruppe und eine Translationszelle des Gitters . Als kanonische Wahl bietet sich dafür die Wigner11–Seitz12-Zelle
(3.38) |
an. Sei nun . Dann kann zu die Reihe
(3.39) |
betrachtet werden. Diese ist für jedes eine endliche Summe und erfüllt
(3.40) |
für alle sowie
da die Funktionen zu eine Orthogonalbasis von bilden. Damit ergibt sich eine Isometrie von in mit dem normierten Maß . Diese ist surjektiv. Angenommen, erfüllt für alle . Dann folgt
für für . Nun ist aber mit der Parsevalidentität
(3.43) |
und somit folgt und damit auch und die angegebene Isometrie ist ein Isomorphismus
(3.44) |
Aus der Rechnung folgt insbesondere die Inversionsformel
(3.45) |
der Floquet–Bloch-Transformation (3.39).
Proposition (Floquet–Bloch-Zerlegung). Sei ein Gitter, die zu duale Gruppe und eine Translationszelle von . Dann gilt mit der Floquet–Bloch-Transformation
(3.46) |
mit der Inversen
(3.47) |
als Isomorphismus.
Weiter entspricht die Translation um in auf dem der Multiplikation mit und die so erhaltene Darstellung ist das gesuchte kanonische Modell.
Satz (Floquet–Bloch-Zerlegung von Operatoren). Sei ein Gitter, die zu duale Gruppe und eine Translationszelle von . Dann sind äquivalent:
Anwendungen findet die Floquet–Bloch-Zerlegung insbesondere in der Festkörperphysik, also dem Studium von Schrödingeroperatoren mit periodischem Potential. Dazu ist Satz 3.4.10 auf den sowie den Definitions-/Formbereich des Operators (z.B. die Sobolevräume und ) anzuwenden. Wir werden dies beispielhaft in der Übung diskutieren.
8Ernst Hellinger, 1883–1950
9Gaston Floquet, 1847–1920, der mit diesen Methoden (eindimensionale) Differentialoperatoren mit periodischen Koeffizienten studierte
10Felix Bloch, 1905–1983, Nobelpreis für Physik 1952
11Eugene Paul Wigner, 1902–1995, Nobelpreis für Physik 1963
12Frederick Seitz, 1911-2008